Ölpreis: Kursknick beendet Seitwärtstrend
Die Nervosität ist zurück – und sie schlägt geballt zu, wenn man auf den Ölpreis blickt. Nachdem sich die Notierung je Barrel monatelang mit nur geringen Ausschlägen seitwärts bewegt hatte, ging es Anfang März kräftig abwärts.
Gleich mehrere Meldungen kamen zusammen und setzten den Ölpreis unter Druck: Da wäre zum einen Saudi Arabien. Das Land beschränkt seine Ölförderung am stärksten, seit sich die Opec gemeinsam mit einigen Drittstaaten, darunter Russland, im Herbst darauf verständigt hat, die eigene Produktion zu begrenzen und dadurch den Ölpreis zu stabilisieren beziehungsweise anzukurbeln.
Letzteres hat auch geklappt, zumindest eine Zeit lang: Kaum dass der Kompromiss bekannt wurde, schoss der Ölpreis Ende November in die Höhe und pendelte seither auf einem Niveau von 50 bis 55 Dollar je Barrel. Allein: Der Ausbruch nach oben blieb aus.
Opec-Beschluss auch im zweiten Halbjahr in Kraft?
Saudi Arabien hat nun seine Ölproduktion wieder angekurbelt. Damit hält man sich zwar nach wie vor im vereinbarten Rahmen, sendet zugleich jedoch ein starkes Signal an die anderen, dass man nicht gewillt ist, die Last allein zu schultern. Alle sollen ihr Päckchen tragen, wie vereinbart. Bislang scheint das auch erstaunlich gut zu funktionieren.
Der Beschluss, der zunächst auf sechs Monate begrenzt war und Ende Mai ausläuft, hat gute Chancen, darüber hinaus verlängert zu werden. Zumindest lassen sich Aussagen des saudischen Energieministers entsprechend interpretieren. Doch der jüngste Preissturz zeigt auch, dass die Opec allein eben nicht mehr die Macht hat, die Preisentwicklung zu diktieren.
Denn da wären zum anderen auch noch die USA, konkreter: die dortige Fracking-Industrie. Die stößt gern in die Lücke vor, die die Opec mit ihren Förderkürzungen hinterlässt und jagt den klassischen Ölproduzenten damit wichtige Marktanteile ab.
US-Öllager gut gefüllt
Zudem sind die Öllager der USA so gut gefüllt wie noch nie seit Beginn der Datensammlung in den 1980er Jahren. Auch diese hohen Öllagerbestände bilden einen Grund dafür, dass der Ölpreis zuletzt wieder hinter die wichtige Marke von 50 Dollar je Barrel zurückfiel.
Privathaushalte freuen sich über diese Entwicklung, immerhin sinken dadurch die Energiekosten und auch die Tankfüllung an der Zapfsäule wird wieder günstiger. Auch in der Industrieproduktion wirken niedrige Ölpreise wie ein Konjunkturprogramm, auch hier sinken die Kosten. Besonders erfreulich ist die Entwicklung aus Sicht von Fluggesellschaften, immerhin machen Ausgaben für Kerosin einen Löwenanteil in ihrer Kostenbilanz aus.
Insgesamt jedoch zeigen sich Beobachter alarmiert über den Preisverfall des Öls – und den Bedeutungsverlust der Opec. Denn zumindest das hat sich in den vergangenen Monaten deutlich gezeigt: Die Zeiten, in denen Saudi Arabien und Co. allein bestimmten, wohin sich der Ölpreis entwickelt, sind wohl endgültig vorbei.