Ölpreis auf 52-Wochen-Hoch
2017 – das Jahr der Wahrheit für den Ölpreis. Nach dem massiven Preisverfall zwischen Sommer 2014 und Anfang 2016, der einen Absturz von über 110 Dollar je Barrel auf unter 30 Dollar mit sich brachte, muss sich nun zeigen, wohin die Reise langfristig geht.
Nach seinem Absturz hat der Ölpreis sich im vergangenen Jahr wieder stabilisieren können und pendelte monatelang zwischen 40 und 50 Dollar je Barrel. Der Fall ins Bodenlose war damit abgewendet, eine Rückkehr zu alter Stärke aber noch lange nicht besiegelt.
Im Herbst dann die große Überraschung: Die zerstrittene Opec verständigte sich erstmals seit acht Jahren auf einen Kompromiss zur Begrenzung der Ölfördermenge, weitere Staaten schlossen sich dem Vorhaben an, darunter auch Russland.
Ölpreis und Inflation schnellen in die Höhe
Bereits die Absichtserklärung genügte, um den Ölpreis blitzartig in die Höhe schnellen zu lassen. Seit Ende November fiel der Preis je Barrel nicht mehr unter 50 Dollar, sondern zog stetig weiter an. Auf Jahressicht konnten inzwischen beide Sorten, sowohl die US-Sorte WTI als auch die weltweit wichtigste Nordseesorte Brent, um mehr als 60 Prozent zulegen.
Startete das Jahr 2016 mit historischen Tiefs, befindet sich der Ölpreis zum Jahresbeginn 2017 auf seinem 52-Wochen-Hoch. Die Inflation in Europa kletterte im Dezember auf den höchsten Stand seit 2013, was in erster Linie mit dem steigenden Ölpreis in Verbindung gebracht wird: Für Verbraucher werden pünktlich zum Winter die Heizkosten höher, auch die Tankfüllung an der Zapfsäule kostet wieder mehr.
Doch ist damit schon alles klar? Preistief überwunden, Ölpreis zurück auf der Überholspur? Nicht unbedingt.
Denn Beobachter haben guten Grund daran zu zweifeln, dass alle Beteiligten die Opec-Beschlüsse tatsächlich wie vereinbart umsetzen werden. Zwar hat beispielsweise der Irak Anfang Januar verlauten lassen, seine Ölproduktion wie vereinbart zu verringern. Doch in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die Opec nicht unbedingt imstande ist, eigene Vereinbarungen tatsächlich in die Tat umzusetzen.
Neue Machtverhältnisse
Zudem haben sich die Machtverhältnisse an den globalen Rohstoffmärkten verschoben. Die Opec allein ist kaum in der Lage, den Ölpreis in eine gewünschte Richtung zu bewegen – denn mit der Frackingindustrie in den USA ist ein neuer Big Player mit massivem Einflusspotenzial ins Geschäft eingetreten.
In der Phase des Preisverfalls wurden viele Bohrlöcher zwar vorübergehend wieder geschlossen, weil die ebenso teure wie umstrittene Fördermethode bei zu niedrigen Ölpreisen nicht wirtschaftlich ist. Doch stabilisiert sich das Preisniveau bei etwa 60 Dollar je Barrel, wird Fracking wieder lukrativ. Bereits im Dezember war zu beobachten, dass zahlreiche Firmen den Betrieb wieder aufnahmen.
Ihre Förderkapazitäten werden auch künftig für ein Überangebot sorgen, sodass der Ölpreis vorerst kaum Chancen hat, die 60-Dollar-Marke allzu stark zu überschreiten. Mit Ölpreisen von perspektivisch zwischen 50 und 60 Dollar rechnen inzwischen zahlreiche Beobachter, darunter auch die US-Großbank Goldman Sachs – und die Internationale Energieagentur (IEA).