Öl-Aktien: Was hinter Trumps Zoll-Drohung steckt
Es war der Paukenschlag der letzten Woche. Wie Sie bestimmt in den Medien gelesen haben, hat der designierte US-Präsident Donald Trump hohe Zölle für Produkte aus Kanada und Mexiko angekündigt.
Trump begründet die geplanten Importzölle in Höhe von immerhin 25 % mit den illegalen Einwanderern, die Kriminalität und Drogen aus den Nachbarländen in die USA brächten. Bis das aufhöre, würden die Sanktionen bestehen bleiben, so der Politiker, der Ende Januar ins Oval Office einziehen wird.
Für Kanada und Mexiko ist die Androhung Trumps ein Schlag in die Magengrube. Beide Länder sind seit vielen Jahrzehnten enge Handelspartner der USA und haben über Freihandelsabkommen eigentlich einen zollfreien Austausch von Waren vereinbart. Doch nun droht Trump mit einem Ende dieser Ära.
Trumps Zölle: Vor allem Kanada ist ein wichtiger Öl-Lieferant für die USA
Betroffen davon ist auch das Erdöl. Aus dem Umfeld Trump heißt es inzwischen, dass der fossile Energieträger nicht von den Zöllen ausgenommen sei. Die Auswirkungen jedenfalls dürften laut Experten spürbar sein – auch für die USA selbst.
Zunächst: Vor allem Kanada ist für die USA ein wichtiger Lieferant von Rohöl und Kraftstoffen. Im Chart sehen Sie das in den letzten Jahrzehnten gestiegene Importvolumen aus dem nördlichen Nachbarland (Stand: August 2024):
Quelle: EIA (https://www.eia.gov/dnav/pet/hist/LeafHandler.ashx?n=PET&s=MTTIMUSCA1&f=M)
Nach Angaben der US-Energiestatistikbehörde EIA war Kanada zuletzt für 52 % der US-Ölimporte verantwortlich. Nimmt man die Einfuhren aus Mexiko hinzu, stammten demnach kumuliert 63 % aus den beiden Nachbarländern. Das entspricht einer Menge von etwa 5,3 Millionen Barell pro Tag.
Einschnitte für kanadische und mexikanische Unternehmen befürchtet
Aber was würde nun passieren, sollte Trump auf diese Importe tatsächlich hohe Zölle erheben? Nun, zunächst wären die kanadischen und mexikanischen Lieferanten wohl dazu gezwungen, ihre Preise zu senken und einen Teil ihrer Lieferungen vor allem nach Asien umzuleiten – etwa nach China oder Indien.
So ließe sich der wirtschaftliche Schaden einigermaßen in Grenzen halten. Betroffen davon wäre zum Beispiel das kanadische Unternehmen Imperial Oil, das mehrheitlich vom US-Konzern ExxonMobil kontrolliert wird.
Kraftstoffpreise in den USA dürften steigen und Inflation anheizen
Doch die USA selbst würden sich damit wohl ins eigene Bein schießen. Gerade die kanadischen Rohöllieferungen sind für die Raffinerien in den USA sehr wichtig. Würden diese Raffinerien, in denen z.B. Treibstoffe und Heizöl produziert werden, weiterhin den Rohstoff aus Kanada importieren, würde deren Margen wohl deutlich sinken.
Zudem würden die Kraftstoffkosten in den USA steigen – gerade im Mittleren Westen, wo viele Raffinerien auf kanadisches Rohöl angewiesen sind. Dort würde es sehr schwierig werden, kurzfristig auf andere Lieferquellen umzusteigen. Um Engpässe zu vermeiden, müssten die US-Abnehmer also an ihren Lieferbeziehungen zu Kanada festhalten und dies den Kanadiern irgendwie schmackhaft machen.
Was das Ganze zusätzlich verschärft: Obwohl die USA inzwischen der größte Rohölförderer der Welt sind (rund 13,5 Mio. Barrel pro Tag), kann das Land seine eigene Treibstoffproduktion damit wohl längst nicht vollumfänglich versorgen. Der Grund ist, dass das in den USA produzierte Rohöl eine geringere Dichte aufweist und somit oftmals nicht kompatibel mit den inländischen Raffinerien ist. Diese sind mitunter auf das schwere Rohöl aus Kanada und Mexiko ausgelegt.
Die US-Unternehmen müssten somit mittelfristig hohe Investitionen tätigen, um ihre Anlagen umzurüsten oder gar komplett neue Raffinerien zu bauen. Auch das würde im Endeffekt auf die Endverbraucher wohl zumindest anteilig umgelegt werden.
Trumps angedrohte Zölle gegen Kanada und Mexiko würden also höchstwahrscheinlich die Treibstoffkosten in den USA erhöhen, was die Inflation anheizen und viele Amerikaner – gerade auch aus Trumps klassischer Wählerschaft – vor erhebliche Probleme stellen dürfte. Dabei hatte Trump eigentlich lauthals angekündigt, die Inflation in den USA weiter reduzieren zu wollen.
Das (wahrscheinliche) Kalkül hinter Trumps Drohung
Entsprechend sehen viele Fachleute in den angekündigten Zölle gerade gegen Kanada und Mexiko vor allem eine Drohung – nach klassischer Trump-Manier. Bedeutet: Trump stellt den beiden Nachbarländern ein aggressives Ultimatum, um sich eine starke Verhandlungsbasis zu sichern und letztendlich einen für die USA möglichst lukrativen Deal herauszuschlagen.
Kanadas Premierminister Justin Trudeau jedenfalls hat kurz nach Ankündigung der Zölle ein Telefonat mit Trump geführt, sich anschließend zuversichtlich gezeigt und die für beide Seiten vorteilhaften Handelsbeziehungen betont. Gut möglich also, dass Trudeau gegenüber Trump Zugeständnisse in Sachen illegaler Einwanderung macht und die für beide Länder negativen Zölle dadurch abwenden kann.
Mit Blick auf Mexiko könnte sich das Ganze jedoch als etwas problematischer herausstellen. Präsidentin Claudia Sheinbaum ging nach der Drohung Trumps auf Konfrontationskurs und brachte ihrerseits Vergeltungsmaßnahmen ins Spiel – unter anderem gegen US-Autokonzerne, die in Mexiko produzieren. Darunter: General Motors und Ford. Trotzdem zeigte sich die Politikerin verhandlungsbereit, allerdings auf Augenhöhe. Mexiko werde sich den USA nicht unterordnen, so Sheinbaum.
Mein Fazit für Sie
Auch wenn die Zollankündigung Trumps auf den ersten Blick nach handelspolitischem Harakiri aussieht, steht dahinter ein wohldurchdachtes Verhandlungskalkül. Auch Trump weiß ganz genau, dass der Freihandel gerade im Rohstoffbereich – dabei geht es übrigens längst nicht nur um fossile Energieträger, sondern auch um kritische Industriemetalle und lebenswichtige Agrarrohstoffe – den USA und deren Bevölkerung unterm Strich mehr nützt als schadet.
Als Anleger sollten Sie daher zwar weiterhin aufmerksam bleiben, die Drohungen des künftigen Präsidenten aber auch nicht überbewerten. Am Ende dürfte sich die ökonomische Vernunft, die die Grundlage des Wohlstands ist, meiner Meinung nach erneut durchsetzen.