Günstiges Öl – günstige Ölaktien: Lohnt sich der Kauf?
Die Ausweitung der Konflikte im Nahen Ostens hatte den Ölpreisen zwischenzeitlich Aufschwung gegeben. Seitdem sind die Ölpreise wieder etwas zurückgekommen, als Begründung wurde Enttäuschung über Chinas Konjunkturpaket genannt.
Brent-Öl kämpft sich wieder hoch
Quelle: stockcharts.com
Doch eines darf man nicht vergessen: Sollte der Nahe Osten in einen größeren Konflikt geraten, wäre es verrückt, nicht mit Ölpreisen zu rechnen, die wesentlich höher sind als die heutigen. Aber selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, kann ich mir nur schwer ein Szenario vorstellen, in dem die Preise unter 70 US$ pro Barrel fallen und dort für längere Zeit verharren. Dafür sprechen eine Reihe fundamentaler Gründe.
Warum Öl aktuell zu günstig ist
- Im dritten Quartal dieses Jahres, das wir gerade beendet haben, gab es einen Angebotsmangel an Öl in Höhe von 0,77 Millionen Barrel pro Tag, was einem Defizit von 70,84 Millionen Barrel entspricht. Und für das letzte Quartal dieses Jahres dürfte das Defizit etwa 0,61 Millionen Barrel pro Tag oder 56,12 Millionen Barrel betragen.
- Zuvor hatten die OPEC+-Staaten erklärt, dass sie ab diesem Monat mit der Reduzierung ihrer freiwilligen Produktionskürzungen von 2,20 Millionen Barrel pro Tag beginnen wollten. Dies wurde nun jedoch auf Ende November verschoben. Die Standardkürzungen von 3,66 Millionen Barrel pro Tag sollen nun bis Ende nächsten Jahres statt bis Ende dieses Jahres beibehalten werden.
- Dem US-Energieministerium EIA (Energy Information Administration) zufolge dürfte die weltweite Ölproduktion in diesem Jahr etwa 102,50 Millionen Barrel pro Tag betragen. Die weltweite Nachfrage wird jedoch etwa 103,06 Millionen Barrel pro Tag betragen. Sollte sich dies bewahrheiten, würde das bedeuten, dass die Nachfrage das Angebot um 204,40 Millionen Barrel übersteigt. Das ist mehr als der Nachfrageüberhang von 51,10 Millionen Barrel im letzten Jahr.
- Für das kommende Jahr prognostiziert die OPEC eine Nachfrage nach Rohöl aller Vertragsparteien der Fördervereinbarung von 43,4 Millionen Barrel pro Tag. Das würde ein Produktionsdefizit von insgesamt 2,7 Millionen Barrel pro Tag bedeuten, wenn sich sonst nichts ändert. Natürlich wird ein Teil dieses Defizits durch die allmähliche Erhöhung der Fördermenge der Gruppe ausgeglichen, wenn sie an ihrem Plan festhält, die Produktionskürzungen in Höhe von 2,20 Mio. Barrel pro Tag noch in diesem Jahr zu lockern. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass die Gruppe ihre Produktion sofort um diesen Betrag anhebt, dürfte es immer noch zu einer Verknappung des Rohöls kommen.
- In den USA, aktuell der größte Ölproduzent der Welt, geht die Zahl der gebohrten, aber noch nicht fertig gestellten Bohrlöcher (DUC) in den USA weiter zurück und zwar bereits seit Anfang letzten Jahres. Das heißt es wird weniger exploriert. Das hat einerseits mit dem langsamen Wandel der US-Schiefervorkommen in Richtung Erdgasförderung zu tun, andererseits aber auch mit dem niedrigen Ölpreisniveau. US-Ölproduzenten benötigen nicht nur höhere Preise, sondern auch mehr Preissicherheit. Doch selbst wenn diese schließlich gegeben ist, besteht jedoch eine zeitliche Verzögerung zwischen den Bohrungen/Fertigstellungen und dem Zeitpunkt, an dem das Öl tatsächlich auf den Markt gelangen kann. Somit dürfte das Potenzial für zusätzliche Ölproduktionssteigerungen vorerst in gewissem Maße begrenzt sein.
Fazit: Ölaktien günstig
Auf der Grundlage der vorliegenden Daten bleibe ich in Bezug auf die Ölmärkte beim derzeitigen Stand der Dinge optimistisch. Wenn im Nahen Osten ein größerer Konflikt ausbricht, könnte sich das als sehr positiv für diejenigen erweisen, die auf Rohöl setzen und für Unternehmen, die von höheren Rohölpreisen profitieren. Denn der Markt preist sträflicherweise diese Risiken aktuell nicht ein.
Aber auch ohne dies würde ich sagen, dass die Daten derzeit eindeutig für die Bullen sprechen. Ölaktien werden im Durchschnitt gerade einmal mit KGV von 10 bewertet, doch mit steigenden Ölpreisen verbessern sich auch die Gewinne.