Eskalation im Schwarzen Meer: Auswirkungen auf Ölpreis?
Sie erinnern sich bestimmt: Anfang August hatte das ukrainische Militär nach eigenen Angaben mehrere russische Schiffe im Schwarzen Meerattackiert. Im Bild soll der Anflug einer mit Sprengstoff ausgestatteten Drohne auf ein russisches Kriegsschiff zu sehen sein (via Reuters):
Im Bild soll der Anflug der Drohne auf den Frachter zu sehen sein (via Reuters):
Quelle: Reuters (https://www.reuters.com/world/europe/blasts-gunfire-reported-near-russian-black-sea-port-novorossiysk-2023-08-04/)
Doch nicht nur militärisches Gerät wurde angegriffen, sondern auch ein russischer Öltanker nahe der Krim-Brücke. Schwere Schäden wurden dabei nach offiziellen russischen Angaben zwar nicht verursacht.
Erdöl: Warum das Schwarze Meer für Russland so wichtig ist
Doch für Russland dürfte der Angriff auf den Tanker ein Schockmoment gewesen sein. Denn: Das Schwarze Meer ist für Putins Staat von strategischer Bedeutung. Laut Expertenangaben exportiert Russland 45 Prozent seines Öls über das gigantische Binnenmeer. Und diese Lieferungen sind wegen der immer offensiveren Militärstrategie der Ukrainer nun in Gefahr. Das könnte im schlimmsten Falle nicht nur Auswirkungen auf Russland haben, sondern auch für den Rest der Welt.
Dazu aber gleich mehr. Zunächst: Die G7 und die EU hatten als Sanktionsmaßnahme einen Preisdeckel auf russisches Erdöl auferlegt. Russlands Ölexporte sind zuletzt trotzdem gestiegen – auch wenn die Einnahmen deutlich fielen. Festzuhalten bleibt: Selbst nach der Etablierung der Sanktionen ist das Schwarze Meer ein wichtiger Umschlagplatz für Russlands Ölexporte.
Kriegsrisikoprämie: Versicherer erhöhen Kosten
Dass das Ganze immer problematischer wird, zeigt nun ein neuer Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Demnach haben Versicherungsfirmen den Chartern von Schiffen, die im Schwarzen Meer operieren, die sogenannte Kriegsrisikoprämie erhöht. Hintergrund: Bereits nach Beginn von Putins Invasion in der Ukraine hatten Versicherer dieses Zusatzentgelt etabliert, um die Risiken rund um den Schwarzmeertransport zu inkludieren.
Nach den jüngsten Militäraktionen auf dem Gewässer sind die Versicherungskosten nun offenbar weiter gestiegen. Reuters beruft sich dabei auf Angaben von involvierten Händlern. Demnach ist die Kriegsrisikoprämie kürzlich von rund 1 Prozent der Frachtkosten auf etwa 1,2 bis 1,25 Prozent angestiegen.
Das bedeutet: Bei jeder Reise eines Ölfrachters, der zum Beispiel durch das Schwarze Meer über den Istanbul-Kanal in das Mittelmeer und anschließend über den Suez-Kanal in Richtung Indien fährt, werden zusätzliche 200.000 US-Dollar an Versicherungskosten fällig. Insgesamt soll die Kriegsrisikoprämie laut Reuters dadurch bei rund 1 Million US-Dollar liegen.
Auswirkungen auf den Ölpreis?
Klar: Das ist kein gigantischer Betrag, aber trotzdem eine zusätzliche künstliche Verteuerung im Vergleich zu anderen Öllieferrouten. Entscheidend wird nun sein, wie das ukrainische Militär im Schwarzen Meer künftig agiert. Werden die Angriffe auf Öltanker zunehmen, könnte das die Versicherungsprämien weiter steigen lassen. Die Rohöllieferungen aus dem russischen Schwarzmeerhafen Noworossijsk machen etwa 2 Prozent des Öl-Welthandels aus.
Im Extremfall könnten die Auseinandersetzungen im Schwarzen Meer den globalen Ölpreis beeinflussen. Würden die Versicherungsprämien weiter steigen, würde russisches Öl für die Käufer etwa aus Indien weniger lukrativ werden. Bis dato kaufen die Inder vor allem wegen der erschwinglichen Preise in Russland ein. Das zunehmende Risiko durch den militärischen Konflikt könnte die Abnehmer verunsichern, was eine Verknappung unterstützen und den globalen Ölpreis antreiben würde – vor allem dann, wenn die Ukraine tatsächlich einen russischen Tanker versenken sollte.
In diesem Falle könnte der Schiffsverkehr im Schwarzen Meer gar zum Erliegen kommen. Ob die Ukraine und dessen westliche Verbündete allerdings ein Interesse daran hätten, dass der Ölpreis dadurch nach oben schießt, ist fraglich.
Mein Fazit für Sie
Die Ukraine tritt im von Russland begonnenen Angriffskrieg immer selbstbewusster auf. Mehr und mehr wird das Schwarze Meer in der Folge zum Kriegsgebiet, auch weil Russland selbst unlängst Drohungen gegen Schiffe verlautbaren ließ, die ihrerseits ukrainische Schwarzmeerhäfen ansteuern. Nach Angaben von US-Geheimdiensten platzieren die Russen derzeit vermehrt Seeminen im Schwarzen Meer.
Auch wenn sich die Effekte auf den Ölpreis in den letzten Monaten in Grenzen hielten, könnte eine weitere Eskalationsstufe den Markt abermals durcheinanderwerfen. Als Anleger jedenfalls sollten Sie diesen Zusammenhang nicht unterschätzen.