Achtung Risiko: Ölpreis im Zeichen des Nahost-Konflikts

Erdöl
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Am Dienstagvormittag ging es für den Ölpreis deutlich nach unten, wie Sie im Chart anhand des gelben Pfeils ganz rechts sehen können (Ölpreis in USD pro Barrel WTI, Stand: 15.10.2024, 9:30 Uhr):

Quelle: www.aktienscreener.com

Konkret stand die US-Sorte WTI am Vormittag mit rund 3 % im Minus. Damit fiel der Ölpreis in etwa wieder auf das Niveau von Anfang Oktober. Die kurze Rallye der Vortage war also erst einmal Geschichte. Wie so oft in letzter Zeit lässt sich auch diese Kursbewegung wohl hauptsächlich auf den Nahost-Konflikt und insbesondere auf die Causa Iran zurückführen.

Israel droht Iran mit Vergeltung

Nach dem massiven Raketenangriff des iranischen Staats auf Israel Anfang Oktober stieg der Ölpreis zunächst deutlich an. Der Grund: Israel kündigte schnelle und harte Vergeltungsmaßnahmen an.

Diese, so die Befürchtung der Experten, würden den Konflikt mit Iran nicht nur weiter eskalieren lassen, sondern könnten auch direkt die Ölanlagen des islamistischen Staats ins Visier nehmen.

Iran trotz Sanktionen ein wichtiger Öl-Player

Der Iran ist einer der größten Ölförderer der Welt und verfügt nach Saudi-Arabien über die zweitgrößten Reserven. Im Jahr 2023 beliefen sich die Erdölreserven des Irans auf gigantische 209 Milliarden Barrel, so das Datenportal Statista. Tatsächlich exportiert das Land große Mengen an Rohöl. Nach Angaben der „Financial Times“ erreichten die Exporte in den ersten Monaten des laufenden Jahres einen neuen Rekordstand.

Umso bemerkenswerter ist dieser Öl-Boom angesichts der bestehenden Sanktionen gegen den Scharia-Staat. Seit 2018, damals noch unter Donald Trump und später unter Joe Biden, haben die USA ihre Sanktionen gegen die Ölindustrie des Irans ausgeweitet. Trotzdem gelingt es dem Land, sein Öl im großen Stil ins Ausland zu verkaufen – vor allem nach China. Laut Medienberichten nutzt der Iran hierfür seine sogenannte „Dunkle Flotte“.

Dabei handelt es sich um rund 400 Schiffe, die das Öl unter falscher Flagge transportieren. Der Rohstoff wird dann z.B. in China mit dem Öl aus anderen Ländern vermischt und entsprechend umdeklariert, um die Sanktionen aus den USA zu umgehen. Da das Risiko, aufzufliegen und doch ins Visier der USA zu geraten, trotzdem bestehen bleibt, zahlen die Abnehmer für iranisches Öl einen reduzierten Preis. Der Abschlag liegt nach Angaben des TV-Senders „Iran International“ derzeit bei rund 20 %.

Angriff auf Ölanlagen würde Marktpreis wohl massiv antreiben

Was festzuhalten bleibt: Iran ist ungeachtet aller Hindernisse ein wichtiger Öl-Förderer und -Exporteur. Würde Israel nun die Ölanlagen des Landes gezielt angreifen und zerstören, würde das die Versorgung auf globaler Ebene durchaus in Mitleidenschaft ziehen, so Experten. Kürzlich hat die New Yorker Citi Group ihre Bullenprognose für das vierte Quartal 2024 und das erste Jahresviertel 2025 angehoben – von 80 USD je Barrel auf 120 USD. Diese Prognose basiert darauf, dass der Konflikt zwischen Israel und dem Iran eskaliert.

Ohne diese Eskalation dürfte der Preis laut der Großbank in Q4 im Schnitt bei 74 USD und im Auftaktquartal 2025 bei nur 65 USD liegen – also noch einmal deutlich niedriger als am Dienstag. Hintergrund sind die schwachen Fundamentaldaten des Ölmarkts. So hatte das Kartell OPEC seine Prognose für die Ölnachfrage in China kürzlich zum dritten Mal in Folge gekürzt, trotz des von Peking forcierten Konjunkturpakets.

Israel rudert offenbar zurück: Zusicherung an Washington

Die Fantasie rund um den Ölpreis bezieht sich aktuell daher vor allem auf den Nahost-Konflikt. Und hier deutet sich nun tatsächlich Erleichterung an, was den Marktpreis am Dienstag unter Druck gesetzt hat. Demnach hat Israel den USA versichert, bei einem möglichen Gegenangriff auf den Iran nicht die Öl- oder Atomanlagen des Landes ins Fadenkreuz zu nehmen. Das geht aus Medienberichten hervor, die sich auf Insider unter US-Beamten berufen. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu habe persönlich mit US-Präsident Joe Biden telefoniert und diesem eine entsprechende Zusicherung gemacht, heißt es.

Die USA befürchten offenbar einen massiven Anstieg des weltweiten Ölpreises infolge eines israelischen Angriffs auf iranische Ölanlagen. Der dann steigende Ölpreis würde den Inflationsdruck in den USA erneut erhöhen und die ohnehin schwächelnde Konjunktur sowie das Investitionsumfeld belasten. Washington hat also auch ein ökonomisches Interesse daran, dass sich die Lage im Nahen Osten nicht über Gebühr zuspitzt.

Mein Fazit für Sie

Meiner Meinung nach sind Investments in Öl-Aktien aktuell vor allem als Absicherung gegen eine umfangreiche Eskalation im Nahen Osten zu sehen. Wollen Sie als Anleger ihr Risiko minimieren und Ihr Depot trotzdem gegen die geopolitische Konflikte absichern, können Sie auch den „sicheren Hafen“ Gold bzw. Goldminen-Aktien wie Newmont oder Barrick Gold heranziehen. Diese performten zuletzt deutlich besser als die Öl-Titel und dürften auch weiterhin starkes Aufwärtspotenzial haben.