Milliarden-Geldspritze für Wasserstoff: Das steckt dahinter

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Es ist erst etwa ein Monat her, als die Beratungsgesellschaft PwC davor gewarnt hatte, dass die EU ihre ambitionierten Ziele im Bereich Wasserstoff wohl nicht erreichen wird. Doch nun gibt es aus Brüssel immerhin ein Hoffnungssignal.

Vielleicht haben Sie es auch schon in den Medien gelesen: Die EU-Kommission hat erneut milliardenschwere Wasserstoff-Förderungen genehmigt. Insgesamt sollen in der neusten Runde 1,4 Milliarden Euro an Staatshilfen von den Mitgliedsstaaten bereitgestellt werden, um 13 Projekte in 7 Ländern zu unterstützen. Das Programm hört auf den Namen „IPCEI Hy2Move“ und wurde unter anderem von Deutschland, Frankreich und Italien federführend vorangetrieben.

„IPCEI Hy2Move“: Das steckt dahinter

Im Bild sehen Sie einen Überblick zu den vier wichtigsten Säulen des Subventionsprogramms, das auf die Wasserstoff-Mobilität zugeschnitten ist, und welche Unternehmen jeweils beteiligt sind:

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Quelle: EU (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_24_2851)

Die erste Säule konzentriert sich auf die Entwicklung konkreter Lösungen für Mobilität und Verkehr. Dabei geht es vor allem um die Integration von Wasserstofflösungen etwa in Straßen-, Wasser- und Luftfahrzeugen.

Hierfür braucht es zweitens hochmoderne Brennstoffzellentechnologien, mit denen sich aus Wasserstoff ausreichend Strom produzieren lässt, um etwa Schiffe, Lokomotiven, Busse oder LKW antreiben zu können. Im Rahmen der dritten Säule sollen effiziente Lösungen zur Wasserstoffspeicherung an Bord von Flugzeugen entwickelt werden, um den Luftverkehr so zu dekarbonisieren. Schließlich unterstützt das Subventionsprogramm auch die Entwicklung der Wasserstoffproduktion für Anwendungen in Mobilität und Verkehr. Hier geht es schwerpunktmäßig um die Belieferung von Wasserstoff-Tankstellen.

Airbus und BMW mit dabei: Hoffnung auf private Investitionen

Insgesamt 11 Unternehmen sind direkt an den Projekten beteiligt. Darunter drei deutsche Akteure: die hiesige Airbus-Niederlassung, der Premium-Autobauer BMW und der Maschinenbauer Neumann & Esser. Weitere bekannte Player sind der Gasekonzern Air Products und der Autozulieferer Michelin. Neben den Hauptprojektierern sollen laut EU-Kommission mehr als 200 indirekte Partner die Vorhaben unterstützen. Dazu zählen etliche Forschungseinrichtungen und Universitäten sowie einige mittlere und kleinere Firmen.

Der Clou: Brüssel hofft, dass die 1,4 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln lediglich eine Art Anschubfinanzierung sein werden und der private Sektor selbst umfangreich investieren wird. Die EU spekuliert auf 3,3 Milliarden Euro an privaten Ausgaben.

Viermal hält besser: Die EU und ihre Wasserstoff-IPCEIs

Das Förderprogramm ist im Rahmen eines sogenannten „IPCEI“ organisiert. Das Akronym steht für „Important Project of Common European Interest“ und bezeichnet strategische Förderprojekte, die neue Produkte oder Produktionsprozesse mit hohem Bedarf wettbewerbsfähiger machen sollen. Bei IPCEI-Förderungen werden die sonst sehr strengen Subventionsregularien der EU gelockert, wodurch die Mitgliedsstaaten die Geldmittel ohne lange Prüfverfahren ausschütten können. Hy2Move ist nun bereits das vierte IPCEI der EU bezüglich Wasserstoff:

  • IPCEI Hy2Tech (5,4 Mrd. Euro an öffentlichen Mitteln, 41 Projekte von 35 Unternehmen in 15 Mitgliedsstaaten)
  • IPCEI Hy2Use (5,2 Mrd. Euro an öffentlichen Mitteln, 35 Projekte von 29 Unternehmen in 13 Mitgliedsstaaten)
  • IPCEI Hy2Infra (6,9 Mrd. Euro an öffentlichen Mitteln, 33 Projekte von 32 Unternehmen in 7 Mitgliedsstaaten)
  • IPCEI Hy2Move (1,4 Mrd. Euro an öffentlichen Mitteln, 13 Projekte von 11 Unternehmen in 7 Mitgliedsstaaten)

Mit diesen vier Subventionsprogrammen soll die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich Wasserstoff abdeckt sein. Im Bereich der Elektrolyseure etwa werden unter anderem Air Liquide, Linde und RWE subventioniert, bei den Pipelines z.B. EWE und Gasunie, bei der Speicherung etwa VNG, bei der sonstigen Infrastruktur beispielsweise Shell, Uniper und Orsted sowie bei den Industrieanwendungen unter anderem Engie und Everfuel.

Mein Fazit für Sie

Wie so oft im Wasserstoffsektor heißt es jetzt: abwarten. Bisher haben es die Förderprogramme der EU kaum geschafft, nennenswerte Impulse zu generieren, die ausreichen würden, um die Industrie und Mobilität weitreichend auf Wasserstoff umzustellen. Dennoch ist der Zug freilich längst nicht abgefahren. Auch wenn die ambitionierten Ziele der EU und übrigens auch Deutschland wohl nicht rechtzeitig gänzlich erreicht werden können, hat der Wasserstoff und vor allem dessen grüne Variante meiner Meinung nach durchaus enorme Zukunftschancen.

Damit diese entfaltet werden können, braucht es neben den staatlichen Geldern vor allem Engagements aus der Privatwirtschaft. Es bleibt zu hoffen, dass durch die nachlassenden makroökonomischen Herausforderungen (hohe Zinsen und Inflation) in diesem und in den kommenden Jahren die Zuversicht bei den Unternehmen so weit zunimmt, dass Investitionen in Wasserstoff und damit in die ökologische Nachhaltigkeit häufiger in Erwägung gezogen und letztendlich auch umgesetzt werden. Für die notorisch volatilen Wasserstoff-Aktien jedenfalls wäre das ein wichtiger Befreiungsschlag.