Lithium aus Deutschland: Der neue Rohstoff-Boom?

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„Spätestens mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben wir gelernt, dass wir alles dafür tun müssen, nicht von Lieferketten abhängig zu sein, die wir nicht ausreichend beeinflussen können. Das wird nicht immer gelingen, denn nicht alle Rohstoffe, die wir brauchen, kommen in Deutschland vor.“

2023 hatte Bundeskanzler Olaf Scholz diese Worte bei einem Besuch der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) gesagt. Vor wenigen Tagen hat nun eben jene Behörde in Kooperation mit Fraunhofer IEG ein interessantes Forschungsprojekt vorgestellt, das zeigt, welch enormes Rohstoff-Potenzial es tatsächlich hierzulande gibt.

Lithium: Deutschlands prekäre Abhängigkeit von China

Im Fokus: das Batteriemetall Lithium, ein kritischer Rohstoff, der für die Verkehrswende, Energiewende und Digitalisierung hierzulande eine wichtige Rolle spielt. Lithium ist als Bestandteil von Lithium-Ionen-Akkus essenziell für die Elektromobilität, mobile Elektronikgeräte und stationäre Energiespeicher.

Angesichts dieser Mega-Trends benötigt Deutschland bis 2030 laut Schätzungen der Deutschen Rohstoffagentur (gehört zur BGR) pro Jahr 170.000 Tonnen Lithium. Das Problem: Ein Großteil vor allem des batteriefähigen Lithiums stammt aus China.

Deutschland ist damit bei diesem wichtigen Metall massiv abhängig von einem einzigen Lieferanten, was die deutsche Politik dringend ändern will – übrigens nicht nur Olaf Scholz (siehe oben), sondern auch die nun bald regierende Union unter Friedrich Merz. Merz hatte kürzlich betont, die wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu China kritisch zu hinterfragen und die Abhängigkeiten von der Volksrepublik zu überdenken.

Forschungsprojekt offenbart hohes Lithiumpotenzial in Norddeutschland

Umso mehr sorgt nun die oben erwähnte Meldung von BGR und Fraunhofer IEG für Aufsehen. Im Rahmen des Forschungsprojektes „Li+Fluids“ haben die Wissenschaftler das Lithiumpotenzial in den Tiefenwässern in Norddeutschland untersucht.

Das Ergebnis: In dem Gebiet gibt es offenbar 0,39 bis 26,51 Millionen Tonnen Lithium. Heißt, wenn die Ressource im mittleren Bereich der Spanne läge, könnte Deutschland allein mit diesen Lagerstätten seinen Lithiumbedarf über Jahrzehnte aus eigener Kraft decken. Voraussetzung hierfür wären natürlich auch eigene Raffinationskapazitäten, mit denen aus dem Rohstoff das batteriefähige Material produziert werden kann.

Wie Ihnen sicherlich direkt aufgefallen ist, ist die von den Wissenschaftlern geschätzte Ressourcenspanne sehr breit. Das hängt damit zusammen, dass die einzelnen Vorkommen noch nicht konkret exploriert wurden. Die Forscher sprechen aber bereits von insgesamt „überraschend hohen Ressourcen“.

Diese dürften jedoch nicht in jeder Lagerstätte gleich hoch sein. Das bedeutet: Während Explorationen an bestimmten Orten hohe Gehalte hervorbringen könnten, dürften andere Areale eher enttäuschend ausfallen. Dadurch ergibt sich ein wirtschaftliches Risiko für die möglichen Explorateure.

Geothermie (Strom, Wärme) + Lithium: Mehrere Fliegen mit einer Klappe

Immerhin: Um die Kommerzialität zu verbessern, empfehlen die Forscher die Nutzung der Geothermie praktisch als Nebenprodukt. Das im Thermalwasser steckende Lithium könnte also extrahiert werden, während das heiße Wasser zur Beheizung von Gebäuden, für Produktionsprozesse oder zur Stromgewinnung genutzt werden könnte. Anschließend könnte das abgekühlte Wasser wieder in den Untergrund eingebracht werden, wodurch sich der Kreislauf schlösse.

Für den Zugang zu den tieferen Bodenschichten könnten zudem alte Erdgasbohrlöcher genutzt werden, was die Kosten reduzieren und den ökologischen Impact in Grenzen halten würde. Mit Blick auf die (unweigerlich) bevorstehenden Proteste von Umweltschützern wäre das ein erster wichtiger Trumpf für die später beteiligten Unternehmen. Nun wollen die Forscher zunächst weitere Studien durchführen, um konkrete Standorte für entsprechende Projekte zu identifizieren.

Es gibt bereits konkrete Vorhaben – auch in Süddeutschland

Tatsächlich gibt es bereits Projekte, die relativ weit fortgeschritten sind. In der Kleinstadt Munster in der Lüneburger Heide (Niedersachsen) etwa wollen die örtlichen Stadtwerke 2026 über ein vorhandenes Erdgasbohrloch Lithium und geothermische Fernwärme fördern.

Im süddeutschen Oberrheingraben wiederum forciert das börsennotierte Unternehmen Vulcan Energy ein ähnliches Verfahren (Geothermie + Lithium) und wurde hierfür kürzlich in ein EU-Förderprogramm aufgenommen.

Mein Fazit für Sie

Die politisch prekäre Lithium-Abhängigkeit Deutschlands von China soll signifikant reduziert werden. Dass Forscher nun sehr hohes Lithium-Potenzial hierzulande sehen, ist ein starkes Signal für den heimischen Rohstoffsektor, aber auch für mögliche Abnehmer etwa aus der Autobranche.

Die Konzerne können dadurch ihre individuellen China-Risiken reduzieren – was aus strategischer Sicht vor allem deshalb sinnvoll ist, da Peking seine Rohstoffvormacht immer stärker als Waffe in Handelskonflikten einsetzt. Entsprechend hoch dürfe die Nachfrage nach deutschem Lithium sein – ebenso der Gewinnhebel der entsprechenden Produzenten.