Europa: Welche 3 Rohstoff-Projekte jetzt interessant sind!
Dass sich die deutsche Politik in den Rohstoffsektor einmischt, war in den letzten Jahrzehnten eher ungewöhnlich. Doch inzwischen haben sich die Vorzeichen angesichts der geopolitischen Konflikte und Handelskriege so stark geändert, dass nun selbst der Bundeskanzler mit einem eindringlichen Appell an die Öffentlichkeit ging. Im Mittelpunkt steht – vielleicht werden Sie es schon ahnen – die hohe Abhängigkeit der Bundesrepublik bei kritischen Rohstoffen von Ländern, die einen eher zweifelhaften Ruf genießen.
Scholz: Demokratische Staaten sollen mehr Rohstoffe selbst fördern
Auf einer Veranstaltung des deutschen Chemieverbands VCI in Berlin hat Olaf Scholz kürzlich zu dem wichtigen Thema Stellung bezogen. Der Politiker forderte in seiner Rede, dass demokratische Staaten Rohstoffe verstärkt selbst fördern sollten. Dadurch könne man die Abhängigkeit von Diktaturen reduzieren. Obwohl Scholz zwar keine konkreten Staaten explizit nannte, dürfte er sich aber insbesondere auf China und zum Teil auch auf Russland bezogen haben.
Der Regierungschef betonte, dass ein Abbau im eigenen Land möglich und verantwortbar sei. Scholz nannte ausdrücklich die Förderung von Lithium in Sachsen oder im Rheingraben. Der SPD-Politiker spielte damit unter anderem auf das Unternehmen Vulcan Energy an. Das börsennotierte Startup mit operativer Zentrale in Karlsruhe will in Südwestdeutschland eine umfangreiche Wertschöpfungskette für Lithium aufbauen.
Vulcan Energy: Nachhaltiges Lithium aus Deutschland
Hierfür pumpt Vulcan heißes Thermalwasser im Oberrheingraben an die Oberfläche. Daraus kann das Unternehmen zum einen Wärme gewinnen und diese vertreiben. Zum anderen kann das im Wasser enthaltene Lithium in einer speziellen Anlage extrahiert werden. Das genutzte Wasser kann schließlich wieder unter die Erde geleitet werden, was den ökologischen Fußabdruck des Verfahrens gegenüber konventionellen Lithium-Fördermethoden deutlich verkleinert.
Vulcan Energy hat bereits eine Pilotanlage (Lithiumextraktions-Optimierungsanlage, LEOP) in Landau in Betrieb, wo der Rohstoff aus dem Wasser gewonnen wird. In einer weiteren Anlage (Lithiumelektrolyse-Optimierungsanlage, CLEOP) in Frankfurt kann das Lithiumchlorid dann zu Lithiumhydroxid weiterverarbeitet und schließlich als Bestandteil von Akkus in Elektroautos verwendet werden. Die beiden Pilotanlagen sind Vorläufer von wesentlichen größeren, kommerziellen Anlagen, die Vulcan in den nächsten Jahren bauen will.
China dominiert Markt rund um Batterie-Lithium
Das Unternehmen will damit einen Beitrag leisten, um Deutschland und Europa unabhängiger vor allem von China zu machen. Die Volksrepublik beherrscht derzeit den Markt rund um die Weiterverarbeitung des Rohstoffs in batteriefähiges Lithium. Im Diagramm sehen Sie den Marktanteil von China im Bereich LCE (batteriefähiges Lithiumcarbonat-Äquivalent).
Will sich der Westen von China unabhängiger machen, reicht es also nicht aus, nur den Rohstoff zu fördern. Vielmehr müssen Deutschland und Co. eine eigene Weiterverarbeitung etablieren – und das im großen Stile. Entsprechend gilt das Unternehmen Vulcan Energy, das die gesamte Wertschöpfungskette unter einem Dach vereinen will und gleichzeitig ökologische Vorteile gegenüber chinesischem Batterie-Lithium bietet, als sehr aussichtsreich.
Scholz unterstützt Projekte in Portugal und Serbien
Doch Bundeskanzler Scholz hat nicht nur Deutschland selbst als Produktionsland im Blick, sondern auch andere europäische Staaten. So will etwa Portugal gigantische Lithium-Kapazitäten aufbauen. Ein wichtiges Projekt ist Barroso im Norden des Landes, eine der wohl größten Spodumen-Hartgestein-Lagerstätten Europas und der Welt.
Die dortige Lithium-Förderung wird demnach wie im klassischen Bergbau ablaufen, was in den letzten Monaten immer wieder auch Proteste von Umweltschützern hervorrief. Projektbetreiber ist das Unternehmen Savannah Resources. Scholz gab nun auf der Tagung des VCI bekannt, dass er als Kanzler auch dazu bereit sei, die portugiesische Regierung bei diesem und anderen Projekten zu unterstützen.
Interessant ist zudem Serbien. Auch hier hat sich Scholz zuletzt für ein Lithium-Vorhaben stark gemacht. Im Mittelpunkt: das Mega-Projekt Jadar von Rio Tinto. Die geplante Mine war zwischenzeitlich wegen der heftigen Umweltproteste verboten worden. Inzwischen hat Staatspräsidenten Aleksandar Vučić dem Projekt aber wieder grünes Licht gegeben – auch mit Unterstützung des deutschen Bundeskanzlers und der EU. Das serbische Jadar-Tal, wo die größten Lithium-Reserven Europas vermutet werden, würde ebenso wie der Oberrheingraben oder die Projekte in Portugal einen wichtigen Beitrag leisten, um die Abhängigkeit von China rund um das Batteriemetall zu reduzieren.
Mein Fazit für Sie
Dass sich Bundeskanzler Scholz so stark und relativ deutlich für eine Loslösung von China in Sachen Lithium ausspricht, dürfte für die Branche in Europa eine wichtige Bestätigung sein – vor allem mit Blick auf die zuletzt schwachen Marktpreise, die die Aktien unter Druck setzten.
Immerhin: Kürzlich hatte ein großer chinesischer Batterie- und Lithium-Konzern angekündigt, seine Produktionskapazitäten deutlich zu reduzieren, um dem aktuellen Überangebot auf dem Weltmarkt zu begegnen. Der Lithiumpreis stieg daraufhin wieder etwas – wenngleich längst nicht auf das Boom-Niveau aus dem Jahr 2022.
Als Anleger, der auf einen nachhaltigen Turnaround der Lithium-Preise setzen will, können Sie meiner Meinung nach durchaus auch die europäischen Projektbetreiber in Erwägung ziehen. Gut möglich, dass diesen Unternehmen Preis-Prämien winken, da die Abnehmer etwa aus der deutschen Autoindustrie durch die Produkte z.B. von Vulcan Energy ihre politischen Risiken reduzieren können.