Platinmetalle in der Krise: Totgesagte leben länger?
Auch die Metalle der Platingruppe haben preistechnisch eine schwierige Entwicklung hinter sich. Im Folgenden sehen Sie Marktpreise für Palladium (1. Chart) und Platin (2. Chart) auf 12-Monats-Sicht in USD pro Feinunze (Stand: 19.02.2024, 18:00 Uhr):
Quelle: Börse Frankfurt (https://www.boerse-frankfurt.de/rohstoff/palladiumpreis) und (https://www.boerse-frankfurt.de/rohstoff/platinpreis)
12-Monats-Charts: Palladium tiefrot, Platin bleibt auf schwachem Niveau
Palladium hat demnach in den letzten 12 Monaten um -36,23 % abgewertet. Bei Platin lag das Minus im gleichen Zeitraum zwar nur bei -1,34 %, würde man diesen Chart allerdings etwas weiter in die Vergangenheit ziehen, wäre man relativ schnell ebenfalls im prozentual zweistelligen Minusbereich.
Die Gründe für die Abwertung sind freilich vielfältig. Zuletzt hatten vor allem die schwierige Makroökonomie den Metallen der Platingruppe zugesetzt. So sorgten die höheren Zinsen dafür, dass jene Metalle im Bereich der Vermögensanlage an Attraktivität gegenüber festverzinslichen Assets (z.B. Anleihen oder Tagesgeld) verloren haben. Gleichzeitig haben die höheren Zinsen und die gleichzeitig strauchelnde Konjunktur in einigen Volkswirtschaften die Industrienachfrage nach Platin und Palladium gedrückt. Beide Metalle kommen vor allem in Katalysatoren zum Einsatz – insbesondere in Verbrennungsfahrzeugen.
Anglo American Platinum meldet Mega-Gewinneinbruch
Betroffen von der Misere ist allen vor Anglo American bzw. dessen ebenfalls börsennotierte Tochter Anglo American Platinum (Amplats) mit Sitz und operativem Zentrum im platinreichen Südafrika. Das Unternehmen ist mit einem Marktanteil von mehr als 30 % der größte Platinproduzent der Welt und mit rund 1 Million Unzen der zweitgrößte Palladiumproduzent. Vor wenigen Tagen jedenfalls hat Amplats seine neusten Zahlen veröffentlicht, die alles andere als hervorragend waren.
Das Unternehmen meldete für 2023 einen Umsatzeinbruch von -24 %. Das Betriebsergebnis (bereinigtes EBITDA) fiel indes um -67 %, der Nettogewinn gar um -71 %. Die Gewinnmarge und der Cashflow sackten daraufhin deutlich ab. Die Dividende wurde sogleich um -81 % gekürzt.
Wie Sie anhand der beiden Charts erahnen können, erwies sich für Amplats vor allem das Palladium als Belastungsfaktor. Große Einbrüche bezüglich der realisierten Preise musste der Konzern jedoch auch beim Rhodium (ebenfalls ein Platinmetall) und nicht zuletzt beim Nickel einräumen.
Amplats streicht Tausende Arbeitsplätze und legt Projekte auf Eis
Anglo American Platinum will nun auf die Krise reagieren und hierfür den Rotstift zücken. Demnach sollen in den südafrikanischen Betrieben des Unternehmens rund 3.700 Arbeitsplätze wegfallen. Das wären in etwa 17 % der Gesamtbelegschaft. Es sei der letzte Ausweg, betonte Amplats-Chef Craig Miller. Der Manager sei sich der Herausforderungen in Südafrika hinsichtlich der Arbeitslosigkeit bewusst und der sozioökonomischen Folgen der nun angekündigten Maßnahme.
Neben den Stellenstreichungen will Amplats auch bei einigen Wachstumsinvestitionen die Reißleine ziehen. Insgesamt sollen im laufenden Jahr Einsparungen von 10 Milliarden Südafrikanischen Rand (etwa 490 Millionen Euro) ermöglicht werden. Betroffen von den Kürzungen sind unter anderem geplante Projekte im Amandelbult-Komplex, wo der Konzern bereits zwei Untertageminen betreibt. Das Unternehmen werde weiterhin alle Hebel in Bewegung setzen, um seine Effizienz zu verbessern und behalte sich angemessene Reaktionen vor, sollten die Platinmetallpreise weiter fallen, so Amplats-CEO Miller mit Blick auf mögliche zusätzliche Maßnahmen.
Anglo American Platinum ist freilich nicht der einzige Platin-Akteur, der aktuell in der Krise steckt. Auch andere Branchenvertreter gerade aus Südafrika wollen Stellen streichen und verschieben Investitionen nach hinten. Darunter: Sibanye Stillwater und Impala Platinum.
Mein Fazit für Sie
Die Abwertung des Rohstoffsektors im letzten Jahr hat auch die Platinmetalle kalt erwischt – vor allem Palladium und Rhodium. Ähnlich wie bei Nickel oder Lithium reagiert auch die Platinbranche nun mit Investitionskürzungen und Stellenstreichungen auf die Krise. Die umfangreichen Maßnahmen von Anglo American Platinum sprechen Bände.
Die Verengung des Marktes verschafft den Preisen für die Metalle der Platingruppe wiederum ein gewisses Comeback-Potenzial. Schon im Dezember hatte das einflussreiche World Platinum Investment Council ein Defizit für die Platinmetalle prognostiziert, das bis 2027 auf 8 % der Nachfrage anwachsen könnte. Die Experten begründen diese Prognose mit den immer häufigeren Profitabilitätsproblemen der Minen im Zuge der Preisrückgänge. Die Gefahr von Versorgungsengpässen werde sich dadurch verschlimmern, so die Organisation.
Es bleibt also spannend. Was Sie als Anleger nicht unterschätzen sollten: Die Platinmetalle, allen voran Platin selbst und Palladium, sind wichtige Rohstoffe für Autokatalysatoren und tragen als solche zur Verbesserung der Umweltbilanz von Diesel- und Benzin-Fahrzeugen bei. Das Verbrennerzeitalter jedenfalls ist angesichts der zuletzt eher schleppend wachsenden Elektroauto-Absätze längst nicht vorüber.