DeepSeek-Crash bei Uran-Aktien: Hat die Börse überreagiert?

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Noch immer sitzt der Schock tief. Am Montag hatte das neue KI-Modell des chinesischen Startups DeepSeek an den Börsen für Furore gesorgt. Denn: Offenbar haben es die Chinesen geschafft, eine KI mit deutlich günstigeren und ressourcenschonenderen Chips zu entwickeln als die westliche Konkurrenz.

Wie Sie bestimmt mitbekommen haben, sind daraufhin die Aktien der großen amerikanischen KI-Profiteure zusammengekracht. Allen voran: Nvidia. Der GPU-Spezialist verlor allein am Montag mehr als 550 Milliarden US-Dollar an Marktkapitalisierung – der größte Tagesverlust in der Börsengeschichte. Der Hintergrund ist: Sollten sich weltweit deutlich günstigere KI-Modelle durchsetzen, könnte das die Gewinnspannen der teuren Highend-Chip- und Infrastrukturanbieter wie Nvidia oder z.B. Broadcom erheblich belasten.

Energierohstoff Uran: KI-Rechenzentren sind Stromfresser

Vielleicht werden Sie jetzt fragen, was das Ganze eigentlich mit den Rohstoffen zu tun hat? Tatsächlich sehr viel. Denn die Perspektive einiger Rohstoffe hängt zumindest zum Teil vom KI-Boom ab. Das derzeit wohl prominenteste Beispiel ist der Kernbrennstoff Uran.

Die großen US-Techkonzerne hatten in den letzten Monaten Milliardeninvestitionen in neue Hyperscale-Rechenzentren angekündigt. In diesen ultraleistungsfähigen Serverfarmen werden KI-Modelle rund um die Uhr mit gigantischen Datenmengen trainiert, was erhebliche Mengen an Strom erfordert.

Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) entspricht der jährliche Stromverbrauch von einem einzigen großen Hyperscale-Rechenzentrum in etwa dem von 350.000 bis 400.000 Elektroautos. Kein Wunder, verbraucht eine einzige Anfrage an ChatGPT, die per Cloud in Data Centern verarbeitet wird, etwa 10-mal so viel Energie wie eine klassische Google-Suche. Der KI-Boom ist also nicht nur ein technologischer Paradigmenwechsel, sondern auch ein gigantischer Stromfresser.

KI-Infrastruktur: Big Tech setzt auch auf Atomkraft

Der Clou: Big Tech hat als Lösung unter anderem die Kernkraft im Visier. Microsoft etwa hatte im letzten Sommer einen Stromliefervertrag mit Constellation Energy geschlossen und will über einen Zeitraum von 20 Jahren Atomstrom aus dem 2019 abgeschalteten Kraftwerk Three Miles Island beziehen, das nun reaktiviert werden soll.

Der Techriese Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp) plant gleich mit eigenen Atomkraftreaktoren. Ende 2024 hatte das Unternehmen angekündigt, nach einem Entwickler zum Bau solcher Kraftwerke zu suchen. Bis Anfang der 30er-Jahre will Meta demnach bis zu vier Gigawatt an Atomkraft-Kapazitäten aufbauen, um seine Rechenzentren zu versorgen.

Google wiederum setzt dezidiert auf kleinere modulare Atomreaktoren (Small Modular Reactors). Jene SMRs können flexibel in direkter Nähe zu Rechenzentren aufgebaut werden und diese direkt mit Strom versorgen. Die Alphabet-Tochter hat hierzu bereits einen Vertrag mit dem Startup Kairos Power geschlossen. Der erste SMR von Google soll bis Ende der 20er-Jahre in Betrieb gehen.

Ähnliche Nuklear-Pläne verfolgen derweil die Big Player Amazon und Oracle. Letzterer ist indes Teil des 500 Milliarden Dollar schweren „Stargate“-Projekts, das Donald Trump kürzlich der Öffentlichkeit vorstellte und den Ausbau der Rechenzentren in den USA auf ein neues Level heben soll – auch mit Blick auf die Konkurrenz aus China.

Zweifel an Mega-Investitionen

Doch nun könnte ausgerechnet ein Unternehmen eben aus China diese Pläne durcheinanderwerfen. Denn: Nach dem DeepSeek-Schock könnte bei den westlichen Techkonzernen die Ansicht reifen, dass diese enormen Milliardeninvestitionen in neue Rechenzentren übertrieben sein könnten.

Schließlich ist es scheinbar möglich, mit deutlich geringerem Materialeinsatz eine gleichwertige KI zu produzieren. Das würde auch bedeuten, dass für die KI insgesamt weniger Strom benötigt wird als ursprünglich gedacht. DeepSeek könnte also ein echter Game-Changer sein und die globale Techbranche zu mehr Kostendisziplin zwingen.

Uran-Aktien nach DeepSeek-Meldung eingekracht

Entsprechend würde dann auch weniger Uran gebraucht werden. Am Kapitalmarkt jedenfalls wurde dieser Risikofaktor umgehend eingepreist. Der Uranpreis fiel direkt am Montag um 5 %. Entsprechend ging es auch für die großen Player abwärts. Allein die Cameco-Aktie krachte zum Wochenbeginn um bis zu 14 % ein, wie Sie im Chart anhand des Pfeils sehen können (Stand: 29.01.2025, 11:00 Uhr, Börse Stuttgart).

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Ähnlich erging es auch anderen Branchentiteln wie NexGen Energy oder Uranium Energy.

„Jevons-Paradoxon“ und neues Konjunktur-Potenzial:  Profitieren die Rohstoffe doch?

Die Meldung rund um DeepSeeks erschwingliche KI könnte meiner Meinung nach tatsächlich die KI-Branche auf den Kopf zu stellen. Was für Sie als Anleger wichtig ist: Das grundlegende Potenzial der Künstlichen Intelligenz wird dadurch nicht geschmälert.

Im Gegenteil: Wird die KI günstiger in der Entwicklung, verbessert sich deren Zugänglichkeit für die breite Masse, was die Nachfrage enorm steigern sowie im Endeffekt gar für höhere Data-Center-Kapazitäten sorgen könnte – und somit letztendlich für einen noch stärkeren Bedarf z.B. an Uran.

Hinter dieser These steckt das sogenannte „Jevons-Paradoxon“. Der Ökonom William Stanley Jevons hatte dieses Konzept im 19. Jahrhundert entwickelt. Es besagt, dass technologische Fortschritte, die die Effizienz der Nutzung eines Rohstoffs erhöhen, letztlich zu einer erhöhten Nutzung dieses Rohstoffs führen können, anstatt sie zu senken.

Ein einfaches Beispiel: Wenn Autos kraftstoffsparender werden, könnten die Menschen mehr fahren, weil die Kosten pro Kilometer sinken. Dadurch könnte der Gesamtverbrauch an Kraftstoff steigen, obwohl jedes einzelne Auto weniger verbraucht.

Klar: Noch ist unklar, ob im Falle der KI-Rechenzentren ein solches Szenario eintreten wird. Die Chancen aber stehen meiner Meinung nach gar nicht schlecht, einfach weil die KI eine höchst disruptive Technologie ist, die perspektivisch schier unglaubliche Vorteile für die Wirtschaft und die Verbraucher ermöglichen kann.

Hieraus ergibt sich indes ein weiterer Aspekt. Sollten sich KI-Systeme durch günstigere Preise stärker verbreiten und in der Folge neue Anwendungsfälle geschaffen werden, würde sich das positiv auf die Konjunktur auswirken. Es würde zu einer Art ökonomischen Entfesselung kommen.

KI-Systeme können jetzt schon die betriebliche Effizienz von Unternehmen entscheidend verbessern, wodurch die Firmen mittelfristig mehr Luft für Wachstumsinvestitionen haben. Und eben für diese Investitionen bräuchte es jede Menge Rohstoffe – neben Energieträgern freilich auch Industriemetalle wie Kupfer oder Eisenerz.

Mein Fazit für Sie

Sie sehen also: Nur weil sich die großen Techkonzerne wie Nvidia möglicherweise auf geringere Gewinnmargen einstellen müssen, heißt das noch lange nicht, dass darunter die Nachfrage nach Rohstoffen leidet. Die Börse hat hier meiner Meinung nach überreagiert.

Aber auch abgesehen davon ist z.B. die Uran-Nachfrage längst nicht nur vom KI-Boom abhängig. Rund um den Globus und insbesondere in China werden neue Atomkraftwerke im großen Stil gebaut, um die Energiesicherheit zu verbessern. Diese Perspektive ist auch nach dem DeepSeek-Schock definitiv intakt.

Als Anleger sollten Sie die (inzwischen sehr günstigen) Uran-Aktien also weiterhin auf dem Schirm haben.