Das Energie-Desaster: Wie Deutschlands Stahlbranche leidet!

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Wer viel Energie braucht, der schafft Großes. Aktuell sollte das aber anders lauten: Wer viel Energie braucht, der verschafft sich große Probleme. Es sind nämlich gerade die energieintensiven Branchen, die wegen der massiv gestiegenen Kosten jetzt in Schielflage geraten. Allen voran: die Stahlindustrie.

Besonders betroffen sind jene Stahlkocher, die in Europa und vor allem in Deutschland ihren Geschäften nachgehen. Denn hier sind die Preise für Gas und Strom noch deutlicher gestiegen als anderswo. Viele Konzerne können die Kosten nicht mehr an ihre Kunden weitergeben, weshalb deren Wirtschaftlichkeit auf der Kippe steht.

ArcelorMittal verbraucht in Hamburg schier unfassbare Energiemengen

Beispiel: ArcelorMittal. Der Konzern ist einer der weltweit größten Stahlhersteller und in mehr als 20 Ländern mit Fabriken vertreten – auch in Deutschland. ArcelorMittal betreibt unter anderem in Hamburg ein gigantisches Werk.

Die dortige Produktion umfasst drei Prozesse: Zunächst werden in einer Reduktionsanlage eingekaufte Eisenerz-Kügelchen zu Eisenschwamm verarbeitet. Dieser wird dann gemeinsam mit Recyclingabfällen im Elektrolichtbogenofen zu Rohstahl verschmolzen. Anschließend produziert man daraus Walzdraht, den ArcelorMittal an Kunden verkauft.

Pro Jahr stellt der Konzern in Hamburg 700.000 Tonnen Walzdraht her. Das Problem: Dafür benötigt man horrende Mengen an Energie. Kein anderes Unternehmen in der Hansestadt verbraucht so viel Gas und Strom wie ArcelorMittal. Gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“ betonte Werksleiter Uwe Braun, dass man pro Jahr eine Terawattstunde Strom nutze – so viel wie die ganze Stadt Kiel. Hinzu kommen demnach zwei Terawattstunden Gas.

Reduktionsanlage ab Oktober außer Betrieb

Die hohen Energiekosten sorgen nun dafür, dass ArcelorMittal in Hamburg nicht mehr wirtschaftlich arbeiten kann. Deshalb hatte der Konzern bereits im September die Produktion in der deutschen Großstadt gedrosselt und angekündigt, die Reduktionsanlage in dem Werk ab Oktober zu deaktivieren – voraussichtlich ein halbes Jahr lang. Zum ersten Mal seit 1969 wird ArcelorMittal also die Anlage vorübergehend stilllegen.

Werksleiter fordert Politik zum schnellen Handeln auf

Der Konzern drückt deshalb auf den Alarmknopf – und richtet seine Appelle vor allem an die Politik. Zwar könne man kurzfristig mit der Kurzarbeit die wegfallende Produktion abfangen. Auf Dauer ließen sich die Arbeitsplätze so aber nicht halten. Werksleiter Uwe Braun warnte deshalb davor, dass Stahlkocher wegen der hier extrem schlechten Wettbewerbsbedingungen ins Ausland abwandern könnten.

Der Manager sprach sich daher für einen einheitlichen Preisdeckel für Strom und Gas in der gesamten EU aus. Braun zielt damit auf die wachsende außereuropäische Bedrohung ab. Denn: Unter den hohen Energiepreisen leiden vor allem Firmen in der EU.

Die Konkurrenz aus Übersee kann Stahl aktuell deutlich günstiger herstellen und ihre Produkte entsprechend günstiger anbieten. Für den Wirtschaftsstandort Europa und insbesondere Deutschland ist das ein gravierender Wettbewerbsnachteil und dürfte mit dem Verlust von Marktanteilen einhergehen. Es bleibt nun abzuwarten, inwieweit die Politik auf die Warnungen aus der Industrie reagieren wird.

Das Schreckgespenst Rezession lauert

Dabei sorgen die hohen Energiekosten nicht nur für Einschnitte bei der Produktion, sondern auch bei der Nachfrage.  Schauen Sie: Die Stahlbranche befürchtet, dass ihre Kunden etwa aus der Autobranche wegen der hohen Preise Bestellungen verschieben oder gar komplett streichen könnten. Das würde die Stahlindustrie in eine schwere Rezession stürzen.

Mein Fazit für Sie

Das wirtschaftliche Umfeld in der Stahlbranche ist derzeit höchst prekär. Für Aktien wie ArcelorMittal ist das natürlich keine gute Nachricht. Das Papier hat zuletzt deutlich abgewertet – übrigens auch die Aktien der deutschen Wettbewerber Thyssenkrupp und Salzgitter AG (Stand: 29.09.2022, 13:30 Uhr).

Die Hoffnung der Anleger ruht nun auf der Politik. Sollten die Staaten ein wirksames Mittel finden, um die Industrie vor weiteren Schäden zu bewahren, könnten sich die Aktien zumindest stabilisieren. Ob auch große Aufwärtsbewegungen dann kurzfristig möglich wären, steht allerdings in den Sternen.

Denn der Schaden ist bereits angerichtet und lässt sich auf absehbare Zeit wohl nicht mehr kompensieren. Hinzu kommt die Angst vor einer weiteren Eskalation des Ukraine-Kriegs durch die Teilmobilmachung Russlands, die wohl vorsätzliche Sprengung der Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 und nicht zuletzt durch die völkerrechtswidrige Annexion ostukrainischer Territorien inklusive der wiederholten Androhung von Nuklearschlägen vonseiten des Kremls.

Wollen Sie jetzt in die Stahlbranche investieren, müssen Sie also mehr denn je starke Nerven mitbringen.