BHP-Aktie: Kupfer-Mine Escondida – Desaster oder Chance?
Wtwa 170 Kilometer südöstlich der chilenischen Stadt Antofagasta, inmitten der Atacama-Wüste im Norden des Landes, befindet sich die gigantische Mine Escondida auf einer Höhe von mehr als 3.000 Metern über dem Meeresspiegel. Der Standort besteht aus zwei umfangreichen Tagebaugruben, in denen große Mengen Kupfer gefördert werden.
Im Folgenden sehen Sie ein Satellitenbild von Escondida:
Escondida: die größte Kupfer-Mine der Welt
Die gesamte Fläche der Mine inklusive der Verarbeitungsanlagen erstreckt sich über mehr als 150 Quadratkilometer. Damit ist Escondida die größte Kupfermine der Welt – und auch die mit dem höchsten Output. 2023 produzierte der Standort rund 1,1 Millionen Tonnen Kupfer und war somit für knapp 5 % der weltweiten Förderung verantwortlich. Die Gruben versorgen vor Ort drei Konzentratoranlagen sowie zwei Laugungsbetriebe. Die Kupfer-Vorprodukte, die Escondida hervorbringt, sind ausschlaggebend unter anderem zur Herstellung von Rohren, Drähten, Blechen, Legierungen und elektronischen Komponenten.
Betrieben wird die Mega-Mine von dem Joint-Venture Minera Escondida. Größter Anteilseigner und Betreiber ist der australische Rohstoff-Gigant BHP mit 57,5 % der Anteile, gefolgt von Rio Tinto (30 %) und dem japanischen Payer JECO (12,5 %).
Gewerkschaft ruft zu Streiks auf
Vielleicht werden Sie sich jetzt fragen: Warum erzähle ich Ihnen das heute? Nun, tatsächlich steht Escondida aktuell wieder einmal im Rampenlicht. Im Mittelpunkt: eine mächtige Gewerkschaft, die dem Betreiber BHP in den letzten Jahren immer wieder zu schaffen gemacht hatte und derzeit erneut Widerstand leistet.
Am Dienstag dieser Woche hat die Gewerkschaft „El Sindicato N°1“ zum Streik aufgerufen, nachdem die ersten Gespräche zwischen den Arbeitnehmervertretern und dem Betreiber ohne Einigung zu Ende gingen. Das Problem: Die Gewerkschaft vertritt vor Ort etwa 2.400 Arbeiter und damit rund 61 % der Escondida-Belegschaft. Dazu gehören unter anderem Fahrer, Maschinenbediener, Techniker und Wartungsarbeiter. Entsprechend hat sie die Macht, den Betrieb im Prinzip stillzulegen.
Und diese Macht hatte „El Sindicato N°1“ in den letzten Jahren immer wieder demonstriert. 2017 etwa hatte die Gewerkschaft ihre Mitglieder ganze 44 Tage lang streiken lassen. Das wirkte sich damals wegen der enormen Bedeutung der Escondida-Mine für den Weltmarkt auch unterstützend auf den Kupferpreis aus. Der Grund: Der Markt befürchtete ein Angebots-Defizit durch den temporären Wegfall von Escondida.
BHP soll Arbeiter stärker an Profit beteiligen
Es bleibt nun abzuwarten, ob die Arbeitsniederlegungen diesmal ähnlich umfangreich ausfallen werden. Die Gewerkschaft jedenfalls hat ambitionierte Forderungen gestellt. Dabei geht es unter anderem um bessere Arbeitsbedingungen und Gesundheitsleistungen. Der Knackpunkt aber ist die Forderung, 1 % der Aktionärsdividende an die Arbeiter auszuschütten. Das wären pro Arbeiter etwa 36.000 US-Dollar. BHP hingegen hatte eine Bonuszahlung von jeweils nur 28.900 Dollar vorgeschlagen.
Ebenfalls bitter für den Betreiber: Die Gewerkschaft hat einen langen Atem. Sie verfügt laut Medienberichten über einen starken finanziellen Puffer, um die Arbeiter während des Streiks ausgiebig und langanhaltend zu versorgen. Für Ungereimtheiten sorgt derweil BHP selbst. Laut den chilenischen Gesetzen darf ein Unternehmen streikende Arbeiter nicht ersetzen. Die Gewerkschaft wirft dem Rohstoff-Konzern nun aber vor, eine Ersatzbelegschaft einzusetzen, um einen minimalen Betrieb der Mine aufrechtzuerhalten. Damit verstoße BHP gegen die Streikbestimmungen, so „El Sindicato N°1“.
Die Auswirkungen auf den globalen Kupfermarkt hielten sich bis dato jedoch in Grenzen. Der Kupferpreis konnte am Donnerstag nach dem Rückgang am Mittwoch nur leicht zulegen. Offenbar spekuliert der Kapitalmarkt darauf, dass sich die Wogen in Chile alsbald wieder glätten werden. Ohnehin ist der Kupfermarkt aktuell durch die anhaltende Immobilienkrise in China auf kurzfristige Sicht teils überversorgt.
Mein Fazit für Sie
Kupfer gilt mit Blick auf die Energiewende, Rüstungsbranche und die Digitalisierung als einer der aussichtsreichsten Zukunftsrohstoffe überhaupt. Kein Wunder also, dass die Arbeiter in der weltgrößten Mine mehr vom Gewinnkuchen abhaben wollen.
Für BHP ist das Ganze ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite würden die anderen Kupfer-Assets des Konzerns von einem höheren Marktpreis profitieren. Doch die Verluste durch eine längere Betriebspause von Escondida wären wohl wesentlich höher als die Preisprofite. Allein 2017 hatten sich die finanziellen Schäden wegen der damaligen Streiks auf rund 740 Millionen US-Dollar belaufen.
Die BHP-Aktie jedenfalls reagierte bis Donnerstagvormittag unterm Strich negativ auf die Meldungen aus Chile, wenngleich sich die Rücksetzer noch einigermaßen in Grenzen hielten (Stand: 15.08.2024, 10:00 Uhr).
Hoffnung kann BHP derweil auf eine stärkere Intervention der chilenischen Regierung setzen. Escondida ist der wohl wichtigste Einzelstandort der chilenischen Volkswirtschaft und für einen großen und lukrativen Teil der Rohstoffexporte des Andenstaats verantwortlich. Es dürfte also im Interesse der dortigen Politik sein, dass die beiden Parteien so schnell wie möglich eine Einigung erzielen.