Verkehrswende fordert erste Opfer in der Autobranche
Die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt zeigt es deutlich: Die Branche ist im Umbruch, muss sich neu erfinden – und steht dabei erheblich unter Druck.
Die Klimadebatte ist das Thema der Stunde, politisch wie gesellschaftlich. Während in Frankfurt Demonstrationen rund um die IAA das Konzept Auto im Allgemeinen und die CO2-Bilanz bestimmter Fahrzeugtypen oder Hersteller im Speziellen kritisieren, tüftelt die Bundesregierung in Berlin an einem umfassenden Klimaschutzkonzept, bei dem sich unter anderem eine umfassende Verkehrswende als ein Kernelement abzeichnet.
Die Bahn als Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts?
Erste Eckpunkte deuten darauf hin, dass einerseits Inlandsflüge teurer, andererseits Bahnreisen günstiger werden sollen. Ein bisschen Steuererhöhung auf der einen Seite, ein bisschen Mehrwertsteuersenkung auf der anderen soll das Angebot ausbalancieren und Bahnfahren attraktiver machen. Das ist erscheint durchaus sinnvoll angesichts der Tatsache, dass innerdeutsche Flugverbindungen oftmals deutlich günstiger zu haben sind als Bahntickets auf derselben Route.
Auch im Verhältnis zum Auto ist die Bahn häufig noch zu teuer. Zugleich aber wurde vor wenigen Tagen bekannt, dass die Bahn finanziell einmal mehr mit Problemen zu kämpfen hat. Allein für das laufende Jahr fehlen dem Staatskonzern rund 3 Milliarden Euro, ganz zu schweigen von einem gigantischen Schuldenberg von etwa 20 Milliarden Euro, den die Bahn bereits aufgetürmt hat.
Dringend erforderlich sind zudem ein weiter verzweigter Netzausbau sowie umfassende Instandhaltungsmaßnahmen an bestehenden Trassen. Die erforderlichen Infrastrukturinvestitionen dürften wiederum im zweistelligen Milliardenbereich angesiedelt sein.
Autobauer in der Zwickmühle
Apropos Infrastruktur: Einen Bestandteil der angestrebten Verkehrswende bildet die Transformation vom Verbrennungs- zum Elektromotor als neuem Standard der Automobilindustrie. Doch auch in diesem Punkt sind mehr Fragen offen als beantwortet, von der Ladeinfrastruktur über die Ladedauer bis hin zur Energiebilanz.
Die Autobauer stecken in der Zwickmühle. Einerseits fordern Politik und Teile der Gesellschaft mit zunehmendem Druck einen Umstieg auf Elektromobilität, andererseits sind ausgerechnet die im Verbrauch nicht gerade sparsamen SUVs seit einigen Jahren der Renner bei der Kundschaft. Etwa ein Drittel der in Deutschland neu zugelassenen Fahrzeuge zählt mittlerweile zu dieser Fahrzeuggattung. Um die Schadstoffvorgaben für die Gesamtflotte zu erfüllen, müssen die Hersteller also bei anderen Modellen umso deutlicher an den entsprechenden Stellschrauben drehen.
Branche im Transformationsprozess – Betriebe in der Krise
Einigen Zulieferern fällt es unterdessen schwerer, sich auf den Wandel einzustellen. Mit Avir Guss steht innerhalb kurzer Zeit womöglich bereits der dritte Zulieferer kurz vor der Pleite. Weber Automotive sowie der Lackieranlagenhersteller Eisenmann haben bereits Insolvenz angemeldet.
Auch die Großen in der Branche sind vor Einschnitten nicht gefeit: Unter anderem Schaeffler, Continental und Bosch haben deutliche Stellenkürzungen, möglicherweise sogar Werksschließungen angekündigt.
Die Transformation der Branche steht noch ganz am Anfang. Welche Technologien und Unternehmen sich in dieser schwierigen Phase werden behaupten können, wird sich wohl erst in 10 oder 20 Jahren wirklich zeigen.