Themenschwerpunkt Flutkatastrophe: Infrastruktur monatelang beschädigt
Die Flutkatastrophe im Westen Deutschlands hat enorme Flächen verwüstet. In einer Schneise von Trier am südwestlichen Rand von Rheinland-Pfalz bis nach Hagen im Ruhrgebiet wurden zahlreiche Dörfer überschwemmt. Wesentliche Teile der Infrastruktur sind zusammengebrochen. Aufräumarbeiten und Wiederaufbau werden Monate, teilweise auch Jahre andauern.
Direkte Auswirkungen hat die Katastrophe nicht nur auf zigtausende Menschen vor Ort, sondern auch auf unterschiedlichste Wirtschaftszweige. In dieser Woche sollen daher die verschiedenen Bereiche und Konzerne im Fokus stehen, für die die verheerenden Wassermassen unmittelbar spürbare Folgen haben werden.
Schwerpunkt: Bauwirtschaft
Die Baubranche zählt zu den wenigen Wirtschaftszweigen, die trotz Pandemie auch in den vergangenen Monaten stets volle Auftragsbücher vorweisen konnten. Wer einen Handwerker für Umbaumaßnahmen am Eigenheim beauftragen wollte, musste sich nicht selten auf eine lange Warteliste setzen lassen. Der weltweite Holzmangel verschärft das Verhältnis von Angebot und Nachfrage zusätzlich.
In dieser Situation stehen nun etliche Dörfer vor den Herausforderungen des Wiederaufbaus nach der Flut: Häuser sind eingestürzt oder müssen wegen mangelnder Tragfähigkeit noch nachträglich abgerissen werden. Die Gebäude, die noch stehen, sind schwer beschädigt, die meisten benötigen umfassende Renovierungs- und Sanierungsarbeiten, ehe sie wieder bewohnbar sind.
Böden müssen ausgetauscht und neue Küchen installiert werden, auch die öffentliche Kanalisation ist vielfach in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Handwerkerbedarf im privaten Bereich ist über Nacht immens gestiegen.
Öffentliche Infrastruktur erheblich beschädigt
Doch damit nicht genug: Auch die öffentliche Infrastruktur hat unter den Wassermassen gelitten. Beispielsweise in Bad Neuenahr sind etliche Brücken eingestürzt oder so stark beschädigt worden, dass sie nicht mehr gefahrlos genutzt werden können. Ortsteile sind so voneinander getrennt, ganze Dörfer von der Außenwelt weitgehend abgeschnitten.
Mehrere Bundesstraßen waren auf Drohnenbildern nicht mehr von breiten Flüssen zu unterscheiden, allein die herausragenden Autodächer oder vereinzelte Verkehrsschilder wiesen noch darauf hin, dass es sich um eigentlich vielbefahrene Straßen handelt. Auch Autobahnen wurden nicht verschont: Die A61 sowie die A1 sind bis auf Weiteres vollgesperrt, es kann Monate dauern, bis beide Strecken wieder normal befahrbar sind. Teile der Fahrbahn wurden durch die Fluten zerstört.
Damit sind wichtige Autobahnrouten zwischen der Region um Köln einerseits und den südwestlich davon gelegenen Gebieten de facto unterbrochen. In der von zahlreichen Berufspendlern geprägten Region dürfte die Rush Hour damit auf den verbliebenen Autobahnstrecken nun noch stauanfälliger werden – der Kölner Ring ist hierfür ohnehin berüchtigt.
Mobilität monatelang eingeschränkt
Und auch die Bahn wurde hart getroffen: Insgesamt rund 600 Kilometer Bahngleise fielen den Fluten zum Opfer, mehrere Regionalbahnen werden in nächster Zeit erst einmal nicht den Betrieb wieder aufnehmen können. Auch Schienenersatzverkehr mit Bussen ist in vielen Regionen keine Option wegen der beschädigten Straßeninfrastruktur.
Kurzum: Die Mobilität der gesamten Region ist auf Wochen und Monate hinaus stark eingeschränkt. Es braucht nun rasche und hohe staatliche Investitionen, um zumindest die Verkehrsinfrastruktur schnellstmöglich wieder instand zu setzen.
Staat sichert Soforthilfen zu – im dreistelligen Millionenbereich
Entsprechende Hilfsgelder wurden von Seiten der Bundes- und Landesregierungen bereits zugesichert, konkret stellte das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch 200 Millionen Euro Soforthilfe in Aussicht, die bei Bedarf noch verdoppelt werden können. Doch selbst wenn die nötigen Gelder nun zügig fließen, wird es noch lange dauern, bis auch nur ansatzweise so etwas wie Normalität in die stark betroffenen Ortschaften zurückkehren wird.
Zudem nützen auch die schnellsten Milliardenhilfen nicht viel, wenn es schlichtweg an verfügbaren Handwerkern mangelt. Handwerkliche Berufe für jüngere Generationen wieder attraktiver werden zu lassen, um dem Mangel an Nachwuchsfachkräften zu begegnen, könnte sich also auch die künftige Bundesregierung auf die Agenda setzen.