Schweiz setzt Unternehmensmindeststeuer ab 2024 um
Seit jeher gilt die Schweiz als Steueroase. Superreiche verlegen ihren Wohnsitz ins neutrale Alpenland, und auch Unternehmen fühlen sich geradezu magisch angezogen von der Kombination aus striktem Bankgeheimnis und günstiger Besteuerung.
136 OECD-Staaten vereinheitlichen Mindeststeuer
Doch damit könnte schon bald Schluss sein. Zumindest in Sachen Steuerpflicht von international agierenden Großunternehmen signalisieren nun auch die Eidgenossen eine Kehrtwende. Hintergrund ist die globale Mindestbesteuerung, auf die sich nach jahrelangen Verhandlungen im vergangenen Herbst mehr als 100 Staaten weltweit verständigt haben.
Unternehmen, die international aktiv sind und einen Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro erzielen, sollen künftig mindestens 15 Prozent Steuern zahlen müssen. Innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD verständigten sich insgesamt 136 Mitgliedstaaten auf das Vorgehen.
Globale Steuerflucht bekämpfen
Bereits ab 2023 soll die Steuerreform demnach greifen. Die Schweiz plant eine Umsetzung bis 2024 – und sie ist nicht die einzige Steueroase, die auf diese Weise zumindest zum Teil ausgetrocknet wird. Auch andere berüchtigte Niedrigsteuerländer wie etwa die Cayman Islands hatten dem Reformvorhaben zugestimmt.
Die globale Steuerflucht ist jenen Staaten, die davon nicht profitieren, schon seit langem ein Dorn im Auge. Schritt für Schritt wurden in den vergangenen Jahren legale Schlupflöcher gestopft und weniger legale Tricksereien aufgedeckt, doch es bleibt der Eindruck eines ewigen Katz-und-Maus-Spiels zwischen steuerpflichtigen Unternehmen und Privatpersonen einerseits und staatlicher Handhabe andererseits. Allzu gut erinnert man sich hierzulande etwa noch an die berüchtigten Steuer-CDs, die von so mancher Finanzbehörde gekauft wurden, um Steuersündern auf die Spur zu kommen. Die entsprechenden Daten stammten nicht selten aus der Schweiz.
System aufbrechen – Milliarden kassieren
Neben einer einheitlicheren Besteuerung geht es den Staaten nicht zuletzt auch darum, Internetkonzerne zu Abgaben in jenen Ländern zu zwingen, in denen sie ihre Umsätze tatsächlich erwirtschaften. Bislang haben gerade Unternehmen wie Amazon, Google oder Facebook ihre Gewinne gern in Länder mit geringerer Besteuerung verschoben. Dort, wo das Geschäft tatsächlich viel abwirft, wurden dagegen kaum bis gar keine Abgaben entrichtet.
Dieses System soll aufgebrochen und grundsätzlich neu strukturiert werden, was offensichtlich nicht auf nationaler, sondern lediglich auf multilateraler Ebene gelingen kann. Das Steuerreformprojekt gilt als einer der letzten großen Erfolge von Olaf Scholz in seinem damaligen Amt als Bundesfinanzminister. Inzwischen führt er die Bundesregierung als Kanzler an und kann sich ab 2023 offenbar auf einige zusätzliche Milliarden im Haushalt freuen: Nach Schätzungen der OECD werden durch die Mindestbesteuerung weltweit rund 150 Milliarden Dollar an zusätzlichen Steuereinnahmen generiert.
Die Mittel kann die Ampel-Koalition in Berlin gut gebrauchen. Mit Energie- und Verkehrswende plant sie für die kommenden Jahre gleich zwei ebenso ambitionierte wie kostspielige Infrastrukturprojekte, die es nicht zuletzt auch durch Steuergelder zu finanzieren oder zumindest zu subventionieren gilt.