Pandemie kaum noch Thema – wird der Herbst umso schlimmer?

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Ist die Pandemie vorbei? Man könnte es meinen. Nachdem im Frühjahr bereits zahlreiche Beschränkungen weggefallen sind und auch die Maske nur noch in wenigen Ausnahmefällen getragen werden muss, gibt es seit vergangener Woche auch keine kostenlosen Corona-Tests für jedermann mehr.

Ende der kostenlosen Coronatests

Nur in bestimmten Fällen sollen die Tests weiterhin kostenfrei zur Verfügung stehen, ansonsten wird nunmehr eine Gebühr in Höhe von 3 Euro je Test fällig. Begründet wird das mit den hohen Kosten bei gleichzeitig angespannter Haushaltslage: Bis zu 1 Milliarde Euro pro Monat hat der Bund zuletzt ausgegeben, um allen ein kostenfreies Schnelltestangebot zur Verfügung stellen zu können. Coronatests gab es gefühlt an jeder Ecke, der schnelle Abstrich vor der Arbeit vermittelte ein Gefühl von Sicherheit.

Doch die derzeit dominierende Subvariante von Omikron ist derartig ansteckend, dass sie selbst in der eigentlich ungefährlicheren Sommersaison für Inzidenzen im hohen dreistelligen Bereich sorgt – wobei hier nur positive PCR-Testergebnisse registriert sind, die tatsächliche Zahl von Coronainfektionen dürfte damit um ein Vielfaches höher liegen.

Lauterbach warnt seit Wochen vor rauem Herbst

Schon jetzt zeichnet sich ab: Der Herbst könnte ungemütlich werden. Vor einigen Wochen warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach – ein promovierter Epidemiologe – vor weiteren Virusmutationen. Würde sich etwa eine „Killervariante“ entwickeln, mit einer Sterblichkeitsrate wie bei Delta und mit einer Ansteckungsrate wie bei Omikron – die Folgen wären kaum abzusehen, ein weiterer Lockdown unausweichlich.

Die Kompromissfindung indes ist nicht leichter geworden, seit in Berlin erstmals ein Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP regiert, die jeweils recht unterschiedliche Vorstellungen davon haben, welche Linie man in der Pandemiebekämpfung für die richtige hält. Vor allem die FDP pocht auf möglichst geringe staatliche Intervention, Grüne und SPD würden hier gern mehr auf den Weg bringen. Länder und Kommunen fordern bereits gesetzliche Grundlagen, um bei Bedarf Maßnahmen wie etwa die Maskenpflicht im Herbst wieder einführen zu können.

Corona-Debatte von Kriegsgeschehen in Hintergrund gedrängt

Was da genau im Winterhalbjahr auf uns zurollt, ist unklar. Doch vorbei ist die Pandemie keineswegs. Vielmehr könnte sie zu einer zusätzlichen volkswirtschaftlichen Belastung werden, die die Wirtschaft noch stärker in Richtung einer Rezession abgleiten ließe. Schon jetzt ächzt die Industrie unter Lieferengpässen, Materialmängeln und hohen Energie- und Transportkosten. Einer der hauptursächlichen Auslöser der Misere war, ist und bleibt wohl bis auf Weiteres die Pandemie. Nicht zuletzt die strikten Lockdown-Maßnahmen in China verschärfen die Lage in den weltumspannenden Handelsketten enorm.

Inwieweit es der Ampelkoalition gelingen wird, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und die richtigen Schlüsse zu ziehen für eine Strategie der Pandemiebekämpfung im kommenden Herbst, muss sich erst noch zeigen. Dabei ist es wenig hilfreich, dass die Debatte derzeit stark in den Hintergrund gedrängt und überlagert wird vom Krieg in der Ukraine und seinen Auswirkungen.

Die Diskussion um Inflation, Rezessionsängste, drohende Energieengpässe und militärische Aufrüstung dominiert die Agenda. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Prioritätenverschiebung im Herbst nicht rächen wird.