Neue Coronaregeln: Arbeitgeber hätten sich 2G gewünscht
Der Flickenteppich ist größer denn je, die Verwirrung endgültig perfekt: Während die Corona-Infektionszahlen in Deutschland von einem traurigen Rekordhoch zum nächsten steigen und in etlichen Regionen die Intensivkapazitäten vor dem Kollaps stehen, läuft in dieser Woche die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ offiziell aus.
Verheerende Signalwirkung der Bundestagsentscheidung
Angeleiert hatte das vor einigen Wochen der noch geschäftsführend amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn von der CDU, die Vertreter der wahrscheinlichen nächsten Bundesregierung entschieden sich, den Plan fortzuführen. Die Signalwirkung ist verheerend: Zwar betonen Politiker jedweder Couleur, dass es sich dabei ja lediglich um einen Rechtsrahmen handele, doch bei vielen Menschen kommt die widersprüchliche Meldung an, dass zwar die Inzidenzen explodieren, die Pandemie aber vom Bundestag quasi für beendet erklärt wird. Dass dies mitnichten der Fall ist, werden amtierende wie künftige Verantwortliche nicht müde zu betonen, doch es verhallt im Kleingedruckten.
Die geschäftsführende Bundeskanzlerin, die sich seit Wochen weitgehend aus dem politischen Tagesgeschäft zurückgezogen hat, sah sich gezwungen, einzugreifen. Sie leierte eine neue Diskussionsrunde mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer an, sie rief die Spitzenleute der Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP zum Krisentreffen zusammen.
Politisches Vakuum zum schlechtesten Zeitpunkt
Das politische Vakuum zwischen alter und neuer Regierung kommt mit Blick auf die Pandemie zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Lockdown und Impfpflicht sind längst wieder gängige Schlagworte in der tagtäglichen Berichterstattung, doch aus Berlin ist nichts als dröhnendes Schweigen zu vernehmen.
Die Bundesländer nehmen es nun selbst in die Hand, wobei erneut klar wird, wie weit die Positionen der jeweiligen Landesregierungen mitunter auseinanderliegen. Während Bayern seine Weihnachtsmärkte kurzfristig komplett abgesagt hat, finden sie andernorts ohne jegliche Einschränkung statt. Es gilt mal 2G, mal 3G, mal 2G+, mal ist nur der Arbeitsplatz betroffen, mal auch der Einzelhandel, und wer die entsprechenden Vorgaben im öffentlichen Personennahverkehr kontrollieren und vor allem durchsetzen soll, bleibt schleierhaft.
Unternehmen sollen es ausbaden
Arbeitgeber stehen nun vor einem Dilemma, das vor allem den Mittelstand trifft: Sie sind von nun an angehalten, die 3G-Regeln umzusetzen, also sicherzustellen, dass ihre Beschäftigten geimpft, genesen oder frisch getestet den Dienst antreten. Dabei dürfen sie offiziell den Impfstatus nicht einmal abfragen, aus Datenschutzgründen war und ist ihnen das untersagt.
Tatsächlich könnten nun Rückschlüsse möglich werden, wenn sich jemand tagtäglich für die Arbeit „freitesten“ lässt, anstatt einen der anderen Nachweise zu erbringen – eine Grauzone, die auch auf Seiten der Arbeitnehmer auf Kritik stoßen dürfte.
Nachweise kaum kontrollierbar: Mittelständler hätten 2G bevorzugt
Zudem ist eine Kontrolle in einigen Branchen kaum handhabbar. So verweisen Arbeitgeber in diesem Zusammenhang unter anderem auf Nachtschichten, aber auch bei Solo-Selbständigen, deren Zahl seit Jahren stetig steigt, fehlt die Kontrollinstanz.
Aus Sicht der kleinen und mittelständischen Unternehmen wäre daher eine noch striktere Regelung nach dem 2G-Prinzip besser, weil leichter umsetzbar gewesen – wobei auch dann wieder das Problem mit dem Impfstatus und dem Datenschutz aufkommt. Weitere rechtliche Fragen beziehen sich etwa auf die Lohnfortzahlungsansprüche der Arbeitnehmer, wenn sie beispielsweise keinen Nachweis vorlegen können oder sich einem Test verweigern.
Mit heißer Nadel gestrickt
Gerade erst eingeführt, zeigt sich schon jetzt, dass diese Maßnahmen mit heißer Nadel gestrickt und kaum in der Praxis umsetzbar sind. Bis die Ampel-Koalition soweit ist, ihre Minister vereidigen zu lassen, dürfte die pandemische Lage im Land längst außer Kontrolle geraten sein.
Von einem entspannten Weihnachtsfest sind die Deutschen in diesem Jahr weiter entfernt denn je, allen Impfungen und warmen Versprechungen zum Trotz. Der Winter dürfte bitterkalt werden, und das nicht nur im meteorologischen Sinne.