Klimaziele in Gefahr: Altmaier rechnet mit steigendem Stromverbrauch

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Jahrzehntelang galt es als eine der obersten Prämissen des Umweltschutzes, wo immer möglich den Stromverbrauch zu reduzieren: Die Menschen sollten Energiesparlampen statt Glühbirnen verwenden oder das Licht gleich ganz ausschalten, Elektrogeräte nicht auf Standby laufen lassen und am besten bei jeder Gelegenheit den Stecker aus der Wand ziehen.

Und jetzt das: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier rechnet mit einem erheblich ansteigenden Energiebedarf im Laufe dieses Jahrzehnts. 2030 werde der bundesdeutsche Stromverbrauch rund 10 Prozent höher liegen als heute, rechnet der Minister vor. 655 Terawatt könnten Schätzungen zufolge benötigt werden, wenn beispielsweise mehr Haushalte auf nachhaltiges Heizen per Wärmepumpe setzen und die Zahl der Elektroautos wie geplant weiter zunimmt.

Altmaier mahnt Ausbau von Windparks und Stromtrassen an

Derzeit rollen rund 1 Million E-Autos über Deutschlands Straßen, im Jahr 2030 könnten es bereits 14 Millionen sein, so die Prognose – und die brauchen Strom. In Zeiten abgeschalteter Atomkraftwerke wird die Politik umso stärker der Versuchung widerstehen müssen, auf fossile Energieträger wie Braunkohle zu setzen und stattdessen nachhaltige Energiegewinnung weiter auszubauen.

In Sachen Offshore-Windparks oder Photovoltaik sieht Altmaier die Republik auf einem guten Weg. Der Bau von Windrädern an Land oder auch von Stromtrassen, die den grünen Strom von Nord nach Süd transportieren, geht demgegenüber eher schleppend voran. Die Verknüpfung von Energie- und Verkehrspolitik wird dementsprechend eine zentrale Herausforderung bilden in der Arbeit der künftigen Bundesregierung.

Corona-Effekt: Abkehr vom ÖPNV

Auch aus Sicht der Wähler hat das Thema Auto nach wie vor große Bedeutung: Einer aktuellen Allensbach-Studie zufolge hat sich im Zuge der Corona-Pandemie die individuelle Mobilität wieder verstärkt auf das Auto – oder auch das Fahrrad – verlagert. Öffentliche Verkehrsmittel wie Bus und Bahn wurden demgegenüber gemieden.

Diesem Trend gilt es zu begegnen, denn eine Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs gilt als wesentliches Element bei der mittelfristigen Erreichung der Klimaziele – und wird im Zweifelsfall auch von Gerichten überprüft. Erst vor wenigen Wochen erreichten Umweltaktivisten ein wegweisendes Grundsatzurteil, das bescheinigte, zu wenig ambitionierte Klimaziele der heutigen Politik beschränkten die Grundrechte jüngerer und künftiger Generationen. Nach der EU hat daraufhin auch die Bundesregierung ihre Zielvorgaben noch einmal nachgeschärft, Grenzwerte enger definiert oder Zeiträume zur Zielerreichung verkürzt.

Auf dem Papier liest sich all das gut, allerdings muss es nach der Bundestagswahl im September eben auch mit entsprechenden Aktivitäten umgesetzt werden.

USA: Zusatzsteuer für E-Auto-Fahrer

In den USA sollen Fahrer von Elektroautos neuerdings mit einer Zusatzsteuer belegt werden: Weil sie kein Benzin tanken, zahlen sie keine Kraftstoffabgaben, die in den Vereinigten Staaten beispielsweise für den Ausbau und die Instandhaltung der Straßen genutzt werden. Hier droht aus Sicht etlicher Bundesstaaten eine Finanzierungslücke sowie eine Ungerechtigkeit, wenn diejenigen, die sich ein E-Auto leisten können, künftig nicht mehr an der Finanzierung der Straßeninfrastruktur beteiligt wären.

Die Biden-Administration sieht die Vorstöße indes kritisch, will seine Regierung doch die Nutzung der Elektromobilität vorantreiben. Eine Sondersteuer könnte da auf viele Kunden eher abschreckend wirken.