Ist die US Notenbank wirklich unabhängig? Meine Kritik
In einem meiner letzten Artikel erläuterte ich Ihnen die Funktionsweise und Zusammensetzung der US-Notenbank, die für die Geldpolitik der USA zuständig ist.
Die dabei erwähnte offizielle Behauptung, die Federal Reserve (Fed) sei unabhängig, ist in der Praxis umstritten. Diese möchte ich heute für Sie stärker hinterfragen.
Ich meine, es ist so: während die Fed in vielen Aspekten zwar von der politischen Kontrolle durch die US-Regierung entkoppelt ist, ist die Vorstellung von vollständiger Unabhängigkeit problematisch. Hier sind meine Kritikpunkte:
Privateigentum der regionalen Fed-Banken
Ein wesentlicher Aspekt, der die Unabhängigkeit infrage stellt, ist, dass die regionalen Federal Reserve Banken private Institutionen sind, die Aktien besitzen und Dividenden erhalten. Diese privaten Banken haben Einfluss auf die Zusammensetzung des regionalen Fed-Gremiums. Auch wenn die Fed als Ganzes als öffentlich organisiert gilt, bleibt die Frage, wie viel Einfluss diese privaten Banken auf die Entscheidungen der Fed haben, insbesondere da sie als „Anteilseigner“ in einer privatrechtlichen Struktur agieren.
Politische Nominierung des Board of Governors
Zwar sind die Mitglieder des Board of Governors der Fed unabhängig und werden vom Präsidenten nominiert sowie vom Senat bestätigt, was theoretisch einen gewissen Schutz vor direkter politischer Einflussnahme bietet. Doch es gibt häufig politische Diskussionen und Druck auf die Fed, insbesondere wenn es um Entscheidungen wie Zinserhöhungen oder -senkungen geht, die unmittelbare wirtschaftliche Folgen haben. Der Präsident der Vereinigten Staaten kann beispielsweise den Vorsitzenden der Fed entlassen (auch wenn dies nur in extremen Fällen geschieht). Dies zeigt, dass die Fed nicht völlig unabhängig von politischer Einflussnahme ist.
Einfluss der politischen Agenda
Während die Fed nicht direkt von der US-Regierung gesteuert wird, ist sie nicht völlig isoliert von den politischen und wirtschaftlichen Interessen des Landes. In Krisenzeiten (z.B. während der Finanzkrise 2008 oder der Pandemie 2020) hat die Fed Maßnahmen ergriffen, die oft in enger Zusammenarbeit mit der Regierung stehen. Das zeigt, dass die Fed zwar unabhängig agieren kann, aber in realen politischen und wirtschaftlichen Krisensituationen nicht völlig autonom bleibt.
Vermischung von öffentlichem und privatem Interesse
Die Struktur der Fed, die sowohl öffentliche als auch private Elemente umfasst, schafft eine Komplexität, bei der nicht eindeutig zu trennen ist, welche Interessen bei der Entscheidungsfindung im Vordergrund stehen. Während die Fed offiziell im öffentlichen Interesse arbeitet, ist es fraglich, ob das Zusammenspiel von privaten Banken als Eigentümern und der staatlichen Aufsicht eine wirklich „unabhängige“ Geldpolitik ermöglicht.
Fazit: Die Unabhängigkeit der US-Zentralbank ist Wunschdenken
Die Darstellung der Fed als „unabhängige“ Institution könnte eine romantische Verklärung sein, die die mainstream-medien immer wieder gerne wiederholen. Das macht sie aber noch lange nicht zur Tatsache.
Die US-Notenbank und ihre Geldpolitik sind weder vor politischen noch vor privatem Einfluss (Stichwort Eigentümer) völlig sicher. Besonders die Tatsache, dass private Banken Aktienanteile besitzen und einen gewissen Einfluss auf die Fed-Struktur haben, macht eine vollständig unabhängige Funktionsweise äußerst fraglich.