EZB erhöht Zinsen in Abschwung hinein – mutig oder dumm?

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Das Wachstum in er Eurozone stagniert. Im ersten und zweiten Quartal 2023 ist die Wirtschaft der Eurozone nur noch um je 0,1 % gewachsen. Der Ausblick für die Wirtschaft bis Jahresende trübt sich weiter ein. 2023 ist bestenfalls ein Jahr der Stagnation.

EZB erhöht Zinsen in Abschwung hinein – mutig oder dumm?

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen dennoch anhebt, wie am vergangenen Donnerstag geschehen, ist daher mutig. Denn eine fortgesetzte Anhebung der Zinsen in eine Wachstumsschwäche hinein kann eine Rezession auslösen.

Gerade in Europa kommen höhere Zinsen schneller in der Wirtschaft an als in den USA. Denn hier sind die Kreditzinsen schnell gestiegen. Viele europäische Unternehmen sind auf Bankkredite angewiesen und sitzen nicht wie US-Firmen auf hohen Barreserven. Höhere Zinsen wirken sich deshalb nachteiliger auf das Wachstum aus als in Übersee.

Doch hohe Zinsen sind nicht das einzige Problem. Auch die Geldmenge wird reduziert, weil die EZB über das Ende von Langfristrefinanzierungsgeschäften schnell sehr viel Liquidität abziehen konnte. Über eine Billion EUR an Liquidität wurden so abgezogen. Liquidität, die nicht  nur dem Aktienmarkt, sondern auch der Realwirtschaft fehlt.

Liquiditätsentzug wird Abschwung verstärken

Nun droht der Wirtschaft durch den Liquiditätsentzug erneuter Gegenwind. Die jüngste Stabilisierung von Einkaufsmanagerindizes auf niedrigem Niveau im Rezessionsbereich ist nur wohl nur eine Verschnaufpause auf dem Weg nach unten gewesen.

Bislang konnte sich der DAX von dieser Entwicklung nach oben abkoppeln. Ob das auch zukünftig gelingen wird, bleibt abzuwarten. Dass Indizes nicht nur in Deutschland trotz Rezession in der Nähe der Allzeithochs stehen, ist ungewöhnlich.

Das ist nur dann nachvollziehbar, wenn ab 2024 wieder kräftiges Wachstum erwartet wird. Wo dieses herkommen soll, bleibt allerdings höchst fraglich. So dürfte der sich bald wieder beschleunigende Abschwung seinen Weg in die Kurse europäischer Aktien noch finden.

Warum die Zinserhöhung dennoch richtig war

Die EZB hat mit dem Zinsschritt dennoch richtig entschieden. Sie musste zuletzt ihre Inflationsprognose für 2023 und 2024 erneut anheben. Das zeigt, dass die Inflation in der Eurozone immer noch nicht unter Kontrolle ist.

Das letzte, was die Eurozone gebrauchen kann, ist ein erneutes Aufflammen der Inflation in den zweitseligen Bereich und eine Zentralbank, die dann entweder mit drastischen Zinserhöhungen reagieren muss oder ihren letzten Rest an Glaubwürdigkeit verspielt hat. Dann wäre sogar eine verheerende Hyperinflation nicht mehr auszuschließen. Gut, dass die EZB das kleinere Übel (höhere Zinsen und noch mehr Abschwung) gewählt hat.

Als Anleger suchen Sie sich aber besser Anlagen außerhalb der EuroZone, die dieses Problem (Stagflation) nicht haben.