Davos: Wirtschaftselite im Klimaschutzdilemma
Es ist soweit: Ab heute treffen sich die mächtigsten Konzernlenker der Welt zu ihrem alljährlichen Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. Doch dieses Jahr ist etwas anders.
So stark wie nie zuvor stehen Klimaschutzthemen im Vordergrund der Diskussionen. Bereits im Vorfeld zeichnete sich ab, dass langsam, aber sicher ein Umdenken einsetzt: Der politische Druck ist relativ überschaubar, der gesellschaftliche wird dafür umso stärker.
Klimaschutz prägt globale Agenda
Spätestens seit „Fridays for Future“ Woche für Woche zigtausende, vorwiegend junge Demonstranten auf die Straßen bringt und die Mächtigen in Politik und Wirtschaft auffordert, jahrelangen Lippenbekenntnissen nun auch Taten folgen zu lassen, ist das Thema Klima- und Umweltschutz von der öffentlichen Agenda nicht mehr wegzudenken.
Besonders dringlich wird es zudem, weil es sich um ein globales Problem handelt, das nicht nur einzelne Nationen betrifft, sondern den Planeten und somit die Menschheit insgesamt. Die Klimaziele, auf die sich die Staats- und Regierungschefs einst in Paris verständigt hatten, sind kaum einzuhalten, solange in den USA ein Donald Trump die Entscheidungen trifft.
Regionalinitiativen auch ohne Bundesvorgaben
Doch gerade in den USA ist auch der gegenläufige Trend erkennbar: Gerade weil weite Teile der Gesellschaft den Klimawandel als bedrohliches Szenario erkannt haben, bestehen zahlreiche private, kommunale oder regionale Initiativen, um zumindest einen Teil der in Paris vereinbarten Ziele auch ohne präsidiale Vorgaben einzuhalten.
Mehrere Bundesstaaten haben sich dazu verpflichtet, die Emissionsreduktionen einhalten zu wollen. Einzelne Vertreter der vermögenden Elite haben hohe Beträge für Klimaschutzzwecke gespendet. Auch Unternehmen schreiben sich zunehmend grüne Ziele auf die Fahnen.
Davos kommt an Klimadebatte nicht vorbei
Das macht sich auch in Davos bemerkbar: Klimaaktivistin Greta Thunberg, Initiatorin der „Fridays for Future“-Bewegung, darf in diesem Jahr selbst einige Worte direkt an die Konzernchefs richten. Auch in der Wirtschaftselite setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass nicht allein kurzfristige Gewinne, sondern auch langfristige Ziele stärker in den Fokus rücken sollten, um in einer global vernetzten und im wörtlichen wie im übertragenen Sinne klimasensiblen Welt auf Dauer bestehen zu können.
So hat etwa der Vermögensverwalter Blackrock kürzlich die Wirtschaftsbosse dazu aufgerufen, sich stärker um Klimaschutzziele zu bemühen. Unternehmen sollen eigene Ziele definieren und umsetzen, notfalls auch ohne durch politische Vorgaben dazu gezwungen zu werden – das wäre Neuland. Bislang tun sich Großkonzerne – insbesondere solche, die an der Börse notiert sind und deren Anleger von Quartal zu Quartal denken – schwer damit, sich selbst Grenzen aufzuerlegen oder Ziele zu setzen, die eine Abkehr vom bislang Gewohnten bedeuten.
Im gerade angebrochenen neuen Jahrzehnt wird ihnen kaum eine andere Wahl bleiben. Es ist schon nicht mehr sprichwörtlich fünf Minuten vor zwölf, sondern eher eine Minute vor zwölf, wenn die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad begrenzt werden soll. Jetzt ist entschiedenes Handeln gefragt, gerade weil in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig getan wurde.
Die katastrophalen Auswirkungen dieses Nichtstuns lassen sich zurzeit in Australien beobachten. Auch das dürfte mitschwingen bei den Debatten in Davos.