Corona im US-Wahlkampf: Fluch oder Segen für Trump?
Die Corona-Pandemie macht auch vor den USA nicht Halt, selbst wenn deren Präsident Donald Trump gerne etwas anderes glauben möchte.
Trump beschuldigt die üblichen Verdächtigen
Von Anfang an hielt der Präsident im Wahlkampfmodus die weltweite Aufregung für übertrieben, das Virus für halb so schlimm – und die Schuld für das Ganze sei ohnehin anderswo zu suchen. Da die Demokraten in diesem Fall nicht als Wurzel des Übels in Frage kamen, zielte Trump mit seinen Attacken eben auf seinen anderen Lieblings-Sündenbock: China.
Immer wieder sprach er von einem „chinesischen Virus“, warf der Volksrepublik Vertuschung vor und kritisierte die angeblich zu chinafreundliche Weltgesundheitsorganisation WHO. Zuletzt drohte die US-Administration gar damit, ihre Gelder für die WHO zu streichen, was inzwischen allerdings revidiert wurde.
Als Krisenmanager gibt Trump kein gutes Bild ab. In seiner schwarz-weißen Weltanschauung, in der sich noch jedes Problem im Zweifelsfall mit Geld lösen ließ, gibt es wenig Raum für Unwägbarkeiten und Eventualitäten, wie sie im Zuge der Pandemie alltäglich geworden sind. Weil das Virus so neu und noch wenig erforscht ist, weiß eben niemand so genau, wie es sich weiterentwickeln wird, das gilt für Politiker ebenso wie für Virologen.
Corona: Fluch und Segen im Wahljahr
Für Trump bedeutet die Krise im Wahljahr Fluch und Segen zugleich: Niemand spricht mehr über das Impeachment-Verfahren, das der Präsident mit Hilfe seiner getreuen republikanischen Gefolgschaft abwenden konnte. Niemand spricht mehr über den Wahlkampf der Demokraten, der nun vermehrt online und nicht mehr in großen Hallen stattfindet. Beides hilft Trump.
Doch auf der anderen Seite steht der wirtschaftliche Kollaps: Die US-Notenbank Federal Reserve rechnet mit einem Einbruch der US-Wirtschaftsleistung um bis zu 30 Prozent im laufenden Jahr. Die Arbeitslosenzahlen schnellen in atemberaubendem Tempo in die Höhe, von Woche zu Woche kommen Millionen neue Anträge auf Arbeitslosenhilfe hinzu.
Wirtschaftskollaps und Rekordarbeitslosigkeit
Die in den USA weitgehend fehlenden Sozialstandards, die in weiten Teilen Europas längst gang und gäbe sind, stürzen etliche US-Bürger in existenzielle Nöte, die von heute auf morgen ihren Job verlieren. In der Statistik werden sie nur bedingt berücksichtigt: Da viele von ihnen darauf hoffen dürfen, nach den Corona-Beschränkungen recht schnell wieder angestellt zu werden, gelten sie lediglich als „vorübergehend arbeitslos“. Wie lang dieser Zustand jedoch andauern wird, ist ungewiss – und könnte den Ausgang der Präsidentschaftswahl Anfang November maßgeblich beeinflussen.
Viel wird in den kommenden Monaten davon abhängen, wie stark der Wirtschaftseinbruch tatsächlich ausfällt und wie lange die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aufrechterhalten werden müssen – beziehungsweise ob eine erneute Infektionswelle droht, sobald die Beschränkungen gelockert werden.
Zwar rechnen nicht wenige Ökonomen mit einem rasanten Aufschwung bereits im nächsten oder übernächsten Jahr, doch die Zeit bis dahin muss erst einmal überstanden werden.