Bundestagswahl 2021: Mysterium der Merkel-Nachfolge

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Das Jahr 2020 ist ein Einschnitt: Die Corona-Pandemie hat die Weltgemeinschaft vor ungekannte Herausforderungen gestellt und einen kollektiven wirtschaftlichen Kollaps ausgelöst, wie es ihn in Friedenszeiten bislang nicht zu beobachten gab.

Doch auch das Jahr 2021 wird zu einer Zäsur. Bei der für September kommenden Jahres geplanten Bundestagswahl wird die international geschätzte und vielfach erprobte Krisenmanagerin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, von der politischen Bühne abtreten. Nach sechzehnjähriger Amtszeit räumt sie das Kanzleramt und macht Platz für einen Nachfolger.

Wer das sein könnte, darüber wird in Unionskreisen noch heftig spekuliert. Merkels Wunschkandidatin, Annegret Kramp-Karrenbauer, ist nach kurzer Zeit im Parteivorsitz praktisch nur noch kommissarisch im Amt. Eigentlich sollte schon im Frühjahr ein Nachfolger gewählt werden, der dann auch als „natürlicher“ Kanzlerkandidat gehandelt wird – doch dann kam bekanntlich Corona dazwischen.

Söder kann sich zurücklehnen – keine Konkurrenz

Der entscheidende Parteitag ist nun für Dezember angesetzt. Es kandidieren drei Männer aus Nordrhein-Westfalen – schon das setzt einen Kontrastpunkt zur ostdeutschen Merkel. Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen hoffen auf den CDU-Vorsitz, wobei Letzterem kaum Chancen ausgerechnet werden. Laschet wiederum, der sich im Gegensatz zu den beiden anderen im Laufe der Pandemie häufig öffentlich präsentieren kann, tut dies bisweilen recht ungeschickt, sodass seine Auftritte ihn zum Teil eher demontieren, als dass er von seiner Präsenz profitieren könnte. Merz meldet sich immer wieder über Interviews zu Wort, spielt aber insgesamt auch eine untergeordnete Rolle.

Keiner der drei Kandidaten sticht heraus oder empfiehlt sich in irgendeiner Weise besonders deutlich für den Parteivorsitz, geschweige denn für die Kanzlerkandidatur. Für die Merkel-Nachfolge an der Spitze der Bundesregierung wird daher längst ein Name aus Bayern gehandelt: Markus Söder. Der ziert sich zwar bislang, kann sich aber getrost Zeit lassen, denn akut von Konkurrenz bedroht wäre eine Kanzlerkandidatur unionsintern bislang kaum.

Scholz als letztes GroKo-Opfer?

Beim Koalitionspartner SPD hingegen ist man nun vorgeprescht und hat den amtierenden Finanzminister Olaf Scholz zum Kandidaten auserkoren – ausgerechnet den Mann, dem die Partei erst im vergangenen Jahr nicht einmal den Parteivorsitz zutrauen wollte. Scholz steht wie kaum ein anderer in der SPD für die Agenda-Politik Schröders und die Große Koalition Merkels – genau jene politischen Projekte also, von denen sich die SPD-Basis dringend distanzieren möchte, wie sie mit der Wahl einer eher linken Parteispitze deutlich gemacht hat.

Gut möglich also, dass Scholz ein letztes Bauernopfer ist, ehe sich die SPD in die Opposition zurückzieht und sich von Grund auf neu positioniert – es täte ihr gut nach so vielen Jahren in der GroKo.

Erstmals grüne Kanzlerkandidatur?

Den Transformationsprozess weit vorangetrieben haben unterdessen die Grünen. Ihre Regierungsbeteiligung im kommenden Jahr wird immer wahrscheinlicher, auch die Öko-Partei wird wohl erstmals nicht umhinkommen, einen eigenen Kanzlerkandidaten (oder Kandidatin) zu benennen. Ein rot-rot-grünes Bündnis, wie es der SPD-Spitze zuletzt vorschwebte, steht aber bei den Grünen schon länger nicht mehr ganz oben auf der Wunschliste.

Stattdessen hat man sich in den vergangenen Jahren, auch durch entsprechende Bündnisse auf Länderebene, zu fast allen Seiten geöffnet. Eine schwarz-grüne Koalition erscheint, aus heutiger Sicht, nach der Bundestagswahl sehr wahrscheinlich. Ob es zu zweit reicht oder noch ein dritter Partner mit an Bord muss, sei es nun die SPD oder die FDP, wird sich noch zeigen.