Bundesnetzagentur stoppt Zertifizierung für Nord Stream 2
Es ist ein erneuter Rückschlag für ein umstrittenes Infrastrukturprojekt: Die Bundesnetzagentur hat die Zertifizierung für die Ostseepipeline Nord Stream 2 vorerst auf Eis gelegt.
Betreiber-AG braucht eine deutsche Tochtergesellschaft
Ehe das Verfahren fortgesetzt werden kann, muss demnach die Betreiberfirma nach deutschem Recht organisiert werden, hieß es zur Begründung von Seiten der Behörde. Eine Inbetriebnahme ohne eine entsprechende Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur ist nicht zulässig und würde mit hohen Bußgeldern einhergehen.
Betreiberin der Pipeline, die Gas von Russland aus durch die Ostsee nach Norddeutschland transportieren soll, ist die in der Schweiz ansässige Nord Stream 2 AG, hinter der wiederum der russische Energieriese Gazprom steht. Um den formaljuristischen Anforderungen der Bundesnetzagentur gerecht zu werden, will die Betreibergesellschaft nun eine Tochtergesellschaft nach deutschem Recht gründen, der das deutsche Teilstück der Pipeline überschrieben wird. Diese Tochtergesellschaft wäre dann Eigentümerin und Betreiberin des deutschen Teils der Pipeline.
Bremsklötze aus Brüssel?
Bis dieser Transfer von Personal, Vermögenswerten und Rechten an die neu zu gründende deutsche Tochter vollzogen ist, bleibt das Zertifizierungsverfahren ausgesetzt. Doch auch nach dessen Wiederaufnahme zieht sich das weitere Verfahren noch über etliche Monate hin, denn neben der Bundesnetzagentur hat auch die EU-Kommission noch ein Wörtchen mitzureden bei der endgültigen Genehmigung der Inbetriebnahme.
Aus Brüssel wiederum könnten weitere Bremsklötze dem Start des Pipelinebetriebs in den Weg geworfen werden, denn außer Deutschland steht kaum jemand in Europa hinter dem Projekt. Auch die US-Administration unter Präsident Joe Biden hat bereits Druck gemacht.
Kritiker fürchten starke Abhängigkeit von Russland
Eine vielzitierte Befürchtung lautet, Deutschland und Europa mache sich mit der Pipeline zu abhängig von Russland und seinen Gaslieferungen. Zudem fürchtet die Ukraine, die wegen der Annexion der Krim durch Russland seit Jahren im Konflikt mit Moskau steht, um wertvolle Einnahmen – denn wenn das Gas nicht mehr durch die Ukraine geleitet wird, sondern durch die Ostsee strömt, entgehen der Staatskasse die Transitgebühren.
Von Anfang an hatte Nord Stream 2 wenige Fans und viele Gegner. Immer wieder wurde der Bau unterbrochen, erst vor wenigen Wochen konnten die letzten Rohre verlegt und die Pipeline fertiggestellt werden. Von einer Inbetriebnahme ist man jedoch noch weit entfernt, wie die aktuelle Verfahrensaussetzung der Bundesnetzagentur unterstreicht.
Reaktion der Rohstoffmärkte: Gaspreis schnellt ruckartig in die Höhe
Unterdessen reagieren die Rohstoffmärkte empfindlich. Der Gaspreis, der seit Beginn des Jahres ohnehin schon immens in die Höhe geschnellt ist, schoss nach der Meldung am Dienstag erneut in die Höhe. Zeitweise kosteten Gaslieferungen mit Termin für Dezember rund 10 Prozent mehr als am Vorabend.
Bereits seit Monaten machen steigende Energiekosten, die sowohl Gas als auch Öl betreffen, Unternehmen wie privaten Verbrauchern zu schaffen. Der bevorstehende Winter, der laut Prognosen von Meteorologen in Europa besonders kalt ausfallen könnte, dürfte die Lage zusätzlich verschärfen.