Bahn erhöht Ticketpreise – EVG will nachverhandeln
Alle Jahre wieder steht bei der Deutschen Bahn im Dezember der Fahrplanwechsel an – und alle Jahre wieder wird die Gelegenheit genutzt, um an der Preisschraube zu drehen.
So auch diesmal: Ticketpreise im Fernverkehr steigen demnach um durchschnittlich 1,9 Prozent. Die Bahncard, erhältlich in den Varianten 100, 50 und 25 – je nach gewährtem Preisnachlass auf gekaufte Tickets –, war in den vergangenen sieben Jahren von Preiserhöhungen verschont geblieben. Künftig müssen Kunden jedoch 2,9 Prozent mehr für ihr Abo bezahlen. Preise für Sitzplatzreservierungen bleiben mit 4 Euro in der zweiten und 5,30 Euro in der ersten Klasse weiterhin unangetastet.
Flexibles Reisen wird (noch) teurer
Aus Verbrauchersicht besonders ärgerlich: Die ohnehin teuren sogenannten Flexpreise steigen ebenfalls um durchschnittlich 2,9 Prozent. Den Flexpreis bezahlt, wer ohne Vorausplanung oder Zugbindung spontan in einen Zug einsteigt. Günstigere Tickets sind oftmals an konkrete Zugverbindungen geknüpft und müssen dementsprechend vorab verbindlich gebucht werden.
Die Bahn verweist darauf, dass die aktuellen Preissteigerungen weit unterhalb der Inflationsrate lägen – was einerseits stimmt, andererseits aber wohl vor allem daran liegt, dass die Inflation in diesem Jahr nach pandemiebedingten Basiseffekten des Vorjahres besonders drastisch ausfällt.
Bahn ist wesentlicher Bestandteil bei Verkehrswende
Kunden und Umweltschützer kritisieren die Teuerungspläne. Immerhin ist die Bahn wesentlicher Bestandteil der angestrebten Verkehrswende zugunsten des Klimaschutzbeitrags, den Deutschland vertraglich zugesichert hat. Dabei ist der Ruf der Bahn nicht der beste: Sie gilt als chronisch unpünktlich, überfüllt und kostspielig.
Tatsächlich wird für manch innerdeutsche Fernverkehrsstrecke auf der Schiene ein höherer Preis verlangt als bei günstigen Airlines, und das bei erheblich längerer Fahrtzeit. Autofahren ist nicht nur zeitlich flexibler, sondern oftmals auch günstiger – und das trotz steigender Spritpreise. Denn während zwei Erwachsene sich den Gesamtpreis beim Auto teilen und somit die Hälfte einsparen, zahlen sie für zwei Tickets bei der Bahn unterm Strich doppelt. Eine neue Tarifgestaltung, die auch attraktive Gruppentarife bereithält, ist längst überfällig.
Bahn braucht Geld für Infrastruktur und Personal
Dabei ist unbestritten, dass die Bahn dringend Geld braucht. Für den Ausbau der Schieneninfrastruktur beispielsweise, aber auch für Instandhaltung und Modernisierung der Flotte – nicht nur im Personen-, sondern auch im Güterverkehr. Mehr Fracht von der Straße auf die Schiene zu bringen, ist ein weiteres erklärtes Ziel der Bundesregierung, das bis 2030 erreicht werden soll. Stattdessen aber stagniert der Anteil des Güterverkehrs, der per Zug transportiert wird, seit Jahren bei 19 Prozent.
Begehrlichkeiten gibt es aber auch in der Belegschaft. Nach monatelangen Verhandlungen und mehreren Streikrunden hat die Bahn mit der Lokführergewerkschaft GDL kürzlich einen Tarifabschluss erzielt. Dieser geht über den vor einem Jahr geschlossenen Vertrag mit der konkurrierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hinaus, was diese nun wiederum veranlasst, Nachverhandlungen zu fordern.
EVG will nachverhandeln – Regierung muss langfristige Lösung finden
Sollte die Bahn dem Anliegen nicht zustimmen, droht die EVG mit einseitiger Aufkündigung des bestehenden Vertrags. Neue Streiks wären dann möglich, sehr zum Ärger von Kunden und Management.
Es kann jedoch langfristig keine Lösung sein, die erforderlichen Mehrkosten für Personal, Infrastruktur und engere Fahrplantaktung allein den Kunden über jährliche Preissteigerungen aufzubürden. Die neue Bundesregierung, in welcher politisch-farblichen Zusammensetzung auch immer, ist dringend gefragt, ein umfassendes Konzept zur Verkehrswende zu erarbeiten, das zwingend auch langfristige Finanzierungsgarantien für den Ausbau und die Modernisierung der Deutschen Bahn beinhalten muss.
Anders ist eine nachhaltige Verkehrswende im gerade begonnenen Jahrzehnt nicht zu schaffen.