Wirtschaftsweise pessimistisch: 2022 wird kein gutes Jahr

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Nach zwei Jahren Pandemie hatten viele für dieses Jahr auf eine wirtschaftliche Erholung gehofft. Doch bisher bringt 2022 vor allem Hiobsbotschaften hervor. Just in dieser Woche kamen einige neue hinzu.

Wirtschaftsweise dampfen Wachstumsprognose ein

So hat der Sachverständigenrat der Bundesregierung – besser bekannt als die Wirtschaftsweisen – nun offiziell seine Konjunkturprognose nach unten korrigiert, und zwar drastisch. Im November hatten die Experten noch mit einem Wirtschaftswachstum für 2022 von 4,6 Prozent gerechnet, nun gehen sie lediglich von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,8 Prozent aus.

Damit liegt die Schätzung der Wirtschaftsweisen noch unter den jüngsten Prognosen verschiedener Wirtschaftsforschungsinstitute, die zuletzt ebenfalls den Ausblick für das diesjährige Wachstum absenkten. So rechnet das Münchener Ifo-Institut mit einem Wachstum zwischen 2,2 und 3,1 Prozent. Etwas pessimistischer, aber immer noch zuversichtlicher als der Sachverständigenrat positionierte sich das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), das die Prognose nun bei 2,1 Prozent sieht.

Abhängigkeit von Russland birgt Risiken für deutsche Wirtschaft

Nach Einschätzung der Wirtschafsweisen liegt ein besonders hohes Risiko für die deutsche Volkswirtschaft in der starken Abhängigkeit von russischen Rohstoffimporten. Hier müsse die Bundesregierung dringend umsteuern, so der Appell von Seiten des Gremiums. Doch damit rennt man in Berlin offene Türen ein: Just in dieser Woche hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Frühwarnstufe im nationalen Gas-Notfallplan ausgerufen. Dabei handelt es sich um die erste von drei Stufen, die unter anderem die Bildung eines Krisengremiums vorsieht, das die Lage fortan täglich beobachtet und bewertet.

Neben einem Aufruf zum Energiesparen an Privathaushalte und Unternehmen werden zudem Szenarien vorbereitet, wie Deutschland auf einen möglichen Stopp russischer Gaslieferungen reagieren würde. Dabei geht es nicht zuletzt um die Priorisierung: Wem wird zuerst die Energiezufuhr abgedreht und welche Folgen hätte das konkret?

Inflation von 6,1 Prozent befürchtet

Bis zum Herbst hofft die Regierung, bereits deutlich unabhängiger von Russland aufgestellt zu sein, etwa durch anderweitige Lieferverträge. Doch sollte Putin seinerseits die Lieferungen kurzfristig einstellen, wäre dies ein schwerer Schlag für die deutsche Wirtschaftsentwicklung. Das Risiko, in diesem Fall in eine Rezession abzurutschen, stufen die Wirtschaftsweisen als hoch ein.

Eine alarmierende Prognose gab das Expertengremium auch im Hinblick auf die Inflationsrate ab: Hatte man zuvor lediglich mit einer Teuerung um 2,6 Prozent im laufenden Jahr gerechnet, gehen die Wirtschaftsweisen nun von einer Inflationsrate von 6,1 Prozent für 2022 aus und teilen damit die Einschätzung des Münchener Ifo-Instituts.

Inflation steigt im März auf höchsten Wert seit 40 Jahren

Tatsächlich lag die Inflation im März mit 7,3 Prozent in Deutschland so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. Angetrieben wird sie vor allem durch die stark gestiegenen Energiepreise, die seit Beginn des Ukraine-Krieges noch einmal dramatisch in die Höhe geschnellt sind. Weil von höheren Energiepreisen aber auch zahlreiche Wirtschaftszweige betroffen sind, steigen auch die Preise für Konsumgüter und Nahrungsmittel – die reale Kaufkraft bricht immer stärker ein.

Das betrifft nicht nur deutsche Verbraucher. Für den gesamten Euroraum wird nach 5,9 Prozent Inflation im Februar nun für März ein Wert von 6,6 Prozent erwartet. Eigentlich verfolgt die Europäische Zentralbank (EZB) das langfristige Ziel einer Teuerungsrate von 2 Prozent, in Deutschland liegt sie nun zum elften Mal in Folge deutlich darüber.

Forderung nach Zinswende wird lauter: Wann handelt die EZB?

Umso lauter werden die Forderungen aus verschiedenen Ländern der Währungsgemeinschaft, wonach die EZB nun endlich handeln solle. Eine Straffung der Geldpolitik wird angemahnt, eine zügige Zinswende, möglicherweise auch zwei Zinsschritte im laufenden Jahr wurden schon angeregt.

Im Gegensatz zur Federal Reserve – ihrem US-Pendant – gab sich die EZB in den vergangenen Monaten zurückhaltend, was eine Straffung der Geldpolitik oder gar eine Abkehr von der Nullzinspolitik angeht. Monatelang hatte man die steigenden Inflationsraten für ein vorübergehendes, eher kurzfristiges Phänomen gehalten.

Wirtschaftsweise warnen vor Lohn-Preis-Spirale

Spätestens mit dem Krieg in der Ukraine und seinen wirtschaftlichen Folgen dürfte nun aber auch in der EZB allmählich die Erkenntnis reifen, dass es angebracht wäre, mit geldpolitischen Mitteln einzuschreiten. Immerhin ist die Preisstabilisierung eine der wesentlichsten Kernaufgaben der Zentralbank.

Die Wirtschaftsweisen warnen in ihrer jüngsten Stellungnahme ausdrücklich vor einer möglichen Lohn-Preis-Spirale, sollte sich die Inflationsdynamik nicht bald entschärfen.