Inflation steigt im Februar erneut
Das Schreckgespenst der Inflation geistert am Parkett umher und gruselt die Anleger. Gerade die Deutschen gelten als besonders anfällig für gesteigerte Inflationsangst – die Erfahrungen der älteren Generationen während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben dazu maßgeblich beigetragen und werden immer noch weitergegeben.
Steigende Preise waren erwartet worden
Tatsächlich stieg die Inflationsrate im Februar um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat und verzeichnete damit den stärksten Anstieg seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Bereits im Januar hatte das Statistische Bundesamt ein Inflationsplus von 1 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum vom Vorjahr registriert. Höher war die Inflationsrate zuletzt mit 1,4 Prozent im März 2020 angestiegen, kurz vor dem Beginn des ersten umfassenden Lockdowns, der zu einer Vollbremsung der Wirtschaft in Deutschland und weiten Teilen der Welt geführt hat.
Am Parkett reagierten Anleger nervös, der Dax beendete seine Rekordjagd und verzeichnete in der vergangenen Woche ein volatiles Auf und Ab. Zum Wochenauftakt zeigten sich die Anleger zuversichtlich: Der Dax ging am Montag mit einem leichten Aufschlag aus dem Handel und übersprang kurz vor dem Schlussgong doch noch erneut die Marke von 14.000 Zählern.
Ökonomen hatten den Preisanstieg zum Jahreswechsel bereits erwartet: Die zeitweise abgesenkte Mehrwertsteuer kehrte auf ihr vorheriges Niveau von 19 Prozent zurück, eine neue CO2-Abgabe ließ die Energiekosten steigen und die Aussicht auf eine anziehende globale Konjunkturentwicklung sorgte darüber hinaus für einen Preisanstieg am Rohölmarkt. Der Inflationsschock kam also mit Ansage und damit nur halb so schockierend.
Der neuerliche Preisanstieg im Februar ist ebenfalls zum Teil auf steigende Energiepreise zurückzuführen, aber auch Lebensmittel verteuerten sich im Vergleich zum Vorjahr. Das Ende der Fahnenstange dürfte damit allerdings noch nicht erreicht sein.
Weitere Teuerung – vor allem im zweiten Halbjahr
Beobachter rechnen mit einer weiter anziehenden Inflation, die vor allem im zweiten Halbjahr auch die Marke von 2 Prozent überspringen und eher in Richtung 3 Prozent tendieren dürfte. Hier macht sich der Basiseffekt bemerkbar: Weil im zweiten Halbjahr 2020 die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent abgesenkt wurde, werden die Verbraucherpreise allein schon deswegen im zweiten Halbjahr 2021 im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat spürbar höher ausfallen.
Zudem rechnen einige Ökonomen mit Nachholeffekten beim Konsum: Zwar stiegen auch die Tariflöhne im vergangenen Jahr unterdurchschnittlich, durch die geringe Inflation machten viele Beschäftigte unterm Strich dennoch ein Plus. Wer von den wirtschaftlichen Einbußen nicht oder wenig betroffen war, konnte zudem Geld auf die hohe Kante legen – Ausgaben für Restaurantbesuche, Shoppingtouren, Kurztrips oder ausgedehnte Urlaube fielen überwiegend weg.
Keine Angst vor Inflation
Nun, da die Politik über Öffnungsperspektiven auch für Einzelhandel und Teile der Gastronomie diskutiert und sich bei steigenden Testquoten, Impfraten und Temperaturen zumindest die Außenterrassen wohl bald wieder füllen dürften, wird wohl ein großer Nachholbedarf bestehen, was den Freizeitkonsum angeht. Nach Monaten mit teils herben Einnahmeausfällen wird da so mancher Einzelhändler oder Gastronom voraussichtlich ein wenig an der Preisschraube drehen, um zumindest ein bisschen Boden gutzumachen.
Dementsprechend ist in den kommenden Monaten weiterhin mit steigenden Inflationszahlen zu rechnen, die in der zweiten Jahreshälfte noch einmal einen kräftigen Sprung nach oben machen dürften – doch Börsenexperten beschwichtigen: Der Wirtschaft geht es noch viel zu schlecht, als dass die Notenbanken schon jetzt an der Zinsschraube drehen würden.
Unsicherheitsfaktor Pandemie
Stattdessen rechnet eine Mehrheit damit, dass die Inflationskurve im kommenden Jahr wieder abflacht und sich anschließend normalisiert, vorausgesetzt, die Pandemiebekämpfung verläuft in diesem Jahr wie erhofft und bis zum Jahresende kann eine hinreichend hohe Anzahl an Personen erfolgreich gegen das Coronavirus und seine Varianten geimpft werden.
So gesehen erscheint die Entwicklung der Inflation derzeit wesentlich vorhersehbarer als die Entwicklung der Pandemie, die somit bis auf Weiteres das gruseligere Schreckgespenst am Parkett bleiben wird.