Platzt die Nachhaltigkeitsblase? Wie Sie sich vor Verlusten schützen.
Ein Ergebnis der Weltklimakonferenz in Glasgow ist, dass sich die Weltgemeinschaft erstmals zum Kohleausstieg bekennt. Die Finanzwelt setzte bereits in der Vorwoche des Gipfels diesbezüglich einen Paukenschlag, als der ABP, der 528 Milliarden Euro schwere und damit größte Pensionsfonds der Europäischen Union, mitteilte, sich von seinen Anlagen in Firmen auf dem Öl-, Gas- und Kohlegeschäft zu trennen. Dabei geht es um 80 Beteiligungen mit einem Volumen von 15 Milliarden Euro.
Nachhaltige Investments liegen aktuell nicht nur bei ABP im Trend und sind natürlich auch empfehlenswert. Leider lauern jedoch auch Gefahren, die Sie kennen sollten, um Verluste zu vermeiden.
Radikaler Wandel dringend erforderlich
ABP-Chefin Corien Wortmann erläutert auf tagesschau.de die neue Anlagestrategie. Nicht nachhaltige Beteiligungen, wie zum Beispiel die an Royal Shell, sollen bis zum ersten Quartal 2023 verkauft sein. Gleichzeitig sollen die Investitionen in Erneuerbare Energien aufgebaut werden, ohne einen Renditeverlust hinnehmen zu müssen. Der „radikale Wandel“ in der Anlagestrategie des Pensionsfonds sei notwendig, heißt es weiter. Die globalen Temperaturen stiegen wegen des Klimawandels innerhalb von sieben Jahren um 1,5 Grad an. Die langfristigen Ersparnisse der Rentensysteme gelte es vor der Bedrohung dieses Wandels zu schützen, wird Wortmann auf tagesschau.de zitiert. Einen anderen Weg, „die notwendige Energiewende bei diesen Unternehmen voranzutreiben“, sehe sie derzeit nicht.
Den Startschuss für mehr nachhaltige Investments gab es bereits vor sechs Jahren. Im Juni 2015 verkündete der norwegische Pensionsfonds, sich von Beteiligungen an Unternehmen zu trennen, in denen entweder mehr als 30 Prozent des Umsatzes oder des benötigten Stroms mithilfe von Kohle erzeugt wird. Das entsprach damals einem Volumen von vier Milliarden Euro und auf die Ansage folgten Taten. Seitdem hat der Ölfonds den Rückzug aus nicht nachhaltigen Investments stetig weiter ausgebaut.
Große Versicherungen, wie die Allianz, die Münchener Rück sowie die Axa distanzieren sich ebenfalls mehr und mehr von Kohleinvestitionen.
Was ein Blick hinter die Kulissen zeigt
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde die Finanzwelt einiges fürs Klima tun. Ein zweiter Blick bringt jedoch die Ernüchterung. Klimaaktivisten zweifeln am Nutzen, weil Kohleförderer und Betreibern von Kohlekraftwerken noch genügend Banken als Finanzierer hätten.
Zudem sind nachhaltige Investitionen in vielen Fällen nicht so nachhaltig wie sie eigentlich sein sollten. Laut tagesschau.de zeigt eine Untersuchung der gemeinnützigen Organisation Carbon Disclosure Project, dass nur weniger als 0,5 Prozent der untersuchten 16.500 Aktien- und Unternehmensanleihefonds aus Europa, Asien und den USA, die zusammen rund 27 Billionen Dollar verwalten, in Firmen investieren, die sich dem Pariser Zwei-Grad-Ziel verpflichtet haben. Darüber hinaus stehen immer mehr Unternehmen in der Kritik, „Greenwashing“ zu betreiben. Sie arbeiten, oft auch aus Unwissenheit, weniger nachhaltig als sie vorgeben.
Trotz der Probleme ist die Nachfrage an nachhaltigen Investments groß und gerade das könnte für Sie als Anlegerin oder Anleger zum Problem werden. Einige Experten warnen bereits vor dem Entstehen einer gefährlichen Blase. Die hohen Mittelzuflüsse in nachhaltige Fonds haben die Kurse nach oben katapultiert. Der Effekt sei vergleichbar mit dem Aufstieg einer Aktie in einen neuen Index, sagt Peter Seppelfricke von der Hochschule Osnabrück auf tagesschau.de. Die Indexaufnahme erzeuge ebenfalls einen Kaufdruck und lasse den Kurs steigen.
Laut Seppelfricke steht es außer Frage, dass die „Nachhaltigkeitblase“ platzen wird, unter anderem weil der Wertzuwachs der Fonds vor allem von überwiegend unerfahrenen und deshalb unkritischen Investoren befeuert wird.