Der Krypto-Kriminalfall Envion!
- Envion AG: Schwere Vorwürfe gegen den Liquidator
- Offener Konflikt: Gründer versus Liquidator
- Kritikpunkt: Verursachung unnötiger Kosten
- Die Vorgeschichte der Envion AG von Aufstieg und Fall
- Der Zusammenbruch der Envion AG führt zu staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren
- Mein Fazit: Gerichte werden entscheiden müssen – Envion-Investoren werden die großen Verlierer bleiben
Die Envion AG war ein 2017 gegründetes Unternehmen mit Sitz im Schweizer Kanton Zug, das mit selbstgebauten, mobilen Mining Rigs Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether gewinnen wollte. Die Mining Rigs sollten in Standard-Container montiert werden, um sie direkt neben Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie zu betreiben. Im Krypto-Boomjahr 2017 investierten Anleger Millionen in das ICO (Initial Coin Offering) von Envion und den Envion Token EVN.
Das vorläufige Ende der Geschichte war das spektakuläre Scheitern des Projektes unter hochdubiosen Umständen, verbunden mit gigantischen Verlusten der Envion-Investoren. Von NAÏMA Strategic Legal Services GmbH kommt zu den spektakulären Vorgängen aktuell eine Presseaussendung, die sich wie ein regelrechter Krypto-Krimi liest. Nachfolgend die entsprechenden Ausführungen:
Envion AG: Schwere Vorwürfe gegen den Liquidator
Der eingesetzte Liquidator der Envion AG (Baar, Kanton Zug), Pablo Duc (Wenger Plattner) sieht sich schwerer Kritik an seiner Amtsführung ausgesetzt. Investoren und die Gründer der Envion AG kritisieren explodierende und vermeidbare Kosten der Liquidation zu Lasten der Anleger. Eine große Anzahl derjenigen, die sich aus der Masse der 37.000 geschädigten Investoren bei der Liquidation angemeldet hatten, fordert vom Schweizer Liquidationsgericht nun eine strengere Aufsicht über Liquidator Pablo Duc.
Die Investoren verweisen auf die enormen Kosten, die der Liquidator der Envion AG in seinen Berichten geltend macht. Sie betragen inzwischen rund 2 Mio. CHF. Davon gingen ganze 1,021 Mio. CHF an den Konkursverwalter selbst. Allein die nach Ansicht der Investoren vermeidbaren Negativzinsen bei der Bank, bei der der Insolvenzverwalter die Investorengelder verwahrt, betrugen 640.062,45 CHF (Stand 1.3.2021). Insgesamt kalkuliert der Liquidator mit Kosten von 8,2 Millionen CHF.
Offener Konflikt: Gründer versus Liquidator
“Die hohen Liquidationskosten von Pablo Duc sind für uns nicht nachvollziehbar. Envion hat so gut wie keine operative Tätigkeit entfaltet, weil Ex-CEO Matthias Woestmann sie unmittelbar nach dem ICO gestoppt hat. Eigentlich muss der Liquidator nur die Investoren mit ihrem Investment abwickeln. Das könnte schnell und kostengünstig erfolgen”, sagte Michael Luckow, Sprecher der Gründergruppe von Envion.
Laut Michael Luckow hätte Liquidator Pablo Duc nur die Dienstleister, die damals von der Envion für die Abwicklung der Transaktionen mit den Investoren beauftragt waren, kontaktieren müssen. Diese Dienstleister verfügen über das Know-how, die notwendigen Informationen aufzubereiten. Nach Einschätzung der Gründer hätte das maximal ein Zehntel der vom Liquidator angepeilten Summe gekostet.
Die Gründer boten dem Liquidator sogar an, bei der Einbindung der ehemaligen Envion-Dienstleister zu helfen, damit sie die technische Infrastruktur (Datenbanken etc.) für eine schnelle, kostengünstige Liquidation bereitstellen. Der Liquidator hat dieses Angebot nie angenommen – zum Schaden der Investoren.
Kritikpunkt: Verursachung unnötiger Kosten
Stattdessen beauftragte der Liquidator externe Unternehmen, die ihm die Anleger-Informationen aufbereiten und die dazu notwendige Software, die großenteils bereits existiert, erstellen sollen. Für die geschädigten Investoren ein teures und langwieriges Unterfangen. Zudem führt Liquidator teure und unnötige Gerichtsverfahren. In einem dieser Verfahren ließ der Liquidator in den letzten Tagen ohne erkennbaren Sinn Euro in Kryptowährungen (sogenannte Stable Coins) tauschen, wobei Kosten in Höhe von circa 100.000 EUR anfielen.
Sollte irgendwann einmal eine Auszahlung an die Investoren erfolgen, muss Liquidator Pablo Duc diese Beträge wieder zurückwechseln, wodurch erneut Kosten in ähnlicher Höhe zu erwarten sind. “Das ist sinnlose Geldverbrennung. Der Liquidator hätte die Beträge ohne Kursrisiko in Euro akzeptieren können. Stable Coins sind dem Risiko des Werteverfalls ausgesetzt. Es gibt also nur downside, kein upside, weil die Stable Coins im Wert nicht steigen können”, so Michael Luckow.
Die Vorgeschichte der Envion AG von Aufstieg und Fall
Die Envion AG hatte im Zuge eines ICO (Initial Coin Offering) bis Januar 2018 rund 100 Mio. USD eingesammelt, um Mobile Mining Units für das Schürfen (“mining”) von Kryptowährung zu konstruieren. Envion wollte diese Mobile Mining Units an Orte mit Überkapazitäten an günstiger und erneuerbarer Energie verlegen, um so die Margen beim Mining zu erhöhen. Diese Idee überzeugte rund 37.000 Investoren aus aller Welt.
Um strategische Beziehungen zu Energieunternehmen herzustellen, bauten die Gründer auf den Ex-Journalisten und Investor Matthias Woestmann, der vorgab, ein gutes Netzwerk im Energiebereich zu haben. Er sollte im Auftrag der Gründer als CEO der Envion AG das Unternehmen im Crypto Valley des Schweizer Kantons Zug aufsetzen.
Doch stattdessen brachte Woestmann in kollusiver Zusammenarbeit mit seinem befreundeten Berliner Anwalt Thomas von Aubel das Gründerteam über eine illegale Kapitalerhöhung um die Mehrheit an ihrem Unternehmen. Die Mehrheit der Aktien lag nach der illegalen Kapitalerhöhung nun bei Rechtsanwalt Thomas van Aubel und seiner Ehefrau Jutta von Falkenhausen, die über die Vermögensverwaltungsgesellschaft Sycamore GmbH 61,5 % der Envion-Anteile halten. Die Gründer hingegen hielten nur noch 31,1% von ursprünglich 81%. Van Aubels Kollaborateur Matthias Woestmann blieben 7,3%.
Der Zusammenbruch der Envion AG führt zu staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren
Gegen Woestmann und van Aubel, die mit der illegalen Kapitalerhöhung auf die eingesammelten Investorengelder von rund 100 Mio. USD zugreifen wollten, ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Berlin. Diese ließ im Oktober 2019 die Kanzlei van Aubel & Partner (Partner waren die Rechtsanwältinnen Saskia Au und Kathrin von Pochhammer) durchsuchen und beschlagnahmte Dokumente und Datenträger. Die Envion AG brach zusammen und ging in Liquidation. Das Liquidationsgericht setzte den Rechtsanwalt Pablo Duc von der Kanzlei Wenger Plattner als Hilfsperson des Konkursamtes Zug zur Abwicklung der Envion AG ein. Der wiederum mandatierte nun ausgerechnet die ehemaligen Partnerinnen des Rechtsanwaltes Thomas van Aubel.
Die Investoren und auch die Gründer der Envion AG zeigen sich zunehmend irritiert über das Verhalten von Pablo Duc, weil dieser nicht rechtlich gegen die eigentlichen Verursacher des Envion-Zusammenbruches, Matthias Woestmann und Thomas van Aubel, vorgeht und von ihnen Schadensersatz fordert. Stattdessen geht Liquidator Pablo Duc gegen die um ihr Unternehmen gebrachten Gründer der Envion AG vor, um an angebliche Kryptogelder zu kommen, die in der Gründerfirma Trado GmbH lagern sollen. Auch dazu beauftragte Duc ausgerechnet die Berliner Anwältinnen Saskia Au und Kathrin von Pochhammer, die beiden Ex-Partnerinnen der Kanzlei von Thomas van Aubel & Partner.
Die Zusammenarbeit des Liquidators mit den ehemaligen van Aubel Partnerinnen erregt die Gemüter der geschädigten Investoren. In den Community-Foren der Investoren ist vom “Verrat an den Anlegern” die Rede und auch das “nun die Anleger erneut über den Tisch gezogen werden, diesmal vom Konkursverwalter.” Die Tatsache, dass Liquidator Pablo Duc ausgerechnet die ehemaligen Partnerinnen von Thomas van Aubel beauftragt, um im Namen der Envion AG gegen die Gründer vorzugehen, werfe viele Fragen auf und sei “ein Schlag ins Gesicht” der geschädigten Investoren. In Briefen und Emails forderten die Investoren das Konkursgericht auf, endlich seiner Aufsichtspflicht nachzukommen, weil er nicht für, sondern ganz klar gegen die Interessen der geschädigten Investoren arbeite.
Mein Fazit: Gerichte werden entscheiden müssen – Envion-Investoren werden die großen Verlierer bleiben
Die obigen Ausführungen zeigen selbstverständlich rein die Sichtweise einer Seite. Der Angegriffene Liquidator wird eine andere Einschätzung vertreten. Ich kann nicht beurteilen, inwiefern die obigen Vorwürfe zutreffend sind. Am Ende dieses Krypto-Kriminalfalls werden vermutlich wieder einmal die Gerichte entscheiden müssen. Relativ sicher ist hingegen: Die Envion-Investoren werden die großen Verlierer bleiben!