Woran ein Emittent verdient
von Michael Vaupel
Endlich mal eine Rückmeldung zu meinem neuen Buch! Trader´s Daily-Leser Marcus K. schreibt mir:
„Gerade eben habe ich Ihr neues Buch durchgelesen und kann zum gelungen Werk nur gratulieren. Wie üblich gibt’s Details, die andere Autoren bis jetzt nicht erwähnen bzw. vielleicht was noch schlimmer ist, als Risikoabschreckung dem Leser vor die Nase halten und dennoch ist die Lektüre sehr übersichtlich. Vor allem die Zusammenfassungen der Kapitel finde ich sehr hilfreich.“
„Eine Frage ist allerdings noch offen geblieben (…) Was hat eigentlich der Emittent davon, wenn er ein Zertifikat anstelle eines Fonds auflegt? Ich hatte, nicht zuletzt dank Ihrer Analysen und Ideen, bis jetzt noch kein Zertifikat, das schlechter als der 3 Monats Euribor lief. Ich gehe mal davon aus, dass der Emittent nicht ausschließlich im Interesse des Käufers handelt, sonder sehr wohl zuerst sein Geld im Auge hat.“
Meine Antwort:
Na, dass der Emittent sehr wohl zuerst sein Geld im Auge hat, ist natürlich völlig klar und auch legitim. Also, wieso legen Emittenten nun Zertifikate auf?
Ich hatte bereits einige Male darauf hingewiesen, dass die Emittenten keineswegs „gegen die Käufer der Zertifikate setzen“, also nicht gewinnen, wenn der Kurs eines Zertifikats fällt.
Es ist stattdessen so, dass die Emittenten selbst risikoneutral positioniert sind. Sie gehen am Terminmarkt eine Gegenposition ein, so dass es Ihnen z.B. nach Emission eines Zucker-Zertifikats diesbezüglich egal ist, ob der Zuckerpreis steigt oder fällt.
Konkret geht das so: Der Emittent gibt z.B. ein Zucker Long-Zertifikat heraus und erhält dafür einen bestimmten Betrag. Von diesem Betrag kauft er Zucker Futures. Und zwar so viele, bis er genau risikoneutral positioniert ist. Im Börsenjargon ist der Emittent dann „perfekt gehedgt“. Wenn er das ist, dann ist es ihm egal, ob der Zuckerpreis nun fällt oder steigt. Wenn der Zuckerpreis steigt, dann muss er zwar die von ihm ausgegebenen Zertifikate zu höherem Kurs zurückkaufen, dafür sind aber auch die gekauften Zucker-Futures mehr wert.
Und wenn der Zuckerpreis fällt, dann muss der Emittent zwar weniger für die ausgegebenen Zucker-Zertifikate zahlen (wenn die zurückgegeben werden) – aber dafür sind die gekauften Zucker-Futures auch weniger wert.
Das führt zur risikolosen Positionierung des Emittenten.
Womit verdient der nun sein Geld?
Da gibt es so einige Möglichkeiten!
Erstmal: Die Differenz zwischen An- und Verkaufskurs, die der Emittent stellt. Wird bekanntlich „Spread“ genannt und ist eine Einnahmequelle.
Dann: „Finanzierungskosten“, denn der Emittent hat Kapital gebunden. Diese führen z.B. bei Turbos dazu, dass der Emittent von Zeit zu Zeit Basispreis und Knock-Out-Barriere erhöht. Da sollten Sie drauf achten, diese beiden Werte sind also keineswegs statisch.
Dann: Managementgebühren. Die spielen insbesondere bei Aktienkörben, auf neudeutsch „Baskets“ genannt, eine Rolle. Können von 0,5% bis 2,0% pro Jahr liegen.
Und: Einbehaltung von Dividenden. Das ist insbesondere bei Bonus-Zertifikaten auf Einzelaktien ein wichtiger Faktor. Auch bei Indizes ist es eine wichtige Einnahmequelle…und übrigens ein Grund dafür, warum Emittenten auf einen Index wie den Eurostoxx generell bessere Bonus-Zertifikate als auf den DAX anbieten. Denn: Beim Eurostoxx werden Dividenden nicht im Kursverlauf berücksichtigt, die kann der Emittent also für sich behalten. Der DAX hingegen ist ein Performanceindex, da gehen Dividenden in den Kursverlauf ein. Wenn nun ein Emittent den DAX nachbildet, kann er nicht einfach die Dividenden behalten, da er dann eine schlechtere Performance als der DAX hinlegen würde.
Sonstiges: So hat z.B. die LBB ein Vietnam-Zertifikat so konstruiert, dass die Cash-Quote zinslos bei dieser Bank gehalten werden muss. So kommt diese Bank sehr günstig (nämlich zu 0,0%) an Kapital.
Fazit: Wir brauchen uns keine Sorgen machen, dass die Emittenten kein Geld mit Zertifikaten verdienen.
Gleichzeitig ist wichtig zu wissen, dass die Emittenten nicht „gegen die Käufer“ setzen, sich also aus eigenem Interesse freuen würden, wenn die Käufer Verluste machen.
(Es gibt eine Ausnahme: Turbos mit Knock-Out-Barriere, bei deren Erreichen der Schein wertlos verfällt. Da freut sich ein Emittent durchaus, wenn er mal eben den Kurs des Basiswertes auf die Knock-Out-Barriere drücken kann. Ich habe dies in meinem Buch im Kapitel „die magische Anziehungskraft der Knock-Out-Barriere“ ausführlich geschildert und daraus eine konkrete Warnung vor bestimmten Scheinen abgeleitet.)
Viele Grüße,
Michael Vaupel
P.S.: Heute mit einem interessanten Beitrag meines Kollegen Kevin Kerr zum Thema Rindfleisch bzw. Rohwaren allgemein (gehört zu meinen Lieblingssektoren). Kevin war jahrelang Broker an der NYBOT, neben der Rohwarenbörse Chicago DIE Rohwarenbörse der Welt. Freut mich, dass er hier für uns gelegentlich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert!
Dann bittet mich der Verlag gerade, auf ein anstehendes Seminar von Claus Vogt hinzuweisen. Falls das was für Sie sein könnte, siehe folgende Anzeige.