Wirtschaftstheorien Teil 5: Das Wertparadoxon

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Heute geht’s mit unserer Wirtschaftstheorien-Reihe weiter. Mit Hermann Heinrich Gossen, seinen Gesetzen und dem Wertparadoxon. Gossens Theorien galten deshalb als revolutionär, weil es ihm gelang mit mathematischen Methoden, seine Theorie vom Grenznutzen zu belegen und das klassische Wertparadoxon aufzulösen.

Wir haben uns in den letzten Ausgaben zu diesem Thema die Funktionen (Nutzen- und Grenznutzenfunktion) angesehen, mathematisch/grafisch betrachtet, was das 1.Gossensche Gesetz aussagt. Zur Erinnerung:

“Die Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit der Bereitung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt.” (1.Stück Kuchen lecker, 2. gut, 3. nicht mehr so gut, beim 4. werden wir langsam unpässlich). Um zu verstehen, wie es Gossen gelang das Wertparadoxon aufzulösen, müssen wir uns das 2.Gossensche Gesetz näher ansehen.

Zweites Gossensches Gesetz

Auch Grenznutzenausgleichsgesetz.

“Der Mensch, dem die Wahl zwischen mehren Genüssen frei steht, dessen Zeit aber nicht ausreicht, alle vollaus sich zu bereiten, muß, wie verschieden auch die absolute Größe der einzelnen Genüsse sein mag, um die Summe seines Genusses zum Größten zu bringen, bevor er auch nur den größten sich vollaus bereitet, sie alle theilweise bereiten, und zwar in einem solchen Verhältniß, daß die Größe eines jeden Genusses in dem Augenblick, in welchem seine Bereitung abgebrochen wird, bei allen noch die gleiche bleibt. Es folgt dieses aus dem Gesetz der Abnahme der Genüsse…” (Hermann Heinrich Gossen; Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fließenden Regeln für menschliches Handeln; 1854

Das heißt, man verteilt sein Einkommen auf eine Vielzahl von Konsumgütern (oder Genüssen) [schließlich isst niemand nur Kuchen, man trinkt auch Wasser] und versucht den höchsten Gesamtnutzen zu erzielen. Dieser ergibt sich, wenn der Grenznutzen der Güter übereinstimmt. Man könnte sagen: der Nutzen der letzten Einheit Kuchen, ist gleich dem Nutzen der letzten Einheit Wasser, ist gleich dem Nutzen der letzten Einheit Diamant.

Das heißt in unsere Überlegungen müssen wir den Preis der einzelnen Güter mit einbeziehen. Der Nutzen, den die, für die letzte Einheit Kuchen, genutzte Geldeinheit erbringt, sollte gleich hoch sein, wie der Nutzen, den die, für die letzte Einheit Wasser, genutzte Geldeinheit erbringt.

Schauen wir uns das Ganze anhand eines Beispiels an. Nehmen wir an, wir haben 20 Euro zur Verfügung und wollen kaufen:

Diamanten (1 Diamantsplitter kostet 10 Euro) Kuchen (1 Stück Kuchen kostet 4 Euro) Wasser (1 Glas Wasser kostet 1 Euro)

Nehmen wir folgende Grenznutzen für die einzelnen Güter an (ich habe diese Grenznutzen frei gewählt):

Menge Diamantsplitter (D) Grenznutzen (GD) Kuchen (K) Grenznutzen (GK)  Wasser (W) Grenznutzen (GW) 
1  50  24  10
2  45  20  5
3  35  12  3
4  2  0  1

Hilft uns noch nicht weiter, wir müssen den Grenznutzen in Relation zu den Güterpreisen setzen.

Grenznutzen und Güterpreise

Wir fahren nun fort, indem wir den Grenznutzen in Relation zu den Güterpreisen setzen. Dies tun wir, indem wir den Grenznutzen durch den Preis teilen.

Menge Diamantsplitter (D) Grenznutzen (GD) GD/ Preis (1 Diamantsplitter: 10 Euro)  Kuchen (K) Grenznutzen (GK)   GK/Preis (1 Stück Kuchen: 4 Euro)  Wasser (W) Grenznutzen (GW)  GW/Preis (1 Glas Wasser: 1 Euro) 
1  50  5  24  6  10  10
2  45  4,5  20  5  5  5
3  35  3,5  8  2  3  3
4  2  0,2  0  0  1  1

An einigen Stellen wäre der am Preis gewichtete Grenznutzen aller Güter gleich. Ein optimale Verwendung unserer 20 Euro tritt ein (oder das Haushaltsnutzenmaximum wird erreicht wenn), wir 1 Diamantsplitter kaufen, 2 Stück Kuchen essen und 2 Glas Wasser trinken.

Es gibt uns einen Hinweis darauf, warum das Wertparadoxon an dieser Stelle aufgelöst werden kann, dennoch werden wir uns beim nächsten Mal ausführlicher mit der Interpretation des 2.Gossenschen Gesetzes auseinander setzen.