Wirtschaftstheorien Teil 10: Anarchokapitalismus
Zuletzt hatten wir uns mit der 3. und 4. Generation der Wiener oder Österreichischen Schule beschäftigt. Ich möchte auf eine besondere Strömung von “neuen Österreichern” eingehen, die als spezielle Form der Weiterentwicklung der Wiener Schule betrachtet werden kann.
Die Neo-Austrians und Austrian Economics
In den USA etablierte sich die Österreichische Schule, in den Anfängen früh mit Benjamin Anderson (The Value of Money 1917). Neo-Austrian-Ideen, die auf Hayek zurückgehen, finden sich heute noch. Eingehen möchte ich auf die radikalen Libertaristen, oder Anarchokapitalisten mit Murray Rothbard.
Murray Rothbard (1926-1995)
Murray Rothbard war ein Schüler von Mises, der dessen Theorien zu einem radikalen, kapitalistischen Libertarismus, dem so genannten Anarchokapitalismus weiterentwickelte.
Anarchokapitalisten treten für einen freien Markt (für eine freie Gesellschaft) ein unter Verzicht auf staatliche Institutionen und Eingriffe. Selbstbestimmung, freier Handel und Gebrauch des Privateigentums sind oberstes Prinzip – so lange die Selbstbestimmungsrechte des Anderen nicht verletzt werden.
Sie lehnen das Gewaltmonopol des Staates ab (und betrachten Steuern als Diebstahl), was durchaus im Gegensatz zu den alten Österreichern von Menger bis Hayek steht. Obwohl die Österreicher sich gegen den Marxismus ausgesprochen hatten, legten sie großen Wert auf eine Wertfreiheit.
Die Österreicher erstrebten eine Verbesserung des Systems aber keine Abschaffung und wollten sich nicht politisch verstanden sehen. Anarchie lehnten sie strikt ab, ein Markt kann nur innerhalb einer staatlichen Ordnung bestehen.
Obwohl von Hayek sich wundert: (Zitat)” dass die Menschen den Regierungen so lange Zeit eine Macht anvertraut haben, die sie über 2000 Jahre hinweg in der Regel dazu gebrauchten, sie [die Untertanen] auszunutzen und zu betrügen.” Und meint mit dieser Macht das Geld.
Wiener Schule: Kernthesen zu Inflation und Staatsverschuldung
Es ist nicht schwer die Kernaussage der Österreicher zur Entstehung von Inflation vereinfacht darzustellen: Inflation entsteht durch die Ausweitung der Geldmenge durch Zentral- und Geschäftsbanken. Es geht um die Ausweitung der ungedeckten Geldmenge!!
Tatsächlich dürfte beispielsweise eine Ausweitung der Gold- und Silbermenge, aufgrund der Absorption in der industriellen Verwendung, eher den Wohlstand einer Gesellschaft anheben, während eine Ausweitung der ungedeckten Papiergeldmenge nach David Hume keinen Einfluss auf den Wohlstand einer Gesellschaft hat sondern nur das Preisniveau anhebt.
Stichwort Seigniorage:
Als Seigniorage, oder Inflationssteuer bezeichnet man den aus der Geldmengenausweitung resultierenden Profit für die Regierungen. Es ist historisch gut begründbar: wenn der Fürst nämlich wiederholt die Münzen einzieht um sie mit niedrigerem Metallgehalt wieder in den Umlauf zu schicken.
Unterscheidung zwischen Teuerung und Inflation
Wichtig ist für die Österreicher die Unterscheidung zwischen Inflation und Teuerung. Während wir seit Milton Friedman und den Monetaristen beide Begriffe mittlerweile vermischen und als Synonyme füreinander verwenden, ist für die Österreicher klar:
Inflation entsteht aufgrund der Ausweitung der ungedeckten Geldmenge, also wegen der fortschreitenden Entwertung. Teuerung dagegen, also die Anhebung des Preisniveaus entsteht als Folge der Inflation.
Staatsverschuldung
Im ersten Teil innerhalb der Wirtschaftstheorien-Reihe zur Wiener Schule habe ich davon gesprochen, dass sich Keynes und von Hayek in diesem Punkt nicht grün waren. Während Keynes ein Defizit in Kauf nimmt, verweist von Hayek aufs Sparen.
Deutlich wird von Hayeks Position in einem Artikel aus der New York Times aus dem Jahre 1982: von Hayek weist daraufhin, dass in seinen Augen die Staatsverschuldung wichtigster Motor für die Inflation sei. Aus einem einfachen Grund: das Drucken von Papiergeld, sei für den Staat der einfachste Weg der Entschuldung!
Im nächsten Teil der Reihe geht es mit dem nächsten Neoklassiker, William Stanley Jevons, weiter. Schließlich werden wir auf den Monetarismus und im Anschluss Keynes zu sprechen kommen.