Tulpenmanie – der erste Börsencrash der Geschichte

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Der Markt braucht neue Ideen – oder alte, die wieder aufgegriffen werden. Warum immer nur mit Aktien, Gold oder Immobilien spekulieren? Wie wäre es zur Abwechslung mal mit Blumen? Die riechen gut, sind schön anzusehen und machen Menschen fröhlich.

Blumen haben schon Revolutionen beendet und so manche Beziehung gerettet. Blumen sind begehrt – und haben für den ersten Börsencrash der Geschichte gesorgt.

Genauer gesagt waren es Tulpen. Und natürlich konnten sie nur in einem Land der Welt eine Finanzkrise auslösen: in den Niederlanden. Geschehen ist das 1637, lange vor dem Schwarzen Freitag und Lehman Brothers.

Als Tulpenmanie oder auch Tulpenhysterie ist die Blumenblase in die Geschichtsbücher eingegangen. Alles hatte ganz harmlos angefangen. Ursprünglich in Persien angebaut, gelangten die ersten Tulpen Mitte des 16. Jahrhunderts über die Türkei und Österreich in die Niederlande.

Ein gewisser Carolus Clusius war es, der die Pflanze so populär machte. Der Professor für Botanik an der Universität Leiden schrieb 1592 das erste relevante Buch über Tulpen und kultivierte sie im Botanischen Garten der Stadt.

Carolus Clusius

Ursprünglich hatte Clusius die Tulpen als Heilpflanzen angebaut, doch es kam alles ganz anders: Die Blumen waren so beliebt, dass man sie ihm regelmäßig klaute.

Man kann die Tulpenmanie schon nachvollziehen: Darstellung roter Tulpen

© Boyan Dimitrov

Steile Karriere eines Blümchens

Die seltene Pflanze wurde schnell zum Liebhaberobjekt, zum Statussymbol – so neu und aufregend war sie für die Menschen. Was heute die Rolex am Handgelenk oder die Chanel-Tasche am Arm ist, war damals die Tulpe am Revers.

Die Blumen pflantze man zunächst nur in privaten Gärten an und tauschte sie. Wenig später jedoch kaufte und verkaufte man sie. Tulpenzwiebeln waren das große Ding der 1630er Jahre. Fast die Hälfte der Bevölkerung machte mit.

Weil die Nachfrage so groß war, fingen die Händler an, Terminkontrakte auf Tulpen anzubieten. Diese lagen dabei noch als Zwiebeln unter der Erde! Ob sie so aussehen würden, wie angekündigt? Und wenn sich die angepriesene Seltenheit dann doch als handelsübliches Gestrüpp entpuppte? Pech gehabt!

Tausche Tulpe gegen Traumhaus

Der Tulpenhandel wurde zu einem Spekulationsgeschäft, womit sich prächtig Geld verdienen ließ:

  • Eine Zwiebel der teuersten und seltensten Sorte „Semper Augustus“ kostete 10.000 Gulden, das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Niederländers betrug rund 150 Gulden.
  • In der Stadt Hoorn wurde ein Haus für drei Tulpenzwiebeln verkauft.
  • Eine Zwiebel der Sorte Viceroy konnte man unter anderem gegen vier Ochsen, acht Schweine, zwölf Schafe, ein Bett, ein Anzug und jede Menge Getreide eintauschen.

Tulpenmanie in Öl: Darstellung bunter Tulpen

© Valenty

Hype vorbei, Vermögen futsch

Nach einigen Jahren munteren Handelns und Spekulierens brachen im Februar 1637 die Tulpenpreise um 95 Prozent ein. Grund für das Schlamassel war eine Geschäftsform, die auch heute noch Krisen auslöst: Leerverkauf.

Die Optionsscheine auf Tulpenzwiebeln wurden bis zu zehn Mal am Tag weiterverkauft! Mitunter auch von Händlern, die gar kein Geld besaßen und alles auf den Weiterverkauf setzten.

Auf einer Auktion in Haarlem hatte dann plötzlich keiner mehr Lust auf nicht vorhandene Tulpen und die Händler verfielen in Panik: Alle wollten verkaufen, und zwar sofort. Doch das funktionierte natürlich nicht. Es folgten staatliches Eingreifen, Schlichtungen und die Einrichtung einer Kommission, die sich um die nicht eingehaltenen Kaufverträge kümmerte.

Am Ende kamen alle Beteiligten gegen Zahlung einer Strafgebühr aus der Sache heraus. Die Vermögen jedoch waren weg und ein Teil der Bevölkerung pleite. Das war es dann mit der Tulpenmanie.

Niederländer müssen überzeugt werden

Doch 376 Jahre nach dem Ende der Tulpenmanie könnte die Wirtschaft einen neuen Versuch wagen. Dazu müsste man zunächst das Angebot verknappen. Ob da die Niederländer mitmachen?

Schließlich blühen allein im weltgrößten Blumengarten Keukenhof jährlich 4,5 Millionen Tulpen. 80 Prozent der weltweiten Tulpenproduktion stammen von unseren Nachbarn. Vielleicht sollte Angela Merkel das Thema auf ihre Agenda setzen und es unter vier Augen mit Ministerpräsident Mark Rutte besprechen.

Wenn die Niederländer mit an Bord sind, kommt der psychologische Teil des Vorhabens. Werbeexperten überlegen sich eine Kampagne, wie die Tulpen wieder zum Statussymbol werden.

Netter Nebeneffekt: Das Image von Wirtschaft, Börse und Brokern wird aufpoliert, da nun mit bunten Blümchen gehandelt wird. Alle Menschen erfreuen sich an Blumen. Noch nicht von der Vision einer neuen Tulpenmanie überzeugt? Vielleicht helfen ein paar Zahlen:

  • Eine Zwiebel der inzwischen ausgestorbenen Sorte „Semper Augustus“ würde heute über eine Million Euro kosten.
  • Andere Tulpenzwiebeln würden heute für rund 25.000 Euro weggehen.
  • Ein Säckchen Tulpenzwiebeln kostet heute nur ein paar Euro, viel Startkapital ist also nicht nötig.

Klingt das nicht verlockend: Eine Tulpe gegen ein Traumhaus tauschen. Oder während eines Essens im Borchardt kurz mit dem Hinweis verschwinden, man müsse „mal eben meinen Tulpenzwischenhändler anrufen“?

Und das Beste: Wenn die Blumenblase dann doch platzen sollte, ist zumindest die lebenslange Versorgung mit Tulpen gewiss. Valentinstage, Hochzeitstage oder Geburtstage wären nie wieder ein Problem.

Tulpen gehören an die Börse, schließlich heißt eine Sorte sogar „Dow Jones“. Wenn das kein Zeichen ist.

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