Stand und Entwicklung von Kreditzinsen
Die Bauzinsen haben einen historisch niedrigen Stand erreicht, auch die Zinsen für Ratenkredite und Dispokredite fallen seit 2009 langsam, aber stetig. Die Deutsche Bundesbank stellt hierzu diverse Statistiken zur Verfügung, die Hypotheken- sowie Verbraucherdarlehen umfassen. Wie der aktuelle Stand ist und welche Entwicklung zukünftig zu erwarten ist, soll nun Thema sein.
Stand der Hypothekenzinsen
Das Zinsniveau ändert sich fast täglich. Kreditinstitute knüpfen an das allgemeine Zinsniveau an und konzipieren danach einen Darlehensvertrag für eine Immobilie. Der Zeitpunkt eines Vertragsabschlusses bestimmt maßgeblich, wie hoch die Zinskosten unterm Strich für Verbraucher ausfallen. Eine Prognose über die zu erwartende Zinsentwicklung zu stellen ist für Kreditnehmer und Kreditnehmerrinnen wichtig, weil es ihnen ermöglicht, einen optimalen Zeitpunkt für die Kreditunterzeichnung zu finden. Droht eine Zinserhöhung, ist schnelles Handeln gefragt. Bleiben die Zinsen stabil, können sie in Ruhe abwägen.
Eine Möglichkeit für Verbraucher, die derzeit einen laufenden Baukredit mit vergleichsweise hohen Zinsen bedienen und eine Anschlussfinanzierung brauchen ist, eine Forward-Vereinbarung für die Zukunft abzuschließen. Damit profitieren sie zukünftig von den günstigen Zinsen heute.
Gründe für die aktuelle Zinssituation
Die Gründe für die günstige Zinssituation bei Baukrediten ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB verfolgt mit ihrer Niedrigzinspolitik ein Ziel: Sie will die Konjunktur in Europa stärken, gerade mit Blick auf die Kriege in der Ostukraine, in Syrien und im Irak, sowie vor dem Hintergrund des anstehenden Brexits. Auch die künftigen politischen Entwicklungen mit Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten führt zu der gemäßigten Zinspolitik. In diesem Klima, so das Ziel der EZB, soll die Kreditwirtschaft angekurbelt, sollen Banken verstärkt Darlehen vergeben, Konsumenten und Unternehmen Kredite aufnehmen.
Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen fiel Mitte des letzten Jahres unter die Null-Prozent-Marke. Nach einem Kampf um ein weiteres Abgleiten stieg die Rendite knapp darüber und pendelte sich zum 1. März 2017 auf +0,205 % ein. Die aktuellen Hypothekenzinsen belaufen sich durchschnittlich aktuell auf 1,71 %. An diesen Zahlen lassen sich übrigens nicht nur die Bauzinsen festmachen, auch andere Kreditzinsen haben ihren Anker an dieser Stelle.
Stand der weiteren Kreditzinsen
Auch die Kreditzinsen für Verbraucherdarlehen oder Dispokredite orientieren sich an den oben genannten Werten der EZB. Ratenkredite mit einem Volumen von 10.000 € sind durchschnittlich mit einem Zinssatz von knapp über 5 % belegt. Mit Blick auf die durchschnittlich 8,8 % im Jahr 2009 eine erhebliche Senkung. Die Zinsen für die Überziehung eines Girokontos belaufen sich aktuell durchschnittlich auf 9,33 %. Im Jahr 2009 waren es noch über 12,5 %.
Prognose für die Kreditzinsentwicklung der nächsten Jahre
Diese Situation wird sich in absehbarer Zeit wahrscheinlich nicht ändern. Der Rat der europäischen Zentralbank kommunizierte erst im Januar 2017 seine Entschlossenheit, die außerordentlich sparsame Geldpolitik weiter zu verfolgen.
Für die Praxis heißt das: Es ist keine Eile bei der Finanzierung von Verbrauchsgütern oder Immobilien geboten. Potenzielle Kreditnehmer können die aktuellen Kreditangebot miteinander vergleichen und in Ruhe das passende Angebot für ihre geplanten Projekte auswählen.
Tatsächlich geht der Rat der europäischen Zentralbank davon aus, dass die Leitzinsen langfristig niedrig bleiben und sogar noch weiter fallen könnten. Ein zentrales Mittel, um die Niedrigzinspolitik überhaupt stabil durchführen zu können ist, dass die europäische Zentralbank ein spezielles Anleihe-Ankaufprogramm „Quantitative Easing“ verfolgt. Damit will sie ein Inflationsziel von 2 % erreichen.
Die tatsächliche Inflationsrate bewegt sich knapp darunter. Die Geldpolitik unter Führung des aktuellen Notenbankpräsidenten Mario Draghi könnte sich noch weiter verfestigen. Draghi war bis 2011 Präsident der italienischen Notenbank und stieg dann bei der europäischen Zentralbank ein. Von der aktuell verfolgten Niedrigzinspolitik profitieren vor allem Italien und Spanien. Es ist ein offenes Geheimnis, dass das Ende der achtjährigen Amtszeit von Draghi im Oktober 2019 möglicherweise auch eine Wende in der Zinspolitik einläutet. Doch bis dahin sehen Insider wenig Spielraum. Vielmehr fördern die Medien immer wieder neue kreative Kunstgriffe des Notenbankchefs ans Tageslicht, um seine Niedrigzinspolitik weiter durchzusetzen.
Der Hebel der US-Notenbank
Auf der einen Seite agiert die europäische Zentralbank unabhängig von politischen Entwicklungen, zumindest sollte es so sein. Auf der anderen Seite steht die US-Notenbank. Sie hat kürzlich angekündigt, die Zinsen anzuziehen. Dieses Verhalten könnte dazu führen, dass auch die europäische Zentralbank ihre Zinspolitik überdenken muss. Einer leichte Zinserhöhung steht zumindest durchaus zur Diskussion. Das oben erwähnte Anleihe-Ankaufprogramm „Quantitative Easing“ hat zumindest einen Dämpfer erhalten. Statt monatlich 80 Milliarden € in das Ankaufvolumen unterstützender Wertpapiere zu stecken, werden ab April nur noch 60 Milliarden € monatlich investiert. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die extreme Niedrigzinspolitik sich in der Endphase befindet.
Aktuell stabile Zinsen, langfristig leichter Anstieg realistisch
Hält die europäische Zentralbank an ihrer stark vom Notenbankchef geprägten Niedrigzinspolitik fest, sind keine großen Änderungen auf dem Markt der Immobilien- und Ratenkredite zu erwarten. Leichte Schwankungen sind durchaus möglich, aber ein starker Anstieg eher unwahrscheinlich. Das niedrige Zinsniveau wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach in den nächsten 2 bis 3 Jahren halten können. Inwieweit sich die Aktivitäten und Maßnahmen der US-Notenbank auf die Niedrigzinspolitik der europäischen Zentralbank auswirken werden, bleibt abzuwarten.
Einfluss der Kreditnehmer auf die Zinsentwicklung
Die Verbraucher selbst nehmen auch Einfluss auf die Zinsentwicklung. Das lässt sich eindrucksvoll an der Entwicklung der Geld-und Kapitalmarktzinsen ablesen. Beispielsweise kündigte die Europäische Zentralbank das zitierte Quantitative Easing an und unmittelbar darauf gingen die Zinsen zurück. Das geschah, bevor das Programm im März 2015 tatsächlich startete. Die Zinsentwicklung unter dem Einfluss der Verbraucher reagiert also auf Nachrichten und Ankündigungen, nicht unbedingt auf die Durchführung von geplanten Maßnahmen.
Mancher bezeichnet das Verhalten der Verbraucher und die damit verbundene Zinsentwicklung als vorauseilenden Gehorsam. Das kann nur deshalb passieren, weil Anleger die Ankündigungen der europäischen Zentralbank für bare Münze nehmen und ihr vertrauen. Eine Ankündigung ist unter diesen Gesichtspunkten genauso wirksam, wie tatsächlich eingeleitete Maßnahmen. Würde die EZB ihren guten Ruf verlieren und ihren Ankündigungen keine Taten folgen lassen, würde sich dieser Effekt relativieren.
Vor dem Hintergrund der Aussagen von Draghi zu seiner geplanten Niedrigzinspolitik ist also ein zusätzlicher, stabilisierender Effekt auf das niedrige Zinsniveau durch Anleger zu erwarten. Investieren Anleger in Immobilien, sollten sie es trotzdem nicht blind tun, sondern sich vorab über Risiken und Chancen informieren.