Dividendendiskontierungsmodell DDM zur Fundamentalanalyse
- Dividendendiskontierungsmodell DDM in seiner einfachsten Form – auf ewig konstante Dividende
- Je weiter die Dividende in der Zukunft liegt, desto niedriger der Barwert
- Bestimmung des Unternehmenswertes
- Erweiterung des DDMs um Wachstum der Dividenden
- Erweiterung des DDM um den Faktor g – das Wachstum
- Vollausschüttung ist eher selten – Dividende als Gewinn x Ausschüttungsquote
- Herleitung des Wachstums g möglich
- Änderung des Diskontierungszinses
- Prognosefehler sprechen für Annahmen konstanter Größen
- Diskontierungszins beeinflusst fairen Wert einer Aktie stark – nicht nur in der Theorie
- Diskontierungszins trägt dem eingegangen Risiko Rechnung
- Änderung des Diskontierungszinsens wirkt nicht linear
- Aktienkurs in Abhängigkeit vom Diskontierungszins
Der theoretische Wert eines Unternehmens bemisst sich nach der Summe der zukünftigen Einzahlungsüberschüsse. Da die in Zukunft fließende Beträge weniger wert sind, muss man sie mit ihrem aktuellen Gegenwartswert berücksichtigen. Hierzu verwendet man Diskontierungsmodelle.
Zur Ermittlung der Unternehmensbewertung benötigt man den Gewinn bzw. den Einzahlungsüberschuss der jeweiligen Firma. Und zwar nicht den des letzten Geschäftsjahres, sondern alle in Zukunft anfallenden Gewinne.
Diese bewertet, abgezinst, auf den heutigen Zeitpunkt. Auf diesen beiden Thesen fußt ein populäres Modell zur Bewertung von Aktien – das Dividendendiskontierungsmodell (DDM). Mit dessen Hilfe ermittelt man den theoretisch fairen Preis einer Aktie.
Dividendendiskontierungsmodell DDM in seiner einfachsten Form – auf ewig konstante Dividende
Das Modell besitzt einen großen Vorteil: Es verdeutlicht anschaulich, wie die verschiedenen Einflussfaktoren auf den Aktienkurs wirken. In seiner einfachsten Variante des Modells nimmt man an, dass die Aktiengesellschaft den Gewinn am Ende des Geschäftsjahres komplett ausschüttet.
Der Gewinn bleibt in Zukunft konstant. Damit entspricht die Dividende dem Gewinn je Aktie, also der Gesamtgewinn des Unternehmens, geteilt durch die Anzahl der Aktien. Bei einem Gewinn bzw. einer Dividende von 2,50 Euro in einem Jahr und einem Zinssatz von 8 %, ist die Dividende am heutigen Tag 2,31 Euro wert. 2,50 Euro geteilt durch 1,08.
Um die Dividende in zwei Jahren zu bewerten, muss man die 2,50 Euro über zwei Jahre abzinsen. 2,50 Euro geteilt durch 1,08 und das Ergebnis nochmals durch 1,08. Dies entspricht 2,50 Euro durch 1,082 und ergibt 2,14 Euro. Das ist nichts anderes als der Zinseszinseffekt rückwärts. Legt man 2,14 zwei Jahre hintereinander zu 8 % an, erhält man 2,50 Euro.
Je weiter die Dividende in der Zukunft liegt, desto niedriger der Barwert
Die Dividende in 10 Jahren ist heute 2,50 geteilt durch 1,0810,also 1,10 Euro wert. Je weiter die Dividende in der Zukunft liegt, desto weniger trägt sie zum Unternehmenswert bei. Die Dividende in 20 Jahren beispielsweise macht noch 0,54 Euro aus.
Die untere Grafik veranschaulicht den Effekt. Die blaue Linie zeigt den Barwert der Dividende des jeweiligen Jahres. Die rote Linie zeigt den Unternehmenswert, der sich aus der Summe aller Dividenden ergibt.
Da der Barwert dieser Ausschüttung im Zeitablauf kontinuierlich sinkt, erhöht sich der Unternehmenswert von Jahr zu Jahr in deutlich geringerem Ausmaß. Der Barwert der in weiter Zukunft liegenden Dividenden nähert sich der Null. Der Unternehmenswert steigt kaum noch und pendelt sich bei rund 31 Euro ein.
Bestimmung des Unternehmenswertes
Der exakte Unternehmenswert beträgt unter den gemachten Prämissen, eine konstante Dividende und einen unveränderten Diskontierungszins, 31,25 Euro. Die unterstellten Annahmen entsprechen der ewigen Rente. Für deren Wert wird in der Finanzmathematik die Formel
herangezogen, wobei D die Dividende von 2,50 Euro ist und i dem Diskontierungszins von 8 % (wörtlich acht von hundert, dezimal ausgedrückt 0,08) entspricht. Das Wort „Rente“ mag irritieren, weil man den Begriff vor allem als Ruhestandsgehalt kennt.
Finanzmathematisch versteht man darunter regelmäßig wiederkehrende Zahlungen. Aus diesem Grund werden festverzinsliche Wertpapiere, Anleihen, wegen ihrer regelmäßigen Zinszahlungen als Rente bezeichnet. Die obige Grafik lässt deutlich erkennen, dass der Wert realistisch ist.
Erweiterung des DDMs um Wachstum der Dividenden
Unter der Annahme, dass die Dividende in Zukunft konstant bleibt, entspricht der faire Preis einer Aktie der ewigen Rente, Dividende geteilt durch den Diskontierungszins. In der Regel suchen wir nach Aktien, die Wachstum vorweisen können.
Die Annahme einer auf Ewigkeit konstanten Dividende ist unwahrscheinlich. Daher gibt es eine Reihe von Erweiterungen des Modells, um der Realität gerechter zu werden. Wir gehen auf den gewünschten Normalfall ein: Ein Unternehmen wächst und die Dividende steigt im Zeitablauf. Wir erweitern die Formel der ewigen Rente, die dieses Wachstum berücksichtigt und sich im theoretisch fairen Preis niederschlägt.
Erweiterung des DDM um den Faktor g – das Wachstum
Dazu muss man in der Formel der ewigen Rente im Nenner die angenommene Wachstumsrate g vom Zins abziehen. Man erhält eine Formel, bei der D1 die Dividende in einem Jahr beträgt. Wenn wir ein konstantes Wachstum von z. B. 3% unterstellen, ergibt sich ein theoretisch fairer Preis von 50 Euro:
Ähnlich wie im ersten Beispiel ist die Annahme einer konstanten Wachstumsrate nicht realistisch. Im Gegensatz zur konstanten Dividende gibt es in der Praxis eine Reihe von Gesellschaften mit ruhigen und stabilen Geschäftsmodellen. Deren Wachstum ist kontinuierlich.
Vollausschüttung ist eher selten – Dividende als Gewinn x Ausschüttungsquote
Eine letzte Erweiterung des Modells: Bisher sind wir in unseren Beispielen von einer Vollausschüttung des Gewinns ausgegangen. Die Dividende entspricht dem Gewinn pro Aktie. In der Praxis verteilt die Aktiengesellschaft in der Regel lediglich einen Teil des Gewinns als Dividende. Den Rest behält sie und setzt ihn im Unternehmen für Geschäftszwecke ein.
Die Ausschüttungsquote bezeichnen wir mit p (abgleitet vom englischen Begriff Payout Ratio). Der einbehaltene Teil des Gewinns entspricht 1-p und nennt sich im Englischen Retention Ratio. Diese Erweiterung hilft uns doppelt. Mit der Retention Ratio lässt sich erklären, wie die Wachstumsrate g zustande kommt.
Herleitung des Wachstums g möglich
Den einbehaltenen Teil investiert die AG wieder in die operative Tätigkeit. Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass der Rückfluss aus dieser Investition der historischen Eigenkapitalrendite entspricht – Gewinn im Verhältnis zum Eigenkapital. Angenommen der Gewinn einer Profit AG beträgt 2 Mio. Euro. 60 % schüttet die AG aus.
Die verbleibenden 40 % bzw. 800.000 Euro werden reinvestiert. Bei einer angenommenen Eigenkapitalrendite von 16 % erzielt die Profit AG mit dem einbehaltenen Gewinn eine Gewinnsteigerung von 128.000 Euro (800.000 Euro x 16 %). Damit beträgt die Gewinnsteigerung c. p. vom einen auf das andere Jahr 6,4 %. Wenn wir die Eigenkapitalrendite mit der Einbehaltungsquote multiplizieren, kommen wir zum gleichen Ergebnis:
Mit der Zerlegung der Dividende in den Gewinn je Aktie multipliziert mit der Ausschüttungsquote haben wir, als Restant der Ausschüttungsquote, die Einbehaltungsquote erhalten. Durch die Multiplikation mit der Eigenkapitalrendite erklärten wir, woher die Wachstumsrate g kommt.
Änderung des Diskontierungszinses
Dividendenwachstum erhöht den fairen Wert einer Aktie. Das Wachstum entsteht dadurch, dass der nicht ausgeschüttete Teil im Aktienunternehmen verbleibt und diese ihn im operativen Geschäft rentierlich einsetzt. Wie wirken sich Änderungen des Diskontierungszinses auf die Aktie aus? Woraus setzt sich der Diskontierungszins zusammen?
Das Dividendendiskontierungsmodell gibt uns mit seiner Methodik nicht nur den theoretisch, sondern den tatsächlich fairen Preis einer Aktie wieder. Vorausgesetzt wir kennen die eingehenden Variablen wie zukünftige Dividenden, Diskontierungsätze und Wachstumsraten. Diese können wir nicht mit Sicherheit prognostizieren.
Je weiter die Vorhersagen in die Zukunft gehen, desto größere Schätzfehler entstehen. Das beinhaltet keine Schwäche des Modells, sondern liegt in der Natur der Sache. Beim Thema Aktienanalyse begleitet sie uns ständig: An der Börse wird die Zukunft – genauer gesagt, die Erwartungen an die Zukunft – gehandelt. Und die ist ungewiss.
Prognosefehler sprechen für Annahmen konstanter Größen
Das ist der Grund, warum wir im Modell vielfach mit der Annahme konstanter Größen arbeiten. Die Dividenden für die ersten zwei bis drei Jahre mag man realistisch einschätzen, danach nimmt die Irrtumswahrscheinlichkeit zu. Die Fehlerquote in den ersten drei Jahren dürfte nicht gerade gering ausfallen.
Warum soll es nicht legitim sein, mit einer halbwegs plausiblen konstanten Wachstumsrate zu rechnen? Wir wollen Sie mit dem Dividendendiskontierungsmodell nicht dazu animieren, Aktienanalyse zu betreiben, in dem Sie in konkreten Fällen aus der Praxis die Formel mit Leben füllen, um so Unterschiede zwischen dem tatsächlichen Kurs an der Börse und dem theoretisch fairen Preis laut Modell zu identifizieren. Das Modell soll helfen zu verstehen, wie die verschiedenen Faktoren den Preis einer Aktie beeinflussen.
Diskontierungszins beeinflusst fairen Wert einer Aktie stark – nicht nur in der Theorie
Aktienkurse bzw. deren Bewegung stehen stark mit dem Gewinn der jeweiligen Aktiengesellschaft in Beziehung. Mit dem Dividendendiskontierungsmodell belegen wir das. Wir können uns eine Vorstellung darüber bilden, wie groß die Kursveränderung bei Änderung der Dividende ist. Sinkt die Dividende von beispielsweise 2,50 auf 2,40 Euro, ändert sich der theoretisch faire Preis von 31,25 auf 30 Euro.
Das erscheint nicht viel. Der Zusammenhang zwischen Gewinn und Aktienkurs überrascht nicht, aber dass ein Zinssatz – hier der Diskontierungszins – Einfluss auf den Aktienkurs besitzt, überrascht schon. Der Diskontierungszins muss Auswirkungen auf den Preis haben, schließlich ist er Bestandteil der Formel.
Diskontierungszins trägt dem eingegangen Risiko Rechnung
Mit der Berechnung des Gegenwartswertes will man nicht nur die Inflation, sondern auch das eingegangene Risiko berücksichtigen. Damit ist der Diskontierungszins gemeint. Der Zins, den man bei einer Vergleichsanlage mit identischem Risiko erhält. Als Aktionäre sind wir Miteigentümer und tragen unternehmerisches Risiko.
Der Zins einer Festanlage ist nicht adäquat. In der Praxis greift man zur Ermittlung auf das CAPM, das Capital Asset Pricing Model zurück. Der Diskontierungszins ist der Zins einer sicheren Anlage plus eine zweistufige Risikoprämie (das allgemeine Marktrisiko multipliziert mit einem unternehmensspezifischen Risikofaktor).
Der Diskontierungszins hängt vom allgemeinen Zinsniveau und der Risikoneigung der Marktteilnehmer ab. Man mag eine verhaltenstheoretische Erklärung finden. Wenn Festzinsanlagen statt 1 % beispielsweise 5 % bieten würden, gäben sich viele Anleger mit der Festzinsanlage zufrieden.
Die Neigung sinkt zur Investition in Aktien. Darunter leidet die Nachfrage und damit die Kurse. Das mag einen Einfluss haben. Letztlich sinken die Kurse deshalb, weil der Barwert der zukünftigen Dividenden infolge des Zinsanstiegs sinkt.
Änderung des Diskontierungszinsens wirkt nicht linear
Der Diskontierungszins wirkt sich stärker auf den Kurs aus als man vermutet. Steigt er auf 9 %, dann verringert sich theoretisch der faire Aktienkurs auf 27,78. Anhand der Grafik lässt sich erkennen, dass die Veränderung des Aktienkurses nicht linear zur Veränderung des Diskontierungszinses verläuft. Vielmehr ist der Zusammenhang degressiv.
Aktienkurs in Abhängigkeit vom Diskontierungszins
Je mehr der Diskontierungszins sinkt, desto stärker steigt der Aktienkurs. Der Einfluss einer Aktiengesellschaft ist gegeben, aber nicht ausgeprägt. Durch einen stabilen und stetigen Geschäftsverlauf sinkt die Risikoprämie und damit die Kapitalkosten. Größere Stellschraube ist aus Sicht der Unternehmen jedoch das Wachstum, welches direkt von ihrer operativen Geschäftstätigkeit aus resultiert.