Wie die EZB dem deutschen Mittelstand schadet
Am 18. Juli 2016 veröffentlichte die Europäische Zentralbank (EZB) eine Liste mit den von ihr gekauften Unternehmensanleihen. Auf dieser stehen so illustre Namen wie Siemens, Telecom Italia, Telefónica, RWE oder Renault.
Was ist so verwerflich an den Ankäufen von Schulden dieser Unternehmen durch die EZB? Die Tatsache, dass einige wenige Großunternehmen damit von der eigentlich zur Neutralität verpflichteten Zentralbank bevorzugt werden, während vor allem der Mittelstand leer ausgeht.
Im Klartext: Die Notenbank betreibt Wettbewerbsverzerrung, was nicht nur gegen deutsches Recht verstößt. Die Schulden großer Konzerne mit teils nur mittelprächtigem Rating werden den Mittelstandsanleihen ohne Rating vorgezogen.
Und warum sollte ein solcher begünstigter Großkonzern noch einen Bank-Kredit aufnehmen, wenn er ganz einfach Schuldtitel bei der EZB abladen kann? Was bedeutet diese Tatsache für die Einnahmen aus dem Kreditgeschäft bei Banken und Sparkassen?
Glauben Sie nicht, dass es auf diese Fragen jemals eine befriedigende Antwort geben wird. Der Sachverhalt ist viel zu komplex, um von der Politik überhaupt verdaut werden zu können. Die Herrschaften verstehen ja noch nicht einmal, welch schädliche Auswirkungen eine zehnjährige Bundesanleihe mit negativer Verzinsung haben wird.
Europa vor dem Bondcrash?
Von den rund 6 Milliarden Euro an Staatsanleihen im Euroraum „rentieren“ inzwischen die Hälfte mit faktisch negativem Zins. Wie sieht hier die Exit-Strategie der EZB aus? Es gibt keine.
Was passiert, wenn die EZB keine Anleihen mehr oder künftig auch nur weniger kaufen kann oder will, insbesondere bei einem negativen Zins? Die Anleihenpreise kollabieren, der Bondcrash reißt alles mit sich. Die Zinsen würden gleichzeitig sprunghaft nach oben (über die Null-Linie) korrigieren.
Anders als in den USA, als die Renditen bis zuletzt noch positiv waren – und selbst dort kommt die Notenbank nur sehr schwer aus der Nummer „QE 3“ wieder heraus. Dennoch machen sich EZB-Vertreter weiterhin keine Gedanken über eine notwendige Exit-Strategie. Das Motto bleibt „Nach mir die Sintflut“.
An Warnungen von berufener Stelle hat es nicht gefehlt. Nämlich von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ, das ist die Bank der Notenbanken). Risikoprämien (Zins) und Risiko stehen in keinem Verhältnis mehr zu einander. Das System wird eines Tages einfach implodieren.
Bis dahin wird es fragwürdigen Schuldnern wie Frankreich, Italien, Spanien und jetzt auch wieder Griechenland so leicht wie möglich gemacht, sich billig zu finanzieren und damit ihre ohnehin schon zu hohe Verschuldung noch weiter auszuweiten.
Die europäischen Großkonzerne folgen ihnen jetzt auf dieser Spur und beschleunigen den Zerfallsprozess des Euros. So ganz nebenbei steigen damit die Risiken in der EZB-Bilanz auf ein nicht mehr beherrschbares Maß, während ihr Eigenkapital mit zuletzt nur noch 7,7 Mrd. Euro fast aufgezehrt ist. Bei null wäre dann das Ende – eine brutale Währungsreform, nicht mehr weit.
Doch auch für die von der EZB begünstigten Großkonzerne ist der neue Schuldenankauf der EZB ein zweischneidiges Schwert. Übernahmen etwa lassen sich auf einmal ganz leicht (über die EZB) finanzieren, was zu weiteren falschen Anreizen führt. Siemens, Evonik, Bayer/ Monsanto sind erst der Anfang.
Für die Aktionäre des übernehmenden Unternehmens sind Übernahmen allerdings kein Segen, da es zu Integrationskosten und einem Konglomerat-Abschlag beim Aktienkurs kommt. Richten Sie sich darauf ein, in den kommenden Jahren in DAX und MDAX bei übernahmefreudigen Unternehmen noch mehr lahme Enten als bisher vorzufinden.
Außerhalb der Eurozone warten die besseren Chancen
Marktverzerrungen durch planwirtschaftliche Instrumente (wie eben eine „Zentralbank“) sind generell eine ekelhafte Sache, die für Kollateralschäden bei bestimmten Marktteilnehmern sorgt. In diesem Fall trifft es sogar das Herzstück der deutschen Wirtschaft, den Mittelstand.