Welche Börsenphasen bringen die größten Kursgewinne?
Gestern habe ich mir die Zeit genommen und Cliff Michel, Chef-Analyst DER TENBAGGER, gebeten, mir eine Einschätzung für Sie zur aktuellen Marktlage zu geben. Dabei betont er unter anderem, dass Krisen ganz klar immer auch Chancen sind – was auch Ihnen aktuell Mut machen sollte, Aktien keinesfalls den Rücken zu kehren.
Goldener Oktober?
Pia Gutermuth: Cliff, der Oktober startete ja bislang relativ zufriedenstellend, oder?
Cliff Michel: Ja, in der Tat. Der Oktober begann recht verheißungsvoll. Von der Wall Street angefangen, über Asien bis zu uns nach Deutschland erstreckten sich zum Teil kräftige Zugewinne. Natürlich sind die bislang nur ein Tropfen auf einem sehr heißen Stein, schließlich ging der September als einer der schlechtesten Börsenmonate überhaupt in die Geschichtsbücher ein und endete in einer deutlich überverkauften Marktlage.
Mit einer Stimmung, die auf der negativen Seite ebenso mit absoluten Rekorden einhergeht wie die Cash-Quoten der Fonds auf der positiven, ist eine weitere Bärenmarkt-Rally im Grunde genommen ohnehin überfällig.
Pia Gutermuth: Doch ist es wirklich nur eine weitere Bärenmarktrally, der schon bald die nächste Verkaufswelle folgt, oder vielleicht doch der Beginn der Trendwende?
Cliff Michel: Diese Frage kann einem natürlich niemand mit Sicherheit beantworten. Selbstverständlich ist die Wahrscheinlichkeit in einem noch intakten Bärenmarkt höher, dass es bald wieder abwärts als aufwärts geht, doch irgendwann – und das könnte auch aktuell eben der Fall sein – wird sich eben aus einer vermeintlichen Bärenmarktrally eine nachhaltige Trendwende entwickeln.
In Rezessionen gab es häufig die größten Kursgewinne
Pia Gutermuth: Die größten Zugewinne gibt es ja oft in Rezessionen, richtig?
Cliff Michel: Ganz genau! Historisch gesehen, gab es in Rezessionen oft die größten Kursgewinne an der Börse. Denn diese handelt schließlich die Zukunft und nicht die Vergangenheit. Von daher sind auch weitere Zinserhöhungen längst in den Kursen eingepreist. Denn genau davon geht der Markt ja aus. Ich bleibe dabei: Eigentlich kann es ja fast nur noch positive Überraschungen geben.
Die Börse ist kurzfristig psychologisch getrieben
Kurzfristig, das kann ich gar nicht genug wiederholen, unterliegt das Börsengeschehen kaum echten fundamentalen Grundlagen, sondern in erster Linie psychologischen Einflussfaktoren.
Auf Sicht weniger Wochen sind Angst und Gier der Investoren entscheidender für die Kursentwicklungen als die Umsatz- und Gewinnentwicklung der Unternehmen. Wer wie ich in Aktien investiert, sollte diese möglichst dann kaufen, wenn sie günstig sind und das Sentiment für Aktien eher negativ.
Pia Gutermuth: Und wann sind Aktien am günstigsten, um diese Aussage hier noch einmal für unsere Leserinnen und Leser aufzugreifen?
Cliff Michel: Das sind sie in einem weit fortgeschrittenen Bärenmarkt. Dann ist auch die Stimmung am schlechtesten. Allerdings kommt hier die psychologisch schwierigste Hürde ins Spiel.
Da niemand weiß, wo und wann die absoluten Tiefstände erreicht werden, geraten Bärenmarkt-Investments mit einer extrem hohen Wahrscheinlichkeit erst einmal ins Hintertreffen. Damit einher geht natürlich dann schnell der Gedanke, etwas falsch gemacht zu haben.
Setzen Sie nun wieder erste „Nadelstiche“
Pia Gutermuth: Wie sollten Anleger sich nun also verhalten und in Bezug auf ihre Investments agieren? Kaufen, verkaufen, abwarten?
Cliff Michel: Aktuell bewegen wir uns eher wieder in einer Kaufphase, die allerdings Geduld erfordert, da wir kurzfristig einfach noch weiterhin diversen Unsicherheiten ausgesetzt sein werden.
Von daher rate ich Anlegern aktuell zunächst einmal vereinzelte „Nadelstiche“ zu setzen, ehe später mit etwas mehr Sicherheit und Gewissheit auch wieder massiv in Aktien und Derivate investiert werden kann und langfristig auch sollte.