Was der Soli-Entscheid für Sie als Anleger bedeutet
Sie haben es wahrscheinlich in den Nachrichten mitbekommen: Heute hat sich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit dem Solidaritätszuschlag (kurz: „Soli“) befasst. Der Ausgang ist noch nicht bekannt; mit der Urteilsverkündung ist erst in einigen Monaten zu rechnen.
Als Anleger sollten Sie aber im Bilde sein, inwiefern Sie vom „Soli“ betroffen sind. Denn: Ob er weiterhin erhoben wird oder ob Sie gar einen Anspruch auf Rückzahlung haben, hängt vom Karlsruher Urteil ab.
Bei der weitgehenden Abschaffung seit 2021 wurden Anleger ausgespart
Der „Soli“ wurde einst eingeführt, um den Aufbau Ost zu finanzieren. Dass sich auf diesem Feld heute noch ein erhöhter Finanzbedarf ergäbe, kann bezweifelt werden. Aber unbestritten ist: Der Bund braucht weiterhin Geld.
Das ist auch der Grund, warum es den Soli heute noch gibt. 5,5% der Steuersumme verlangt das Finanzamt zusätzlich. Auf die daraus resultierenden Einnahmen – 2023 waren es insgesamt 12,2 Mrd. € – wollte schon die Große Koalition nicht verzichten und die Ampel in ihrer akuten Finanznot schon gar nicht. Nur die FDP war dagegen und ist jetzt auch Beschwerdeführer in Karlsruhe. Begründung: Der Soli ist nur rechtmäßig bei einem „besonderen Finanzbedarf“ des Bundes. Und: In seiner aktuellen Form ist der Soli ungerecht, weil nicht alle Steuerzahler davon betroffen sind.
Denn heute zahlt ein Großteil der Bürger keinen Solidaritätszuschlag mehr. Die Große Koalition führte ab dem Jahr 2021 eine Freigrenze ein. Seitdem sind 90% der Steuerzahler nicht mehr Soli-pflichtig. Weitere 6,5% erhalten immerhin eine Ermäßigung. Aber ausgerechnet für Kapitalanleger gilt diese Ermäßigung nicht. Sie zahlen den vollen Solidaritätszuschlag auf ihre Gewinne.
Um wie viel Geld es für Sie als Anleger geht
Der Solidaritätszuschlag beläuft sich auf 5,5% der Steuersumme. Bei Kapitalerträgen (also Kursgewinnen, Zinsen und Dividenden) ergibt sich die Steuersumme, indem Sie Ihre Gewinne malnehmen mit dem Abgeltungsteuersatz von 25%. Pro 1.000 € Gewinn zahlen Sie also 250 € Abgeltungssteuer plus zusätzlich 5,5 % davon als Solidaritätszuschlag, und das sind 13,75 €.
Wie gesagt: Noch ist das Ergebnis der heutigen Verhandlung unklar. Steuerexperten halten es für das wahrscheinlichste Szenario, dass der „Soli“ für die Zukunft abgeschafft wird. Ob das Bundesverfassungsgericht hingegen eine Rückzahlung für die Vergangenheit anordnet, erscheint zweifelhaft. Das würde auch schwierig.
Steuerbescheide seit 2020/2021 mit Vorläufigkeitsvermerk
Seit 2020 bzw. 2021 tragen Steuerbescheide einen Vorläufigkeitsvermerk in Bezug auf den „Soli“. Das heißt: Ein Einspruch ist nicht nötig. Sollte das Urteil aus Karlsruhe den „Soli“ auch rückwirkend als verfassungswidrig einstufen, müsste der Fiskus den betroffenen Steuerbürgern das Geld automatisch erstatten, auch wenn sie keinen Einspruch eingelegt haben.
Es gibt aber eine Schwierigkeit, die nur Kapitalanleger betrifft: Die Abgeltungsteuer mitsamt „Soli“ wird automatisch von der Depot-Bank einbehalten. Die wenigsten haben ihre Kapitaleinkünfte in der Einkommenssteuererklärung (Anlage KAP) deklariert. Folglich haben auch die wenigsten einen Steuerbescheid mit Vorläufigkeitsvermerk. Ob und wie eine Erstattung über die Depot-Bank machbar wäre, steht in den Sternen.
Mein Rat: Nutzen Sie die verfügbaren Steuersparmöglichkeiten
Beim Solidaritätszuschlag bleibt Ihnen nur eines: Sie müssen abwarten, wie Karlsruhe entscheidet. Steuern sparen können Sie trotzdem jetzt schon. Etwa indem Sie Ihrer Depot-Bank einen Freistellungsauftrag erteilen, oder bei mehreren Banken auch mehrere. Damit stellen Sie sicher, dass die ersten 1.000 € Ihrer Kapitalerträge als so genannter Sparerpauschbetrag von vornherein von Abgeltungsteuer und „Soli“ verschont bleiben.
Auch einen Antrag auf Quellensteuererstattung bei ausländischen Dividenden empfehle ich Ihnen. Beispielhaft habe ich Ihnen in der Schlussgong-Ausgabe vom 25. Oktober 2024 erläutert, wie Sie bei österreichischen Dividenden vorgehen. Das empfiehlt sich auch zum Beispiel bei Schweizer Aktien. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Anlegen und beim Steuernsparen!