Varta taumelt schwer: Die Aktie bleibt eine Blackbox!
Erinnern Sie sich noch? Es ist gerade mal gut ein Jahr her, als der deutsche Batteriekonzern Varta seinen Einstieg in die Elektromobilität offiziell bekannt gegeben hatte. Doch jetzt wird das ambitionierte Projekt ausgebremst. Denn: Das Unternehmen aus Ellwangen leidet schwer unter den aktuellen Krisen.
Varta musste am Dienstag im Rahmen der Quartalspräsentation ankündigen, dass man den Bau einer Fabrik für Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos aus Kostengründen vorerst stoppen werde. Man werde den Bau erst dann fortsetzen, wenn Kunden verbindliche Zusagen zur Abnahme der „V4Drive“-Batterien tätigen.
Varta hatte viel Hoffnung auf Elektromobilität geschürt
Dabei hatte Varta in den letzten Monaten immer wieder auf das Potenzial dieser Akku-Modelle hingewiesen und zuletzt gar eine eigene Tochterfirma für das Projekt gegründet. Die V4Drive-Batterien sollen demnach zusätzliche Performance-Qualitäten bieten, größere Reichweiten ermöglichen und schneller geladen werden können.
Die Ellwanger hatten hierzu Ende 2021 eine Pilotanlage in Betrieb genommen. Diese will das Management nun nutzen, um zumindest einen Serienauftrag eines Premium-Autobauers abzuarbeiten. Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass es sich dabei um Porsche handelt. Weitere Lieferverträge mit Autokonzernen scheint es bis dato allerdings nicht zu geben.
Batteriekonzern im Sog der Krisen
Für die nun aus Eis liegende Fabrik in Nördlingen hatte Varta eine Investition von 500 Millionen Euro veranschlagt. Das Problem: Das Unternehmen verbrennt derzeit jede Menge Geld. Im Jahresverlauf hatte die schwäbische Traditionsfirma mehrere Gewinnwarnungen veröffentlichen müssen. Für das Gesamtjahr 2022 rechnet man inzwischen nur noch mit einem Betriebsgewinn von 55 bis 60 Millionen Euro. Das wäre knapp 80 Prozent weniger als im Vorjahr. Unterm Strich fiel in den neun Monaten per Ende September 2022 gar ein Verlust von 20 Millionen Euro an.
Varta begründet dieses Bilanz-Desaster mit den Folgen des Ukraine-Kriegs. So leide der Konzern unter den hohen Rohstoff- und Energiekosten, die man nur teilweise an die Kunden weitergeben könne. Gleichzeitig seien die Kunden selbst ebenfalls von Produktionsunterbrechungen betroffen und können so keine Produkte oder nur verringerte Mengen von Varta abnehmen.
Die Ellwanger wiesen zudem auf die rückläufigen Konsumausgaben vieler Verbraucher hin. Das betrifft insbesondere das Geschäft mit Knopfzellen für kabellose Kopfhörer. Zu den Kunden zählen hier Großkonzerne wie Samsung und Apple. Zwischen Januar und Ende September ging der Umsatz dieser Varta-Sparte zurück. In der Folge hat das Unternehmen nun seine Produktionskapazitäten reduziert und am Knopfzellen-Standort Nördlingen Kurzarbeit auf den Weg gebracht.
Mein Fazit für Sie
Varta muss jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, um seine Kosten in den Griff zu bekommen. Denn auch für das kommende Jahr rechnet das Management mit hohen Belastungen durch das wirtschaftliche Umfeld. Dass man deshalb die wohl wichtigste Wachstumsfantasie, nämlich Batterien für Elektroautos, hintanstellen muss, ist zwar ärgerlich, aber wohl kaum vermeidbar.
Wann genau Varta die Massenproduktion dieser Akkus aufnehmen kann, steht jetzt natürlich in den Sternen. Ebenso unklar ist, wie lange der Konzern auf Sparflamme arbeiten muss. Die Aktie ist daher mehr denn je eine Blackbox. Im schlimmsten Falle könnte Varta in die Zahlungsunfähigkeit rutschen. Der Bestand der Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente lag zum Ende des dritten Quartals nur noch bei 32,4 Millionen Euro. Mit einer Dividende sollten Anleger also erst einmal nicht rechnen.
Immerhin: Varta konnte zuletzt zumindest einen Lichtblick senden. Die Erlöse der Sparte mit Haushaltsbatterien und Energiespeicherlösungen stiegen in Q3 um knapp 16 Prozent. Hier profitiert das Unternehmen davon, dass sich mehr und mehr Verbraucher Heimspeicher etwa für ihre eigenen Solarpanels oder zum Laden von Elektroautos anschaffen.
Das aber ist angesichts der sonstigen Probleme nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Der Analyst Robert-Jan von der Horst von Warburg Research senkte nach der Quartalspräsentation sein Kursziel für die Varta-Aktie von 21 auf 17,5 Euro. Gegenüber dem Kursniveau von Mittwochvormittag wäre das ein weiterer Rückgang um 43 Prozent (Stand: 16.11.2022, 11:00 Uhr).
Zum Vergleich: Ende 2021 hatte das Papier noch bei 113 Euro notiert.