Twitter-Management knickt ein: Musk wird wohl zuschlagen

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Nun also doch: Nach langem Hin und Her startet Tesla-Chef Elon Musk einen echten Anlauf, um den Kurznachrichtendienst Twitter zu übernehmen.

Insgesamt will der vermögendste Mensch auf der Welt für den Kauf rund 44 Milliarden US-Dollar auf den Tisch legen, die Offerte beläuft sich auf 54,20 Dollar je Aktie. Nun müssen die Anleger entscheiden, ob sie auf das Angebot eingehen wollen oder nicht.

Twitter-Management gibt Widerstand auf

Innerhalb eines Monats hat die Aktie um rund ein Drittel zugelegt und kostete am Mittag rund 52 Dollar. Anfang April hatte Musk bekanntgegeben, schrittweise rund 9 Prozent der Twitter-Anteile aufgekauft zu haben. Das Unternehmen bot ihm daraufhin einen Sitz im Verwaltungsrat an – was allerdings zur Folge gehabt hätte, dass Musk seinen Anteil nicht auf mehr als 15 Prozent erhöhen dürfte. Er lehnte ab – und kündigte an, stattdessen Twitter komplett zu kaufen.

Das Management des Unternehmens wehrte sich zunächst gegen die Übernahmepläne, stimmte nun aber offenbar doch einem Deal zu. Nun sind die Aktionäre am Zug. Die Kursentwicklung der vergangenen Wochen legt nahe, dass die Anteilseigner der Offerte nicht überwiegend ablehnend gegenüberstehen.

Musk selbst ist aktiver wie umstrittener Twitter-Nutzer

Musk, dessen Vermögen maßgeblich auf den Aktien seiner Unternehmen Tesla und SpaceX basiert, ist selbst äußerst aktiver Nutzer des Kurznachrichtendienstes. Immer wieder sorgte er mit umstrittenen Tweets für Aufsehen – und Kursausschläge an den Börsen.

Mal bewegte er die Tesla Aktie, mal den Bitcoin. Immer wieder handelte er sich mit seinen gerne nächtlich abgesetzten Tweets Ärger mit der US-Börsenaufsicht ein. Zuletzt gab es im vergangenen Jahr sogar die Auflage, dass seine Nachrichten vor Veröffentlichung erst durch andere hochrangige Tesla-Mitarbeiter geprüft werden müssten, was Musk augenscheinlich ignorierte und munter weiter drauflos twitterte.

Weniger Regulierungen – mehr Unwahrheiten?

Mit der nun geplanten Übernahme will Musk seinen Einfluss bei Twitter ausbauen. Dabei will er offenbar vor allem bisherige Regulierungen aufweichen und sich für mehr „Redefreiheit“ einsetzen. Kritiker befürchten, dass dadurch vermehrt Unwahrheiten unwidersprochen verbreitet werden könnten.

Twitter hatte in der Vergangenheit Faktenchecks eingeführt oder Tweets mit Warnhinweisen versehen. Für besonders großes Aufsehen sorgte der Ausschluss des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump von der Plattform. Trump war – ebenso wie Musk – begeisterter und aktiver Nutzer des Kurznachrichtendienstes.

Trump unterstützt Musks Vorstoß, plant aber kein Twitter-Comeback

Vor und während seiner Amtszeit nutzte Trump Twitter als vorrangiges Kommunikationsmittel und sorgte mit kurzen Tweets für manches politische Beben. Der Ex-Präsident befürwortet die Übernahmeofferte Musks und dessen Pläne für einen lockereren Umgang mit Redefreiheit und Zensur, beabsichtigt selbst aber offenbar vorerst keine Rückkehr zu Twitter.

Trump hat inzwischen eine eigene Plattform aufgebaut, die er künftig nutzen wolle. Es ist eine bezeichnende wie besorgniserregende gesamtgesellschaftliche Entwicklung, wenn vermögende ältere Herren künftig ihre jeweils eigene Onlineplattform besitzen, um der Welt ihre Botschaften zu verkünden und dabei eine möglichst hohe Reichweite zu erzielen.

Twitter Aktie schon bald nicht mehr an der Börse?

Tatsächlich dürfte es auch Musk mehr um das eigene Ego gehen als um wirtschaftliche Interessen. Basierend auf der reinen Entwicklung der Geschäftszahlen in den vergangenen Jahren ist Twitter nicht wirklich ein attraktives Übernahmeziel, zuletzt schrieb das Unternehmen immer wieder Verluste.

Kommt der Deal nun tatsächlich zustande, was von Beobachtern als sehr wahrscheinlich eingeschätzt wird, dürfte sich Twitter zudem schon bald von der Börse verabschieden. Musk plant eigenen Angaben zufolge ein Delisting der Aktie.

Jubel aus zweifelhafter Richtung

Bejubelt werden seine Pläne vor allem aus jenen Lagern, die sich von Twitter und seinen Begrenzungen in der Vergangenheit ungerecht behandelt fühlten: Corona-Leugner und Trump-Anhänger, die den Sturm aufs Kapitol gefeiert und das Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl in Zweifel gezogen hatten, waren bei Twitter vielfach verwarnt oder der Plattform verwiesen worden.

Kritiker warnen nun vor einer wieder stärkeren Verbreitung von „Fake News“, die Wahlkampf und Amtszeit Trumps geprägt hatten. Der schmale Grat zwischen Meinungsfreiheit und Hassrede im Netz ist fließend, das gilt insbesondere für die sozialen Medien.

Wird Musk die richtige Balance finden?

Ob es Musk gelingt, hier eine ausgewogene Balance zu ziehen, wird von vielen Beobachtern angezweifelt. Er selbst definiert die von ihm angestrebte Redefreiheit als die Möglichkeit, dass „eine Person, die man nicht mag, etwas äußert, was man nicht mag“. Ein grundsätzlich erstrebenswerter Ansatz, der jedoch nicht auf komplette Grenzenlosigkeit stoßen sollte.

Bedenken äußerte unter anderem auch Jeff Bezos, Ex-Chef von Amazon und vormals reichster, nun zweitreichster Mann der Welt (nach Musk). Bezos, der mit Musk auf dem Feld der privaten Raumfahrt direkt konkurriert, schätzt, dass sich die Twitter-Pläne auf das China-Geschäft von Musks eigentlichem Kerngeschäft, dem Elektroautobauer Tesla, auswirken könnten. Das Reich der Mitte gilt als wichtiger Absatzmarkt der E-Fahrzeuge, ist zugleich aber nicht gerade für umfassende Redefreiheit bekannt.