Musk übernimmt Twitter in letzter Minute – und greift sofort durch
Nun also doch: In buchstäblich letzter Minute hat Elon Musk seinen umstrittenen Twitter-Kauf abgeschlossen und damit ein Gerichtsverfahren abgewendet, das ihn womöglich zur Übernahme gezwungen hätte.
Darauf hatte Twitter den Unternehmer verklagt, nachdem dieser sein Übernahmeangebot im Frühjahr nach wenigen Wochen scheinbar zurückzog. Beobachter vermuteten damals, es könne Musk darum gehen, den Preis zu drücken. Rund 44 Milliarden US-Dollar soll sich der Tesla-Chef die Übernahme seines bevorzugten Kommunikationskanals kosten lassen – und will dort nun andere Saiten aufziehen.
Musk feuert Twitter-Management
Damit hat Musk auch umgehend begonnen. Gleich mehrere hochrangige Manager wurden umgehend entlassen, darunter der bisherige CEO Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal und Chefjuristin Vijaya Gadde. Es ist wie immer, wenn Musk beteiligt ist: Es geht nicht ohne das ganz große Brimborium.
Was genau er nun vorhat mit dem Kurznachrichtendienst, ist dagegen ungewiss. Offenbar will Musk zunächst selbst als CEO agieren, könnte diesen Posten aber nach einer Weile auch delegieren. Zudem hatte er bereits vor Monaten angekündigt, Twitter im Falle einer Übernahme von der Börse nehmen zu wollen.
Kehrt Trump zu Twitter zurück?
Lebenslange Sperren, wie sie Twitter unter anderem über Ex-US-Präsident Donald Trump verhängt hat, will Musk künftig generell abschaffen. Zumindest mittelfristig könnte somit auch Trump wohl zu Twitter zurückkehren. Er hatte das Medium während des Wahlkampfes sowie auch während seiner Amtszeit und darüber hinaus als wesentlichen Kommunikationskanal für seine Politik genutzt.
Nach seinem Rauswurf gründete Trump sein eigenes Netzwerk, Truth Social, das allerdings als Netzwerk insgesamt sowie auch mit Blick auf seinen persönlichen Account eine deutlich geringere Reichweite aufweist als Twitter. Das rechte Lager frohlockt bereits auf Twitter und freut sich auf eine Rückkehr Trumps. Der winkt jedoch ab, es gefalle ihm besser auf seiner eigenen Plattform.
Ex-Präsident ziert sich – noch
Gut möglich, dass der Ex-Präsident hier kokettiert – und im Endeffekt dem Ruf seiner Anhänger folgt. Das gilt insbesondere dann als nicht unwahrscheinlich, sollte sich Trump tatsächlich zu einer erneuten Präsidentschaftskandidatur entscheiden.
Andere Twitter-Nutzer reagierten entsetzt auf die neuen Machtverhältnisse an der Spitze des Unternehmens. Konten mit hoher Reichweite forderten ihre Follower auf, mit ihnen die Plattform zu wechseln. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt jedoch, dass es schwierig werden dürfte, eine kritische Masse zum Umzug zu bewegen.
Massenabwanderung oder Monopolstellung?
Entsprechende Aufrufe gab es auch mit Blick auf Facebook oder WhatsApp immer wieder, wenn das Unternehmen Datenschutz- oder sonstige Änderungen vorgenommen hat. Im Endeffekt war die Marktmacht aber schlichtweg zu groß, nennenswerte Alternativen konnten sich nicht flächendeckend durchsetzen, andere Anbieter führen eher ein Nischendasein.
Selbst Trump ist es schließlich nicht gelungen, seine Twitter-Gefolgschaft zum Umzug zu bewegen, nur ein Bruchteil seiner einst rund 80 Millionen Follower wechselte mit ihm zu Truth Social – ein einerseits beruhigendes Zeichen, da es die Begrenzung seines Einflusses dokumentiert, andererseits aber auch ein Signal, das unterstreicht, welche Bedeutung und Quasi-Monopolstellung Twitter selbst innehat.
Erste Werbepartner ziehen sich zurück
Wohin die Reise künftig geht, ist völlig ungewiss. Musk hatte stets betont, sich für mehr Rede- und Meinungsfreiheit auf der Kurznachrichtenplattform einsetzen zu wollen. Kritiker befürchten, damit könnten Hass und Hetze leichteres Spiel haben. Bislang galt Twitter als eines der Unternehmen, die sich vergleichsweise stark gegen Hasskommentare eingesetzt und entsprechend zu moderieren versucht hat.
Erste Werbepartner ziehen bereits Konsequenzen. Solange die neue Ausrichtung von Twitter nicht klar ist, wird General Motors seine Werbeanzeigen bei Twitter auf Eis legen, wie der US-Autohersteller mitteilte.