Zwischen Risiko und Chance: So wichtig ist China für Tesla!
Eines muss man Tesla zugestehen: In Sachen Geschwindigkeit lässt der kalifornische Konzern seine Konkurrenz regelmäßig hinter sich. Dabei ist nicht einmal die Schnelligkeit der Autos gemeint, sondern das Engagement, dass Tesla beim Bau seiner Fabriken an den Tag legt.
Schauen Sie: Innerhalb von nur einem Jahr hatten die Kalifornier im 2019 die Gigafactory im chinesischen Shanghai hochgezogen und ohne größere Pausen mit der Herstellung begonnen. Inzwischen ist Shanghai einer der wichtigsten oder sogar der wichtigste Tesla-Standort, ist er doch ein Paradebeispiel für das schnelle Wachstum des E-Autobauers.
Entsprechend blicken die Aktionäre jeden Monat gebannt auf die dortigen Produktionszahlen. Das Ganze hat allerdings auch einen faden Beigeschmack. Dazu aber weiter unter mehr.
Nach Umbaupause: Gigafactory Shanghai im August wieder stark
Zunächst gibt es erfreuliche Nachrichten zu Teslas China-Standort: Wie aus Medienberichten hervorgeht, lieferte die Fabrik in Shanghai im August 76.965 Fahrzeuge aus. Das ist nur knapp unter dem Rekord aus dem Juni, als man noch 77.938 Exemplare absetzen konnte.
Insbesondere im Vergleich zum Juli legte man nun wieder ordentlich zu. So hatte das chinesische Tesla-Werk in dem Monat gerade einmal 28.217 Fahrzeuge ausgeliefert. Der Grund dürfte für die Aktionäre eher positiv sein. So hatte Tesla die Montagebänder Anfang Juli in Shanghai vorübergehend stillgelegt, um die Produktionskapazitäten zu erhöhen.
Damit will der Konzern das von Elon Musk postulierte Ziel rund um jährlich 1,1 Millionen dort hergestellter Elektroautos erreichen. Shanghai wäre somit die mit Abstand leistungsstärkste Fabrik des Unternehmens.
Elektro-Boom in China
Schaut man sich den Boom der Stromer in der Volksrepublik an, kommt die Tesla-Offensive nicht von ungefähr: Nach Angaben des chinesischen Branchenverbands PCA wurden in China im August insgesamt 1,9 Millionen Fahrzeuge an Verbraucher verkauft und damit 28,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Gleichzeitig verdoppelte sich die Zahl an ausgelieferten Elektroautos auf 529.000 Einheiten. Etwa ein Viertel der in China abgesetzten Autos waren somit elektrifiziert.
Interessant ist, dass der chinesische Automarkt trotz aller Störfaktoren so massiv zulegen konnte. So musste die Volksrepublik vor allem wegen der strengen Corona-Politik zuletzt erhebliche Konjunkturdellen hinnehmen. Hinzu kamen lokale und regionale Lieferkettenprobleme sowie hitzebedingte Stromausfälle.
Musk beugt sich der Kommunistischen Partei
Ganz unproblematisch ist das Thema China für Tesla allerdings nicht. Das hat vor allem mit der Politik Pekings zu tun und dem Umstand, dass Konzernboss Elon Musk sich dieser offenbar anbiedert. So hatte Musk als erster Ausländer überhaupt vor kurzem einen Beitrag im Magazin der chinesischen Cyberspace-Behörde veröffentlicht. Diese wiederum gilt als größte Zensur-Institution der Welt. Vor allem innerhalb der sozialen Netzwerke Chinas greift die „Cyberspace Administration“ permanent rigoros durch.
Das Ganze ist aus mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. So hatte sich Musk im Rahmen des inzwischen skandalumwobenen Twitter Deals massiv für die Redefreiheit ausgesprochen. Dass der Milliardär ausgerechnet für die schärfste Zensur-Behörde Chinas einen Beitrag schreibt, dürfte in den USA nun umso mehr auf Kritik schossen. Gerade mit Blick auf die zunehmenden Spannungen in Sachen Taiwan.
Peking profitiert von Teslas Wachstumskraft
Auf der anderen Seite zeigt Musks Engagement, wie wichtig Tesla inzwischen auch für China ist. Dass die Kommunistische Partei einem US-Konzernboss überhaupt erlaubt, für eine solche Behörde einen Beitrag zu verfassen, ist wie gesagt ein Novum. Peking weiß genau um die Wirtschaftskraft, die Tesla mit sich bringt und honoriert das Ganze jetzt offenbar.
Tatsächlich hatten die Behörden Tesla während der Corona-Lockdowns im März bereits bevorzugt behandelt und dem Konzern erlaubt, früher die Produktion wieder anlaufen zu lassen – natürlich unter gewissen Einschränkungen.
Mein Fazit für Sie
Allein im letzten Jahr erzielte Musks Unternehmen in China einen Umsatz von 13,8 Milliarden Dollar. Das entspricht mehr als einem Viertel des Gesamtumsatzes (53,8 Mrd.).
Dabei ist hier längst nicht nur der chinesische Absatzmarkt wichtig. Die Fabrik in Shanghai ist das Exportzentrum von Tesla und beliefert viele Märkte. Allein im ersten Halbjahr 2022 war die Gigafactory für fast die Hälfte aller chinesischen NEV-Exporte („New Energy Vehicle“) verantwortlich.
Musk braucht also gute Beziehungen zu Peking, um seine Wachstumsstory fortsetzen zu können. Dabei geht der Unternehmer natürlich auch ein hohes Risiko ein. Im schlimmsten Falle könnte Tesla im Zuge eines weiter eskalierenden Handelskonflikts zum Spielball der Politik werden. Und am Ende sitzt Peking fast immer am längeren Hebel.