Plug Power-Aktie mit Trauerspiel: Wasserstoff am Ende?
es ist ein Trauerspiel erster Güte: Aber schauen Sie sich selbst den Aktienkurs von Plug Power an:
Quelle: www.aktienscreener.com
Seit dem Hoch Anfang 2021 hat der Wasserstoff-Titel um 94 Prozent abgewertet (Stand: 13.11.2023, 9:00 Uhr, Börse Stuttgart). Den jüngsten Rückschlag gab es indes erst Ende letzter Woche. So verbilligte sich die Aktie allein am Freitag um etwa 40 Prozent.
Was macht Plug Power eigentlich?
Dabei ist Plug Power eigentlich ein vielversprechendes Unternehmen. Die US-Firma gilt als Vorreiter im Bereich der Brennstoffzellen. Mit seinem „GenDrive“-System kombiniert Plug Brennstoffzellen mit Speicherlösungen und liefert dieses Komplettpaket unter anderem an Logistikunternehmen, die es zum Beispiel in Gabelstablern einsetzen. Neben Brennstoffzellen, Speicherlösungen und Wasserstoff-Tankstellen entwickeln und produzieren die Amerikaner auch PEM-Elektrolyseure. In diesen Anlagen kann Wasserstoff mithilfe von Öko-Strom klimaschonend erzeugt werden.
Festzuhalten bleibt: Plug Power ist eine der ambitioniertesten Wasserstofffirmen der Welt. Ruft man sich ins Gedächtnis, welch enormes Potenzial dem (grünen) Energieträger zugeschrieben wird, müsste das Unternehmen doch eigentlich an der Börse florieren? Doch ganz so einfach ist es nicht.
So lief es für Plug im dritten Quartal
Im dritten Quartal 2023 hat Plug einen Umsatz von knapp 199 Millionen US-Dollar erzielt, wie das Unternehmen am letzten Donnerstag bekannt gab. Das ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Plus von nur rund 5 Prozent. Für ein Unternehmen, dessen Fantasie sich eigentlich aus Mega-Wachstum speist, ist das ein Debakel. Doch nicht nur das: Im zweiten Quartal hatte der Wasserstoffspezialist noch etwa 260 Millionen Dollar an Erlösen generiert. Das Wachstum ist also gegenüber dem Vorjahr nicht nur schwach, sondern gegenüber dem Vorquartal gar nicht existent gewesen.
Die firmeneigene Prognose für 2023 rückt deshalb in immer weitere Ferne. Das Management hatte eigentlich einen Umsatz von 1,2 bis 1,4 Milliarden Dollar in Aussicht gestellt. In den ersten neun Monaten waren es allerdings bis dato nur knapp 670 Millionen Dollar. Dass Plug seine hochtrabende Wachstumsprognose jetzt noch erfüllen kann, ist seit Donnerstag also mehr als unwahrscheinlich.
Doch nicht nur der Umsatz kriselt schwer, auch die Ergebnisseite ist desaströs. In Q3 belief sich der Verlust des Unternehmens auf 283,5 Millionen Dollar. Zum Vergleich: Im Vorjahresquartal waren es „nur“ knapp 171 Millionen Dollar gewesen. Operativ (net cash used in operating activities) verbrannte Plug in den ersten neun Monaten fast 864 Millionen Dollar – und damit noch einmal deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum (522 Mio.).
Gründe für schwache Zahlen: Börse tappt im Dunkeln
Schwache Umsätze, hohe Verluste, heftige Cashburn-Rate: Für die Börse ist das ein ungutes Gemisch. Zumal die neuen Zahlen noch einmal deutlich unter den Erwartungen vieler Analysten lagen. Der Kapitalmarkt hofft seit vielen Monaten darauf, dass sich die Wasserstoff-Fantasie rund um Plug Power endlich in konkreten Zahlen widerspiegelt und das Durchbrechen der Gewinnschwelle möglich wird. Seit Donnerstag ist diese Hoffnung nun erst einmal weg.
Eine allzu konkrete Begründung lieferte das Management indes nicht. Nur so viel: Es habe diverse „Ereignisse höherer Gewalt“ auf dem nordamerikanischen Markt gegeben, durch die die Lieferketten negativ beeinflusst worden seien. Dass Plug relativ zurückhaltend über die Hintergründe des schwachen Zahlenwerks berichtet hatte, sorgte an der Börse für zusätzliche Verunsicherung.
Experten jedenfalls sehen derzeit große Herausforderungen rund um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Vor allem die hohen Zinsen resultieren in gestiegenen Investitionskosten. Die Befürchtung: Viele Unternehmen könnten deshalb von Investitionen zum Beispiel in grünen Wasserstoff absehen – was das Geschäft von Plug mittelfristig ausbremsen würde. Und auch bei den Erneuerbaren Energien selbst, die für die grüne Variante des Energieträgers unabdingbar sind, gibt es wegen des makroökonomischen Umfelds aktuell erhebliche Wachstumsbedenken.
Plug hofft auf staatliche Rückendeckung
Auf der anderen Seite sieht sich Plug Power immer noch als künftiger Profiteur staatlicher Unterstützungsprogramme. In den USA etwa hofft das Unternehmen auf den Inflation Reduction Act, der Steuererleichterungen für Wasserstoffproduzenten bewirken soll. Wie genau sich das von Präsident Joe Biden forcierte Gesetzespaket auf Plug auswirken wird, ist bis dato aber noch unklar.
Immerhin: Erst kürzlich hatte das US-Verteidigungsministerium sieben sogenannte Wasserstoff-Hubs angekündigt. Diese sollen eine ganzheitliche Wertschöpfungskette bieten: angefangen bei der Erzeugung des Öko-Stroms bis hin zur Herstellung des grünen Wasserstoffs und der Belieferung der Industrie. Plug Power wird nach eigenen Angaben an allen sieben Hubs beteiligt sein.
In Europa hoffen die Amerikaner indes ebenfalls auf staatliche Rückendeckung – etwa über den Net Zero Industry Act und die Wasserstoff-Bank. Auch die EU-Kommission sieht im grünen Wasserstoff schließlich einen der wichtigsten Hebel zur Dekarbonisierung bestimmter Wirtschaftssektoren, etwa der Stahlbranche.
Mein Fazit für Sie
Die große Wachstumsfantasie rund um den grünen Wasserstoff verpufft an der Börse. Für den Kapitalmarkt ist es ganz einfach: Die Probleme überwiegen die Chancen massiv, zumindest aus aktueller Sicht. Plug Power hat es im Rahmen der Q3-Präsentation nicht geschafft, neue Hoffnungssignale zu senden. Im Gegenteil: Die Krise scheint noch wesentlich tiefgreifender zu sein als ohnehin befürchtet wurde.
Interessant: Das schwache Zahlenwerk hat nicht nur die Plug-Aktie belastet, sondern den gesamten Wasserstoffsektor. Konkurrenztitel wie Nel ASA, ITM Power oder Nucera mussten zunächst ebenfalls Federn lassen – wenngleich bei Weitem nicht so stark wie die Plug-Aktie selbst. Ein Sippenschafts-Effekt also, der gerade bei Wasserstoff-Aktien jahrelange Tradition hat.
Als Anleger müssen Sie derzeit also starke Nerven mitbringen. Wollen Sie trotz aller Probleme in den Wasserstoffsektor investieren und gleichzeitig Ihr Investmentrisiko minimieren, können Sie statt die notorisch defizitären kleineren Aktien wie Plug Power eher die Big Player auf den Schirm nehmen. Diese sind wesentlich breiter diversifiziert, besser finanziert und hören auf Namen wie Linde und Air Liquide.