Netflix legt Quartalsbilanz vor: Tiefgestapelt ist halb gewonnen
Netflix Anleger können aufatmen: Ein erneutes Debakel ist ausgeblieben. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass das Unternehmen selbst die Erwartungen bereits im Vorfeld deutlich heruntergeschraubt hatte. Ein Schockerlebnis wie im Auftaktquartal ist damit ausgeblieben.
Q1-Schock ist ausgeblieben – dank reduzierter Erwartungen
In Q1 hatte Netflix selbst mit einem Zuwachs von 2,5 Millionen Abonnenten gerechnet – unterm Strich aber rund 200.000 Kunden verloren, was die Aktie und auch das Unternehmen selbst erheblich unter Druck gesetzt hatte.
Für das zweite Quartal hatte der Streamingdienst nun selbst vorsorglich tiefgestapelt und einen Nutzerrückgang um 2 Millionen Nutzerkonten in Aussicht gestellt. Ganz so schlimm kam es dann aber doch nicht: Lediglich rund 970.000 Abonnenten kehrten Netflix im Zeitraum von April bis Ende Juni den Rücken und damit nicht einmal halb so viele wie befürchtet.
Umsatz und Gewinn gestiegen – Wechselkurseffekte belasten Bilanz
Vor allem erfolgreiche Eigenproduktionen wie die Mysteryserie „Stranger Things“ hielten viele Zuschauer bei Laune. Der Umsatz kletterte im zweiten Quartal um 9 Prozent auf knapp 8 Milliarden Dollar, wobei Währungseffekte das Ergebnis drückten: Ohne die Dollarstärke der vergangenen Monate hätte sich das Umsatzplus auf 13 Prozent belaufen, so das Unternehmen. Das Betriebsergebnis ging um 15 Prozent zurück auf 1,6 Milliarden Dollar.
Der Nettogewinn liegt mit gut 1,44 Milliarden Dollar rund 6,5 Prozent höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, als Netflix noch 1,35 Milliarden Dollar Gewinn verbuchte. Der Gewinn je Aktie lag im zurückliegenden Jahresviertel bei 3,20 Dollar.
Ausblick schwächer als erwartet
Für das laufende Quartal rechnet Netflix mit einem erneuten Wachstum des Kundenstamms um eine Million. Hier hatten Analysten im Schnitt mehr erwartet und dem Streamingdienst einen Zuwachs um gut 1,8 Millionen Kunden zugetraut.
Anleger reagierten dennoch positiv auf die frische Bilanz: Die Netflix Aktie legte im Nachgang zur Vorlage der Quartalszahlen um knapp 10 Prozent zu. Seit Jahresbeginn ist das Papier massiv unter die Räder geraten und hat fast zwei Drittel an Wert verloren. Neben dem bereits erwähnten Q1-Schock über den überraschenden Nutzerschwund im Auftaktquartal des Jahres ist es vor allem der Erfolg der Konkurrenz, der den einstigen Platzhirsch unter Druck setzt.
Günstige Abos mit Werbeanzeigen sollen neue Kunden anlocken
Amazon, Apple, Walt Disney – sie alle haben ihre eigenen Streamingplattformen zuletzt stark ausgebaut und neben Blockbustern großer Hollywoodstudios ebenfalls starke Eigenproduktionen aufgelegt. Weil sich aber viele Haushalte nicht alle Abos parallel leisten können oder wollen, sondern sich auf ein bis zwei Anbieter beschränken, wird häufiger gewechselt.
Die Anbieter reagieren inzwischen ihrerseits darauf – und planen alternative Abomodelle mit Werbeeinspielungen. Bisher sind die bezahlten Abos werbefrei, künftig könnte es günstigere oder sogar für Nutzer kostenfreie Angebote geben, die dafür über Werbung finanziert werden. Nach Amazon plant nun offenbar auch Netflix einen solchen Schritt, hierzu kooperiert das Unternehmen mit Microsoft, wie beide Unternehmen kürzlich bekanntgaben.
Analysten mäßig optimistisch
Analysten reagierten verhalten auf die neuesten Zahlen von Netflix. Die britische Barclays Bank beließ die Einstufung für die Netflix Aktie unverändert bei „Equal Weight“ mit Kursziel 170 Dollar. Ebenfalls neutral positionierte sich nach Vorlage der Zahlen die US-Großbank JP Morgan, hob zugleich aber das Kursziel von 230 auf 240 Dollar an. Experten der Deutschen Bank bestätigten ihre Einstufung „Halten“ für die Netflix Aktie, reduzierten aber das Kursziel von 300 auf 270 Dollar. Die US-Investmentbank Goldman Sachs hingegen rät weiterhin zum Verkauf mit Kursziel 186 Dollar.
Zur Begründung verwiesen die Analysten einerseits auf die gedämpften Aussichten zum Kundenwachstum im laufenden Quartal, andererseits auf die Bemühungen, mehr Nutzer zu gewinnen durch günstigere Abonnements, Stichwort Werbefinanzierung.
Zuletzt war die Netflix Aktie für knapp 210 Dollar zu haben.