Microsoft plant Milliardeninvestition im Rheinland
In Sachen Digitalisierung und IT-Infrastruktur gilt Deutschland seit Jahrzehnten als Problemfall. Im Vergleich zu den meisten europäischen Nachbarn ist die Internet- und Mobilfunkanbindung hierzulande ausbaufähig. Funklöcher sind keine Seltenheit, ob in ländlichen Regionen oder in der städtischen U-Bahn – es herrscht allenthalben dringender Nachholbedarf.
Seit Corona: Deutschland holt auf in Sachen Digitalisierung
Immerhin: Einen kräftigen Anschub gab es durch die Pandemie. Als Büroangestellte ins Home Office geschickt und Schulen nur per Distanzunterricht offengehalten wurden, war in vielen Kommunen ein Ruck spürbar. Deutschland ist heute vielerorts besser aufgestellt als noch vor 5 Jahren.
Frischen Wind und neuen Glanz bringen zudem ausländische Investoren. Tesla produziert bereits seit einigen Jahren seine Elektrofahrzeuge für den europäischen Markt im brandenburgischen Grünheide nahe der Hauptstadt. Weitere Ansiedlungen großer IT-Unternehmen sind geplant, etwa in Magdeburg, wo der US-Chiphersteller Intel einen neuen Standort mit tausenden Arbeitsplätzen hochziehen will. Auch in Dresden und Leipzig entstehen neue Forschungs- und Entwicklungszentren.
Microsoft-Milliarden fließen in Deutschlands Westen
Vergangene Woche nun die nächste Ankündigung: Auch NRW soll profitieren. Konkret plant Microsoft milliardenschwere Investitionen in Deutschlands Westen. Vorrangig soll es dabei um die weitere Entwicklung der zukunftsträchtigen Künstlichen Intelligenz (KI) gehen. Die räumliche Nähe zu großen Industriekunden wie der Energiewirtschaft im Ruhrgebiet oder den Chemiekonzernen im Rheinland ist dabei ausdrücklich gewünscht.
NRW kann diese Zukunftsperspektive gut gebrauchen. Jenseits der florierenden Rheinschiene darbt das bevölkerungsreichste Bundesland, der Strukturwandel hat vor allem im Ruhrgebiet tiefe Spuren hinterlassen. Mit dem Abschied vom dortigen Bergbau und der Schließung der Zechen ging ein enormer wirtschaftlicher Abstieg der Region einher. Man ist im Ruhrgebiet stolz auf seine glorreiche Vergangenheit, doch jetzt braucht es dringend eine Zukunftsperspektive.
Hochmoderne Rechenzentren – Qualifizierungsmaßnahmen inklusive
Microsoft und seine KI-Investition könnten hier neue Impulse setzen. Dementsprechend erfreut zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz, stellvertretend für die Bundesregierung, bei der offiziellen Verkündung. Konkret sollen an den Standorten Bergheim und Bedburg hochmoderne Rechenzentren entstehen. Insgesamt 3,5 Milliarden US-Dollar (gut 3,2 Milliarden Euro) will der Tech-Riese bis Ende 2025 investieren. Ein Teil des Geldes fließt in den bestehenden Standort in Frankfurt am Main, der Löwenanteil aber geht nach NRW.
Aus Sicht von Kommunalpolitikern und Arbeitnehmervertretern besonders erfreulich ist die Aussicht, dass Microsoft als Partner in Zukunft auch entsprechende Qualifizierungs-, Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen mit umsetzen will. Dies dürfte den Strukturwandel zusätzlich vorantreiben.
Landesregierung setzt auf weitere Ansiedlungen
Die Landesregierung hofft zudem auf die Strahlkraft des internationalen Riesen – und setzt auf weitere Ansiedelungen anderer Unternehmen in den nachfolgenden Jahren. Anstelle pessimistischer Abgesänge auf den Wirtschaftsstandort Deutschland, nicht zuletzt unter Verweis auf die hohe Steuerlast, könnte die Milliardeninvestition von Microsoft dem Wirtschaftsstandort auch international zu neuem Glamour verhelfen.
Als wesentliche Faktoren für die Standortentscheidung gelten im Falle von Microsoft nicht zuletzt die sehr zuverlässige und weitgehend ausfallsichere Energieversorgung sowie die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien. Zumindest in diesen Punkten ist Deutschland offenbar weiterhin ein Vorreiter. Daneben investiert Microsoft derzeit jedoch weltweit auch an weiteren Standorten, unter anderem fließen rund 2,5 Milliarden Pfund nach Großbritannien, weitere 5 Milliarden australische Dollar sollen Down Under investiert werden. Auch hier soll jeweils der KI-Sektor gestärkt und ausgebaut werden.
Microsoft Aktie mit kurzfristigem Rücksetzer – Analysten zuversichtlich
Während hierzulande die Beteiligten in der vergangenen Woche die Entscheidung bejubelten, ging es für die Microsoft Aktie in den vergangenen Tagen abwärts. Auf Wochensicht büßte das Papier rund 3 Prozentpunkte ein. Dabei handelt es sich jedoch auf lange Sicht um eine eher moderate Kurskorrektur: Betrachtet man die letzten 6 Monate, liegt die Microsoft Aktie mehr als 25 Prozent im Plus.
Laut Analysten dürfte es weiter aufwärts gehen: Nach Vorlage der jüngsten Zahlen Ende Januar sprachen etliche Experten Kaufempfehlungen für die Microsoft Aktie aus, die Kursziele bewegen sich meist in einer Spanne zwischen 440 Dollar (JP Morgan) und 480 Dollar (UBS). Zuletzt war das Papier für gut 400 Dollar zu haben.