Gewinne unter der Lupe: So gut verdienen die Unternehmen wirklich
In den vergangenen Monaten hatten Aktienanleger mit einem wahren Gift-Cocktail zu kämpfen: Inflation, Zinssteigerungen, Krieg, Energieknappheit und Rezessionssorgen. Wenn Sie die normalen Nachrichten verfolgen, fällt es Ihnen bestimmt auch schwer, weiter an Aktien zu glauben.
Jetzt hat ganz frisch wieder die Berichtssaison zum zweiten Quartal begonnen. Und mit Blick auf die USA scheint sich ein weiterer Belastungsfaktor für Anleger dazuzugesellen: Sinkende Gewinne und gesenkte Prognosen. Besonders die großen Banken haben bereits eingeräumt, dass ihre Ergebnisse um 30 bis 40 Prozent auf Quartalsbasis gesunken sind.
Woher nehmen wir jetzt den Mut, von guten Nachrichten zu sprechen? Der renommierte Datenanalyst und -Anbieter Factset hilft uns gerade, die aktuellen Berichte der Unternehmen einzuordnen.
Die Profitabilität bleibt erstaunlich hoch
Unter anderem haben die Profis von Factset eine Grafik erstellt, die die Gewinnqualität der Unternehmen in den Vordergrund stellt. Zuerst zeigen wir Ihnen die Grafik der Netto-Marge im Verlauf der letzten 5 Jahre:
Quelle: Factset
Diese Grafik stellt also dar, wie sich die Profitabilität der Firmen im S&P Quartal für Quartal entwickelt hat. Und wenn Sie jetzt gerade hören, dass die Gewinne sinken, ist das für uns Anleger bei Weitem nicht so wichtig wie die Profitabilität, die Sie an der Nettomarge ablesen können.
Schauen wir auf das laufende Quartal, über das gerade an der Wall Street berichtet wird. Zugegeben: Es gibt einen Rückgang von 12,4% auf 12,3% auf Quartalsbasis, wenn die Schätzungen von Factset stimmen (was sie in der Regel tun).
Wir liegen deutlich über dem Durchschnitt
Der Rückgang ist noch größer, wenn wir es mit dem Vorjahr 2021 vergleichen. Im zweiten Quartal 2021 lang die Netto-Marge der S&P-Firmen noch bei ganzen 13%.
Jetzt schauen Sie aber einmal auf die Balken auf der linken Seite. Eine Marge von 13% gab es in den vergangenen 5 Jahren noch nie. Sie hat es auch noch nicht gegeben, seitdem Factset diese Daten erhebt. Und das machen die Profis immerhin seit 2008.
Im Fünfjahresschnitt lag die Rentabilität des S&P bei 11,2%. Und mit Blick auf die Grafik oben erkennen Sie, wie verzerrt die Margen nach oben gelaufen sind, als im Jahr 2021 die Corona-Hilfen und die vielen Nachholeffekte nach den globalen Lockdowns 2020 gewirkt haben.
Fakt ist mit Blick auf die Tabelle und die Schätzungen für die nächsten Quartale: Die führenden US-Unternehmen haben kein strukturelles Problem. Sie haben immer noch die Kosten im Griff, sie verdienen Geld, sie halten die Profitabilität stabil.
Das ist keine Selbstverständlichkeit. Doch diese Stabilität sorgt zwangsläufig dafür, dass früher oder später die Gewinne wieder steigen werden. Denn aktuell haben wir es mit einem hochinflationären Umfeld zu tun. Diese historische Hochpreisphase wird auskonsolidieren und dann holen die Unternehmensgewinne wieder drastisch auf.
Fazit: Die US-Unternehmen sind keinesfalls so angeschlagen wie das oft dargestellt wird. Im Gegenteil. Selbst in dieser so herausfordernden Gemengelage schaffen es Unternehmen, ihre Margen stabil zu halten. Das ist die Basis für künftige Gewinnsteigerungen. Und somit auch die Basis für künftig steigende Aktienkurse. Die Aktien-Flinte ins Korn zu werfen, wäre also ein echter Fehler.