Exxon Mobil verklagt EU wegen Übergewinnsteuer
Es war ein von Anfang an umstrittenes Projekt – nun klagt der erste Großkonzern. Der US-Ölmulti Exxon Mobil verklagt die Europäische Union wegen der Übergewinnsteuer.
Extreme Energiepreise treiben Inflation in die Höhe
2022 war das Jahr der hohen Inflation. Zweistellige Teuerungsraten der Verbraucherpreise gab es in Deutschland seit gut 40 Jahren nicht mehr – im Herbst wurden sie Realität und bildeten die traurige bisherige Spitze einer Entwicklung, die schon gut ein Jahr zuvor begonnen hatte.
Massiv angeschoben wurde die Inflation durch hohe Energiepreise. Einzelne Rohstoffe haben sich innerhalb eines Jahres zum Teil mehr als verdoppelt. Weil sich aber die Strompreisberechnung in Europa am jeweils teuersten Energieträger bemisst, fahren auch Erzeuger höhere Gewinne ein, die damit nichts zu tun haben. So profitieren beispielsweise Betreiber von Windkraftanlagen von hohen Gaspreisen. Sie machen höhere Gewinne, ohne durch höhere Ausgaben belastet zu sein.
EU beschließt Übergewinnsteuer
Weil man sich aber an eine grundlegende Reform der Strompreisberechnung nicht recht herangetraut hat, verständigten sich die Politiker in Brüssel auf die sogenannte Übergewinnsteuer. Zufallsgewinne, die mehr als 20 Prozent über dem Durchschnitt mehrerer Vorjahre liegen, sollen demzufolge mit 33 Prozent besteuert werden. Das Vorhaben ist zeitlich befristet.
Dass eine solche Zusatzsteuer den Unternehmen nicht gefällt, liegt auf der Hand. Exxon Mobil erklärt mit Blick auf seine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), dass die Steuer das Vertrauen von Anlegern untergrabe und vor künftigen Investitionen abschrecke.
Ölkonzerne verbuchen Rekordgewinne
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Energiekonzerne haben 2022 Rekordgewinne eingefahren. Allein im 3. Quartal brachte es Exxon Mobil auf einen Nettogewinn von fast 20 Milliarden US-Dollar, wie das Unternehmen im Oktober bekanntgab.
Damit ist der US-Riese nicht allein. Auch Konkurrenten fuhren satte Gewinne ein. Der britische Ölkonzern BP verzeichnete im Zeitraum von Juli bis Ende September einen Nettogewinn von mehr als 8 Milliarden Dollar und verdoppelte sein Ergebnis damit gegenüber dem Vorjahresquartal. Der französische Energieriese TotalEnergies fuhr trotz Abschreibungen einen Rekordgewinn von 9,9 Milliarden Dollar ein.
Verbraucher zahlen drauf
Der britische Konzern Shell fuhr in den ersten 9 Monaten des Jahres 2022 die drei besten Ergebnisse seiner Unternehmensgeschichte ein: Im Zeitraum von April bis Ende Juni belief sich das bereinigte Ergebnis von Europas größtem Ölunternehmen auf 11,5 Milliarden Dollar. Im Auftaktquartal hatte der Gewinn bei 9,1 Milliarden Dollar gelegen, in Q3 lag das Ebitda bei 9,5 Milliarden Dollar.
Während sich die Ölmultis über satte Gewinne und ihre Anleger über hohe Dividenden freuen, stehen auf der anderen Seite die Verbraucher, die die hohen Energiepreise bezahlen müssen. Bereits 2021 waren die Kosten für Öl, Gas und Strom in die Höhe geschnellt, der Trend setzte sich 2022 fort und wurde durch den Angriff Russlands auf die Ukraine noch einmal beschleunigt.
Politik fordert Lastenteilung
Um die Bürger zu entlasten, brachte unter anderem die deutsche Bundesregierung mehrere Hilfspakete auf den Weg. Diese sehen unter anderem einen Strompreisdeckel vor, der nicht zuletzt durch die Einnahmen aus der Übergewinnsteuer refinanziert werden soll. Inwieweit es sich dabei um einen unzulässigen Markteingriff handelt, wie Exxon Mobil argumentiert, oder um eine gerechte Lastenverteilung im Sinne gesamtgesellschaftlicher Verantwortung, ist Auslegungssache.
Gegen den allgemeinen Börsentrend konnten auch die Aktien der Ölkonzerne im vergangenen Jahr kräftig zulegen. So verteuerten sich die Papiere von Shell, BP und Total um jeweils rund ein Drittel, während Aktien von Exxon Mobil um satte 60 Prozent zulegen konnten.