Dell im Krisenmodus: Steht das Schlimmste noch bevor?
Sie erinnern sich bestimmt: Anfang Februar hatte der US-Computerhersteller Dell harte Maßnahmen angekündigt, um auf die Flaute im PC-Markt zu reagieren. Demnach will der Techkonzern rund 6.650 Arbeitsplätze streichen.
Nun, etwa einen Monat später, hat Dell seine Zahlen zum Geschäftsjahr 2022/23 (per 3. Februar 2023) vorgelegt. Natürlich musste das Management wie erwartet Abstriche melden. Ganz so schlimm wie befürchtet fiel das Zahlenwerk aber nicht aus – vor allem das Schlussquartal sorgte durchaus für Überraschungen.
Dell: Schlussquartal 2022/23 – Umsatz besser als gedacht
Schauen Sie: In seinem vierten Geschäftsquartal per 3. Februar erzielte Dell einen Umsatz von 25,04 Milliarden Dollar. Das ist zwar ein Rückgang von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Analysten hatten allerdings mit einem noch deutlicheren Einbruch gerechnet – im Schnitt auf 23,39 Milliarden Dollar.
Beginnen wir dem Negativen: Der Konzernbereich „Client Solutions“ musste beim Umsatz ein Minus von 23 Prozent auf 13,4 Milliarden Dollar hinnehmen. In der Sparte sind vor allem die klassischen Desktop-PCs, Notebooks, Monitore und Projektoren von Dell gebündelt. Ein Geschäft, das im letzten Jahr massiv unter Druck geriet.
Nach Angaben der Marktforschungsfirmen Canalys, Gartner und IDC sind die globalen PC-Verkäufe gerade im vierten Quartal 2022 deutlich eingebrochen – um mehr als 28 Prozent. Die Experten führen das vor allem auf zwei Faktoren zurück.
Zum einen haben viele Unternehmen und Verbraucher während der Corona-Krise in neue Computer investiert. Doch nun lässt diese Sonderkonjunktur nach. Zum anderen sorgt die hohe Inflation dafür, dass gerade die Endverbraucher ihr Geld zusammenhalten und deshalb auf teurere Anschaffungen wie PCs verzichten müssen.
Rechenzentren-Geschäft vs. PC-Flaute
Tatsächlich zeigt sich in den Zahlen von Dell eine gewisse Diskrepanz. So fielen die Umsätze von „Client Solutions“ in den drei Monaten bis zum 3. Februar im Bereich der Firmenkunden nur um 17 Prozent auf 10,7 Milliarden Dollar. Beim Geschäft mit den Verbrauchern hingegen kam es zu einem Einbruch um satte 40 Prozent auf 2,7 Milliarden Dollar. Die Unternehmen sind also in Sachen PC immer noch deutlich ausgabenfreudiger als die Privatbürger.
Ohnehin offenbart das Zahlenwerk auch positive Aspekte. So stieg der Umsatz der Sparte „Infrastructure Solutions“ im vierten Geschäftsquartal gar um 7 Prozent auf 9,9 Milliarden US-Dollar. In dem Konzernbereich ist das Geschäft mit Servern und Netzwerken (beide +5 % Umsatz) sowie Speichern (+10 % Umsatz) subsummiert. Dell beliefert hiermit unter anderem Rechenzentren und ist damit am Wachstumsmarkt rund um die Cloud beteiligt.
Positive Überraschung beim Profit
Das gute Geschäft mit den Rechenzentren konnte also die PC-Flaute abmildern. Aber wie sieht es beim Profit aus? Kurzum: Auch hier gab es eine positive Überraschung.
In seinem vierten Geschäftsquartal verdiente Dell ohne Sonderposten 1,80 Dollar je Aktie. Das ist ein Plus von 8 Dollar-Cent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Und: Von Factset befragte Analysten hatten im Schnitt nur mit 1,64 Dollar gerechnet.
Aber wie geht es weiter?
So weit so gut: Wirklich problematisch aber ist der Blick auf die nahe Zukunft. Der Ausblick jedenfalls kam an der Börse gar nicht gut an, weshalb die Aktie trotz der relativ soliden 2022er-Zahlen am Donnerstag und Freitag nachgab.
So musste Dell-Manager Chuck Whitten in einer Telefonkonferenz mit Analysten einräumen, dass zumindest der Anfang des neuen Geschäftsjahrs herausfordernd sei. Die allgemeine Vorsicht im IT-Umfeld bleibe bestehen, da die Kunden weiterhin jeden Dollar im aktuellen Makroumfeld umdrehten.
In einigen Branchen wie Finanzdienstleistungen, Transport, Bauwesen und Immobilien gebe es nach wie vor IT-Wachstum. In den meisten anderen Märkten jedoch sieht Whitten eine erhebliche Nachfrageschwäche.
Ebenfalls bitter: Whitten erwartet neben der PC-Flaute auch ein verändertes Kundenverhalten im Speicher-Segment. Obwohl Q4 ein gutes Quartal für diese Computerkomponenten war, rechnet der Manager nun mit längeren Verkaufszyklen und vorsichtigeren Ausgaben.
Einschätzung zur Dell-Aktie
Eine konkrete (finanzielle) Prognose zum laufenden Jahr gab Dell indes nicht ab. Und so bleibt die weitere operative Entwicklung mit Unsicherheiten behaftet, die die Aktie erst einmal in Schach halten könnten.
Apropos Aktie: Schauen wir uns zum Schluss noch kurz den Chart an (Kursentwicklung seit Anfang 2020, Stand: 03.03.2023, 10:00 Uhr, Börse Stuttgart) :
Sie sehen deutlich, wie die Aktie von der Corona-Pandemie profitiert hatte. 2022 dann ging es unter anderem wegen der hohen Inflation und der gestiegen Leitzinsen wieder etwas nach unten – allerdings bei weitem nicht unter das Vor-Corona-Niveau. Die Aktie ist derzeit also angesichts des mauen Ausblicks auf 2023 meiner Meinung nach recht fair bewertet.Das für 2023 erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt bei 12,4 Zählern und damit voraussichtlich über dem des Konkurrenten HP, aber unter dem von Lenovo.
Dell jedenfalls will die Anleger nun mit einer Dividendenerhöhung an Bord holen. So plant der Computerhersteller eine Ausschüttung für das letzte Geschäftsquartal 2022/23 von 0,37 Dollar je Aktie. Das entspricht einem Plus von 12 Prozent gegenüber den Vorquartalen. Die Dividendenrendite bezogen auf das gesamte letzte Geschäftsjahr gepaart mit dem aktuellen Aktienkurs liegt somit bei soliden rund 3 Prozent (Stand: US-Schlusskurs vom 02.03.2023).
Mein Fazit für Sie
Ohne Frage: Dell geht durch schwierige Zeiten. Abschreiben sollten Sie den Konzern aber noch lange nicht. Der Techgigant ist ein gefragter Partner, wenn es darum geht, insbesondere Unternehmen mit IT-Infrastruktur auszurüsten. Gerade die Rechenzentren sowie der Mega-Markt Cloud sind die Hoffnungsträger schlechthin und dürften Dell auf langfristige Sicht zu weiterem Wachstum verhelfen.