Boeings Katastrophenflieger macht wieder Schlagzeilen
Ist bei Boeing eine Schraube locker? Möglicherweise – zumindest sind Airlines offiziell dazu aufgerufen, ihre Maschinen des Typs 737-Max auf einen entsprechenden Mangel hin zu überprüfen.
Das teilte die US-Luftfahrtbehörde FAA vergangene Woche mit. Hintergrund war eine fehlende Schraubenmutter im Rudersystem, die bei einer Routinewartung einer internationalen Airline aufgefallen war. Boeing und die FAA empfahlen daraufhin allen Fluggesellschaften, ihre neueren 737-Max Jets auf eine entsprechende Schwachstelle hin zu überprüfen.
US-Luftfahrtbehörde will kein Risiko mehr eingehen
Boeing bemüht sich, die Sache herunterzuspielen. Es handele sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme. Die Flugzeuge könnten sicher weiterfliegen, auch würden Produktion und Auslieferung fortgesetzt. Die FAA gibt sich dagegen alarmiert: Sie will die Überprüfungen genau beobachten und schließt im Falle weiterer fehlender oder unzureichend gesicherter Bauteile weitere Konsequenzen nicht aus.
Es ist eine bittere Lehre aus der jüngeren Vergangenheit, die sich in diesem Vorgang ablesen lässt: Früher hätte die FAA den Vorgang wohl zur Kenntnis genommen, ihn aber weniger dramatisiert. In Sachen 737-Max will man nun aber nichts mehr riskieren.
Bittere Lehren aus zwei Abstürzen
Das Modell war nach zwei Abstürzen mit insgesamt mehr als 300 Todesopfern weltweit „gegroundet“ worden, durfte also nicht mehr abheben und blieb fast zwei Jahre lang vollständig am Boden. Als Ursache für die Abstürze wurde eine Neuerung in der Software des Steuerungssystems ausgemacht, die den Piloten jedoch zum Zeitpunkt der Abstürze nicht bekannt war, sodass sie nicht adäquat reagieren und eingreifen konnten.
Die Folgen waren verheerend, nicht nur für die Angehörigen der Fluginsassen der beiden Unglücksmaschinen, sondern auch für Boeing. Der Bestseller zwei Jahre lang am Boden – ein größeres Desaster hatte es in der Geschichte des US-Konzerns noch nicht gegeben. Der wirtschaftliche Schaden war immens, auch das einst tadellose Image hat gelitten.
Image der FAA hat gelitten
Nicht nur das Image von Boeing im Übrigen – sondern auch das der FAA als zuverlässiger Kontrollinstanz. Denn im Zuge der akribischen Untersuchungen kam zutage, dass die Behörde sich allzu sehr auf Herstellerangaben verlassen und diese zum Teil nur oberflächlich überprüft hatte. Ein Umstand, der den Vorwurf des Gemauschels laut werden ließ und das Ansehen der FAA in der breiten Öffentlichkeit schmälerte.
Nun also ist das Verhältnis angespannt, und das umso mehr, als es sich erneut um das Modell 737-Max handelt. Bereits im April hatte die Maschine, die inzwischen wieder fliegen darf, wegen eines falsch verbauten Teils für Schlagzeilen gesorgt. Die nunmehr aufgefallene locker sitzende Schraube im Rudersystem steht daher unter besonders scharfer Beobachtung.
Boeing Aktie nach Höhenflug mit Dämpfer
Auch Anleger nehmen die Meldung besorgt zur Kenntnis: Nach Bekanntwerden der Nachricht fiel die Boeing Aktie um 1 Prozent ab und bildete an jenem Handelstag das Schlusslicht im US-Aktienindex Dow Jones. Auf Jahressicht konnten Anleger 2023 jedoch Gewinne einfliegen: Die Boeing Aktie stieg binnen 12 Monaten um knapp 30 Prozent und profitierte wie viele andere Einzelwerte in den beiden Schlussmonaten des Kalenderjahres durch eine Jahresendrally.
Zusätzlich positiv wirkte sich aus Anlegersicht die kurz vor Weihnachten bekanntgewordene Meldung aus, dass die 737-Max nun auch wieder an chinesische Airlines ausgeliefert werden darf. Dies hatte China zuvor jahrelang unterbunden mit Verweis auf die Sicherheitsbedenken nach den beiden Abstürzen.